Kampagne "Kürzt den Rüstungsetat!"

von Heinz Wagner

Im März 1988. noch vor der Diskussion um den 2-Milliarden-Zuwachs des Rüstungsetats 89, beschloß .die Mitgliederversammlung der katholischen Friedensbewegung Pax Christi im Bistum Aachen, eine Kampagne "Kürzt den Rüstungsetat 89" durchzuführen. Ausgangspunkt für diese Entscheidung war das immer krasser sichtbar werdende Mißverhältnis zwischen christlich begründeten ethischen Zielvorstellung, der internationalen Entwicklung, besonders im Ost-West-Konflitk, und den immer bedrohlicher werdenden "Sicherheits-Defiziten" der ökologischen und sozialen Krise einerseits, und der tatsächlichen Politik der Bundesregierung und der NATO andererseits.

In dieser Situation ist die gegenwärtige Entwicklung des Rüstungsetats ein zentrales Symbol für eine falsche Politik, wird Neues Denken in der Sicherheitspolitik solange nicht wirksam werden, wie durch Abrüstung freiwerdende Milliardenbeträge einfach in andere Rüstungs- und Rüstungsfor-schungsbereiche geschoben werden können. Eine Kürzung des Rüstungsetats, so der mit einer Unterschriftensammlung verbundene Aufruf an den Deutschen Bundestag, wäre "ein not-wendiges und politisch überfälliges Signal     
* an die unter struktureller Ungerechtigkeit und Hunger leidende Völker der 2/3 Welt
* und an die Völker und Staaten Ost-Europas".

Einigen von uns, auch Friedenfreunden und -freundinnen aus anderen Gruppen der Friedenbewegung, ging dieser Kürzungsansatz nicht weit genug. Sie konnten sich nur mit der Forderung "Streicht den Rüstungsetat" identifizieren. Wir haben diese Problematik intensiv diskutiert und uns entschieden, die weniger weitgehende Forderung zu erheben:

  • weil wir die Kampagne in Bevölkerungsgruppen hineintragen wollten, die sich bislang nicht der wenig mit den angedeuteten Fragestellungen auseinandersetzen (Kirchengemeinden, konservative Wähler, Verbände und Vereine),
  • weil bereits der Kürzungsansatz dazu zwingt, die gegenwärtige Sicherheitspolitik zu überdenken und neu zu gestalten.

Der bisherige Verlauf der Kampagne bestätigt den ersten Teil unserer Überlegungen: Es gibt ein sehr großes Echo auf die Unterschriftenaktion. Viele Menschen, die sich noch nie an einer öffentlichen Aktion beteiligt haben, diskutieren, unterschreiben, · vervielfältigen den Aufruf unter Einsatz von Zeit. und Geld. Mit bescheidenen Mitteln konnten wir, ausgehend von einem· regionalen Ansatz, sozusagen "von unten", überregionale Resonanz auslösen. Andere Pax Christi-Bistumsstellen verbreiteten den Aufruf, Rundbriefe und kleine Zeitschriften druckten ihn, Gruppen und Einzelpersonen, besonders aus dem ökumenisch- christlichen Bereich sammelten. Unterschriften; So kamen seit August bislang mehr als 14000-Unterschriften zusammen. Am 24. November, zur letzten Lesung des Haushaltes 89, haben wir diese Unterschriften dem Bundestag übergeben. Dies wird nichts an
der erneuten Erhöhung des Rüstungsetats ändern. Aber es ist etwas in Gang gekommen, das langfristig unser gesellschaftliches Klima verändern wird. Politikeräußerungen dieses Sommers zeigen deutlich: Es kommt eine Zeit, da muß ein Politiker, will er wiedergewählt werden, nicht nur ökologische Postitionen vertreten (vor 15 Jahren .auch undenkbar). Er muß auch den finanziellen, ressourcenverschleudernden Wahnsinn der Hochrüstung beenden wollen.

P .S.: Eine Tag vor der Übergabe der Unterschriften hat die bundesweite Delegiertenversammlung die Fortsetzung der Kampagne "Kürzt den Rüstungsetat" beschlossen.

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