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Friedensdienste im ehemaligen Jugoslawien
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Monika geht mit mir in der mittäglichen Sonne durch Ost-Mostar. Wir kommen durch Parks, die zu Friedhöfen geworden sind; ich bin angesichts der offenen Gräber schockiert. "Man kann sich daran gewöhnen", sagt sie. Wir kommen zu Apartmenthäusern; spielende Kinder und einige Eltern entdecken Monika und kommen gelaufen, um ihr Englisch auszuprobieren. Der Sprachunterricht wurde vorübergehend eingestellt, weil Bombardierungen zugenommen haben, aber sie versichert ihnen, daß sie in ein paar Tagen zurück sein wird. Wir betreten das nahegelegene internationale Zentrum, wo der Unterricht abgehalten wird, trinken die obligatorische Tasse Kaffee und klönen, wissend, daß wir spät dran sind für unsere nächste Verabredung.
Vic begleitet eine Gruppe von SerbInnen, die ihre Häuser in Dörfern in Westslawonien ansehen wollen, das im Mai durch das kroatische Militär "befreit" wurde. Die Dörfler wollen ihre zerstörten Häuser wieder aufbauen, die sie nicht mehr gesehen haben, seit sie 1992 flohen.
Alice und ich betreten den großen Krankenhaussaal, wo ungefähr 15 Kleinkinder liegen. Alle sind psychisch krank, manche an die Gitter ihrer Bettchen gebunden. Einige Kinder erkennen Alice und langen nach ihr. Sie wurde bestimmten Kindern zugeteilt, und sie geht nacheinander zu ihnen allen, nimmt sie aus den Betten, spielt mit ihnen, beschäftigt sie mit kleinen Routinehandlungen. Zur Essenszeit arbeitet sie mit einzelnen Kindern, was z.B. bedeuten kann, ein Kind alleine essen zu lassen, auch wenn es sich dabei vollsudelt. Die Helferinnen kommen zunächst angerannt, um ihn zu füttern, aber Alice besteht darauf, ihn es alleine versuchen zu lassen und erinnert die Helferinnen, daß er lernt und besser wird.
Michael übersetzt für mich, was die Mitglieder der Friedensgruppe in der Vojvodina über ihre Aktivitäten berichten. Gail, die mit dieser Gruppe arbeitet, erzählt, was sie getan und was sie nicht getan hat. Michael übersetzt der Gruppe, was sie sagt. Eine Diskussion über Erwartungen und Enttäuschungen entsteht; die Wogen gehen hoch. Michael, der sehr gut serbokroatisch spricht, versucht zuerst zu übersetzen und dann, als dies unmöglich wird, zu vermitteln. Schließlich wird eine Lösung gefunden, das Gesicht aller Beteiligten bleibt gewahrt, wenngleich es nicht ganz ohne Verletzungen zugegangen ist.
Kathleen und eine andere Freiwillige besuchen eine 80jährige alte Dame. Sie erzählt ihnen, wie schwer das Leben ist mit wenig Essen, Geld und all der Arbeit, die sie alleine tun muß. Die beiden nutzen dies Stichwort sofort, ihre Muskeln anzubieten, da sie keine materielle Hilfe geben können. Sie entschuldigt sich, daß sie ihre Gäste seien und nicht arbeiten sollten, aber wenn sie darauf bestehen, Holz müsse gehackt werden. Die Nachbarn schauen mit Neugierde und vagem Misstrauen zu; sie sind "Fremde" in einer Umgebung, die solche in den vergangenen vier Jahren nicht gesehen hat. Sie kehren in die Küche der Frau zu mehr Kaffee und Gespräch zurück, wobei sie versuchen, "verbale Landminen" wie "welche Seite von Pakrac mögen Sie lieber?" zu vermeiden. Friedensdienste können nicht die Kriege im ehemaligen Jugoslawien beenden.
Aber internationale Freiwilligen können lokale Organisationen und Initiativen unterstützen, die für Frieden und Versöhnung arbeiten. Freiwillige können Dienste leisten, die eine Kriegswirtschaft unmöglich gemacht oder verringert hat. Friedensdienstfreiwillige können Sprachen oder Computerkenntnisse lehren, Email-Unterstützung gewähren, lokale Menschen lehren, die dann andere unterrichten. Sie können Menschenrechts-oder FriedensaktivistInnen bei ihrer Arbeit begleiten; sie können Ereignisse, Aktionen oder Menschenrechtsverletzungen überwachen, bezeugen und publizieren. Sie können in Projekten arbeiten, die sichere Trefforte bereitstellt für die Jugend aller Ethnizitäten. Wenn sie die Sprache gelernt haben, können sie nützliche Dienste bei Übersetzungen, Korrekturlesen und Veröffentlichungen leisten. Sie können Ziegelsteine säubern, Holz hacken, Erzählungen zuhören, zahllose Tassen Kaffee und Raki trinken. Freiwillige, die bereit sind, ein oder zwei Jahre in solche Projekte zu gehen, sind sichtbare Zeichen für die lokale Bevölkerung, daß sie nicht vergessen wurde, egal wie verwirrend diese Konflikte der Außenwelt scheinen mögen.
Friedensdienst kann auch heißen, nach Ende bewaffneter Konflikte zu beobachten und zu berichten. Freiwillige des Balkan Peace Teams fahren derzeit durch die Krajina, die kürzlich vom kroatischen Militär "befreit" wurde, beobachten, wie Häuser geplündert und niedergebrannt werden, sehen eine winzige Zahl serbischer Flüchtlinge und viele bedrückende Szenen. Freiwillige können versuchen, lokale Friedens-und MenschenrechtsaktivistInnen in solchen Situationen zu stützen und sie zu ermutigen, ihre Haltung gegen Militarismus und militärische Konfliktlösung fortzusetzen und für die Rückkehr von Vertriebenen und Flüchtlingen zu arbeiten.
Friedensdienst kann auch heißen, Dienste zu leisten, die in einer Kriegswirtschaft untergingen. Das Gornja Bistra Krankenhaus für psychisch und physisch behinderte Kinder nahe Zagreb entließ kürzlich viele Angestellte; staatliche Mittel nahmen in den vergangenen Jahren ab und wurden zur Zeit der Krajina-Offensive nochmals drastisch beschnitten. Internationale Freiwillige können nicht oder sollen nicht diese Arbeitskräfte ersetzen, aber sie können dazu dienen, die Angestellten an die Bedürfnisse dieser speziellen Kinder zu erinnern. Und schließlich können Freiwillige, die nach Ex-Jugoslawien mit oft idealistischen Perspektiven kommen, einen guten Resonanzboden für lokale Menschen, FriedensaktivistInenn und für sich selbst darstellen, wenn es um die endlose Debatte um "Lösungen" in dem Konflikt in dieser Region geht. "Vor Ort" zu sein, unzählige Geschichten anzuhören, zu streiten, debattieren, manchmal verzweifeln, berührt und verändert die Freiwilligen letztlich tiefgehend. Ein Zweck ihres Friedensdienstes ist, nach Hause zurückzukehren und zu berichten, mag es um banale Geographie gehen ("Nein, ich war nicht in Bosnien, ich war in Kroatien") oder indem Berichte über Gemeinsamkeiten und Probleme der ganzen Welt geteilt werden. Nein, Friedensdienste können nicht die Kämpfe beenden, aber Freiwillige können im ehemaligen Jugoslawien an den Fundamenten einer toleranteren, gerechteren und versöhnten Gesellschaft mitarbeiten.