Neue Kampagne zur Sozialen Verteidigung gestartet!

Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen“

von Nele Anslinger
Schwerpunkt
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Angesichts der Nachrichtenlage im letzten Jahr stehen die Chancen gut, dass 2023 einige bessere Neuigkeiten für uns bereithält! Dazu zählt auf jeden Fall, dass Soziale Verteidigung wieder diskutiert wird – zumindest in der Friedensbewegung. Eine Weitere ist der Start der Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen“!
Aber wie wehrhaft sind wir als Zivilgesellschaft und als Nation? Warum fühlen sich so viele Menschen durch Waffengewalt besser geschützt als durch gewaltfreie Methoden?

Die Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen“ will die aktuellen Debatten rund um Verteidigungspolitik und mögliche Alternativen aufgreifen und Soziale Verteidigung (SV) auch außerhalb der Friedensbewegung als ernstzunehmende sicherheitspolitische Alternative bekannt und diskussionswürdig machen!

Öffentlicher Diskurs: Schwere Zeiten für neue Ideen in der Verteidigungspolitik
Die Herausforderung für jede Idee abseits des Mainstreams ist jedoch, dass sie sich beweisen muss. Denn auch wenn der Status quo selten auf seine Tauglichkeit hin überprüft wird, müssen neue Impulse deutlich erfolgversprechender erscheinen, um überhaupt ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken. Dabei beansprucht Soziale Verteidigung für sich gar nicht, als Allheilmittel zu erscheinen. Es ging es zu keinem Zeitpunkt darum, naive Außenpolitik zu betreiben und alle verteidigungspolitischen Probleme zu lösen. Es steht auch nicht zur Debatte, sich bei einem Angriff nicht zur Wehr zu setzen. Der Fokus liegt vielmehr – ähnlich wie bei der Initiative „Sicherheit neu denken“ darauf, sich ANDERS, d.h. gewaltfrei, zu verteidigen und die zivilgesellschaftlichen Kosten so gering wie möglich zu halten!

Soziale Verteidigung setzt den Fokus nicht auf die Sicherung der nationalen Außengrenzen, sondern auf die Bewahrung der sozialen und gesellschaftlichen Institutionen und Errungenschaften.

Die Basis effektiver Sozialer Verteidigung bilden also aktives zivilgesellschaftliches Engagement und Einsatzbereitschaft, um die eigene Lebensweise so gut es geht zu bewahren. Eine solche Form der Verteidigung braucht Vorbereitung, Planung und Koordination. Zusammenhalt und Solidarität entstehen nicht über Nacht!

Arbeit vor Ort für die Menschen vor Ort
Aus diesem Grund ist die Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen!“ in eine Dachkampagne und verschiedene lokale Kampagnen bzw. Modellregionen gegliedert und bietet dadurch die einzigartige Chance, Soziale Verteidigung vor Ort praktisch vorzubereiten, auszuprobieren und gleichzeitig bundesweit bekannt zu machen.
Bereits im Januar haben drei Modellregionen ihre Arbeit begonnen, im Wendland, am Oberrhein und in einer Gemeinschaft in Berlin-Moabit. In diesen Modellregionen kann konkret an die Alltagsrealität der vor Ort lebenden Menschen angeknüpft werden. Was bewegt die Menschen in den jeweiligen Regionen, wofür engagieren sie sich, wie sieht ihre (soziale) Realität aus? Diese Aspekte müssen in der Umsetzung von SV unbedingt Berücksichtigung finden. Die Frage lautet also, wo können wir die Menschen abholen? Welche Themen müssen wir ansprechen, damit wir stärker in den öffentlichen Diskurs eintreten?

Ressourcen vielseitig nutzen
Die Stärke liegt im Ansatz der Kampagne: die Menschen bei ihrem bereits vorhandenen Engagement abzuholen und ihre Begeisterung einzufangen! Daher arbeiten lokale Koordinator*innen im Rahmen der Kampagne als Ansprechpartner*innen in den Modellregionen. Es geht um die Stärkung und Vernetzung der Zivilgesellschaft! Das Leben im ländlichen aber aktivistisch erfahrenen Wendland gestaltet sich dabei vollkommen anders als in der Region Oberrhein mit seiner Nähe zu Frankreich und grenzübergreifender Friedensarbeit. Daher sind auch die lokalen Ansätze, Soziale Verteidigung in den Regionen bekannter zu machen, vollkommen verschieden. Und genau hier liegt die Stärke: Soziale Verteidigung setzt vor Ort an und bietet dadurch Beteiligungsmöglichkeiten für alle!

