Nord-Schweden: 18.-31. Juli 2011

Internationales antimilitaristisches Camp

von Marion KüpkerKai-Uwe Dosch

Das schwedische Netzwerk Ofog lädt im kommenden Sommer zu einem internationalen Aktionscamp ein. Während wir hier in Deutschland den Bombenabwurfplatz "Bombodrom" erfolgreich verhindern konnten, finden NATO-Militärübungen bereits in Nordschweden auf Europas größtem Testgelände, dem North European Aerospace Testrange (NEAT), statt.

Zwischen der Stadt Lulea und Kiruna - auf dem Land der indigenen Sami und der Rentiere - bedeckt NEAT zirka 24.000 km². Kampfflugzeuge haben hier die Möglichkeit, 350 km in eine Richtung zu fliegen. Auch diesen Sommer nutzte die US-Luftwaffe das Gebiet für Bombenabwurf-Übungen, und 2009 unternahm die NATO Response Force ihr größtes europäisches  NATO-Luftmanöver: Lufteinheiten aus Finnland, Italien, Norwegen, Polen, Portugal, Großbritannien, Türkei, Deutschland und die USA nahmen neben Schweden daran teil. Unter ihnen die Kampflugzeuge: Harrier, Tornado, F-15E Eagle, F-16 Fighting Falcon, F-18 Hornet, KC-135 Stratotanker und E-3A AWACS.

Obwohl Schweden kein NATO-Mitgliedsland ist, werden hier gemeinsame Manöver abgehalten und neue Waffen getestet. Die neuen Drohnen, die für das Töten von Zivilisten in Afghanistan, Pakistan und Palästina bekannt wurden, werden auch hier getestet. Die heutige hochentwickelte Technologie wird "gebraucht", um den Schaden am Boden zu vergrößern, während das Risiko des Angreifers minimiert werden soll.

Ofog will mit seiner Kampagne im kommenden Jahr (2011) aufzeigen, wie Waffenkonflikte, die weit weg stattfinden, tatsächlich mit Schweden eng verbunden sind - ein Land, das fälschlicherweise in der Weltöffentlichkeit für Frieden und Neutralität steht. Das internationale Camp wird ein Höhepunkt dieser Kampagne, von dem aus gewaltfreie direkte Aktionen stattfinden werden, um diese Übungen zu stoppen und die Kriegsvorbereitungen zu stören.

Wofür steht das antimilitaristische Ofog – Netzwerk?
"Ofog" kann mit Unfug oder Unrecht übersetzt werden, es ist aber auch ein Wortspiel: "Foga" und bedeutet als Verb im schwedischen "konform" oder "gehorsam sein", aber es verdreht sich mit einem "O" davor ins Gegenteil. "Foga" bedeutet auch, beschlossene Dinge in eine unveränderbare Form zu verbinden, welches eine Anspielung auf ihre Funktion als flexibles, dynamisches Netzwerk ist. Mit dem Kampagnennamen "Ofog -- für eine Welt ohne Atomwaffen" nahm Ofog an den britischen Abrüstungscamps in Faslane, Coulport, Aldermaston, Menwith Hill, sowie in Belgien an den Aktionen am SHAPE (Supreme Headquarters Allied Powers Europe -- NATO Einrichtung) und der Atomwaffenbasis Kleine Brogel teil.

Mit Lobbyarbeit und gewaltfreien Aktionen übt Ofog Druck auf die Atomwaffenstaaten aus, sich an das Völkerrecht zu halten und ihre Atomwaffen abzuschaffen. Ofog öffnete seine Aktivitäten einem breiteren Spektrum: "Wir haben uns auch der Kriegsindustrie, den schwedischen Waffenexporten, der NATO und der Militarisierung des Weltraums angenommen und vertiefen unsere Kooperation mit Friedensgruppen anderer Länder", heißt es in einem ihrer Texte. Daher nennt sich Ofog heute "Ofog -- für eine nuklearfreie und demilitarisierte Welt".

Es gab in diesem Jahr Diskussionen über Ethik im Zusammenhang mit Aktionen gegen „Electronic Defense Systems“, welches ein schwedischer Waffenkonzern ist, der zu Saab gehört und seinen Hauptsitz in Göteburg hat. "Krieg beginnt nicht in Afghanistan oder im Irak - er startet hier in Göteburg, wo die Produktion der Kriegsmaterialien beginnt", schreibt Ofog auf seiner Webseite www.ofog.org. Und: "Waffen werden für den Kriegsgebrauch gemacht, wodurch Menschen tatsächlich zu Tode kommen." „Electronic Defense Systems“ produziert hauptsächlich verschiedene Radarsysteme für Kriegseinsätze. Diese wurden z.B. an Pakistan und Kolumbien verkauft. 2008 rüsteten Ofog-Aktivisten 14 Panzerabwehrraketen der Saab Bofors Dynamics Waffenfabrik in Eskilstuna ab. Die zwei AktivistInnen, Anna Andersson und Martin Smedjeback, wurden in erster Instanz zu vier Monaten Gefängnis und einem Schadensersatz von ca. 15.000 Euro verurteilt (Berufung ist eingelegt).

Während des Europäischen Sozialforums in Malmö 2008 organisierte Ofog mit hunderten von TeilnehmerInnen eine Aktion vor dem Waffenkonzern Aimpoint, wo die Rotpunkt-Zielvisiere, die hauptsächlich für den Export an die U.S. Armee seit der Invasion in den Irak (2003) bestimmt sind, produziert wurden. Während der Aktion kletterten sechs AktivistInnen mit einem Transparent mit der Aufschrift "No to War " über den Zaun. Vier der sechs AktivistInnen hatten bereits ihr Verfahren wegen Hausfriedensbruch. Aimport klagt zusätzlich auf Entschädigung von 50.000 Euro u. a. für den entgangenen Profit durch die Schließung der Fabrik am Aktionstag.

Das Friedenscamp
Vredesactie aus Belgien, Trident Ploughshare aus Großbritannien, alternativa antimilitarista aus Spanien sind einige der europäischen Gruppen, die nach Schweden zu diesem internationalen Camp mobilisieren. Wir wollen auch von Deutschland einen Bus hierfür und/oder Fahrgemeinschaften organisieren. Das europäische Netzwerk gewaltfreier Aktionsgruppen gegen Nato- und EU Militarisierung wird im Rahmen von „Europe for Peace“ Workshops anbieten. In knapp zwei Wochen können wir viel miteinander lernen, Aktionen planen (auch Aktionen, bei denen keine Festnahme riskiert wird) und die Mitternachtssonne und mögliche Polarlichter - in Nordschweden ist es um diese Zeit Tag und Nacht hell - genießen.

Bei Interesse meldet euch bitte bei Marion: hamburg [at] bombspotting [dot] org

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Rubrik

Friedensbewegung international
Marion Küpker ist internationale Koordinatorin der DFG-VK gegen Atomwaffen.