Die Botschaft unserer Kampagne lautet: Du kannst mitmachen und musst die Art deines Engagements dafür nicht ändern! Du kannst dich einfach mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen und Initiativen vernetzen und wir können Strategien entwickeln, zusammen noch wirksamer zu handeln.

Wichtig ist dabei immer: Interessierte Personen müssen nicht in einer Modellregion leben, um an der Kampagne teilzuhaben!

Regional angebunden und bundesweit vernetzt: die Dachkampagne
Ergänzend zu der Arbeit vor Ort bietet die bundesweite Dachkampagne vielfältige Unterstützungs- und Vernetzungsangebote. Sie ist Ansprechpartnerin für interessierte Einzelpersonen und Organisationen, sowie für die Modellregionen.

Während die Dachkampagne konzeptionelle, organisatorische und in geringem Maße finanzielle Unterstützung bieten kann, können die Modellregionen dazu beitragen, dass aus dem vorhandenen Engagement eine soziale Bewegung entsteht. Die konkrete und praktische Auseinandersetzung mit Sozialer Verteidigung in den Modellregionen bietet die Inhalte und Geschichten, die in der Dachkampagne eine deutschlandweite Bühne finden können. Diese kann aus den lokalen Bewegungen überregionalen Druck erzeugen und das Potenzial Sozialer Verteidigung auf die politische Agenda setzen. Darüber hinaus ermöglicht sie niederschwellige Beteiligungsmöglichkeiten für möglichst viele Menschen mit den unterschiedlichsten sozialen Realitäten.

Aktiv werden!
Für alle interessierten Personen, Initiativen und Gruppen gibt es folgende Möglichkeiten:
–    Je nach Interesse könnt Ihr Regionalgruppen gründen, weitere Modellregionen aufbauen, Vorträge und Veranstaltungen organisieren oder in Austausch mit lokalen Politiker*innen gehen. Hierfür kann „Wehrhaft ohne Waffen“ mit einem Pool an Referent*innen und verschiedenen Veranstaltungsformaten von Workshop bis Vortrag zu unterschiedlichen Inhalten, sowie Materialien unterstützen.
–    Menschen mit weniger Zeit, die aber immer mal wieder „reinschnuppern“ wollen, sich erstmal informieren oder einfach auf dem Laufenden bleiben wollen können auf der Webseite wehrhaft-ohne-waffen.de regelmäßige Updates zu aktuellen Terminen, Aktionen, Veranstaltungen und Infomaterial bekommen
–    Wer sich mehr für die konzeptionelle Mitgestaltung der Kampagne interessiert, kann sich beispielsweise in den verschiedenen Arbeitsgemeinschaften einbringen. Ideen und Vorschläge sind stets willkommen!

Für Organisationen gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, sich unserem Bündnis anzuschließen. Je breiter unser Bündnis wird, desto stärker können wir Soziale Verteidigung zu einer ernsthaften Alternative in der politischen Diskussion um Sicherheit machen!

Für all dies und viele weitere Fragen und Anliegen können Nele Anslinger (Kampagnenkoordination) und Nicklas Böhm (Öffentlichkeitsarbeit) gerne unter //info [at] wehrhaftohnewaffen [dot] de" target="_blank">info [at] wehrhaftohnewaffen [dot] de erreicht werden!

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Nele Anslinger ist die Kampagnenkoordinatorin der Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen“. Sie hat in Marburg Friedens- und Konfliktforschung mit den Schwerpunkten zivile Konfliktbearbeitung und Friedenspädagogik studiert. Bisher hat sie u.a. mit den Methoden des Theaters der Unterdrückten zu gesellschaftlicher Teilhabe, Antidiskriminierung und Extremismusprävention gearbeitet. Besonders am Herzen liegt ihr dabei die empowernde Arbeit in queeren Kontexten und Selbstfürsorge im politischen Aktivismus.