Kirchentagskampagne

von Heike Binné

Kampagne zum 23.. Ev. Kirchentag (7. - 11. 6. 89) in Berlin-West:
Von deutschem Boden geht Krieg aus - Wir erklären den Frieden
Aus dem Aufruf: 1914 - 1939 - 1989
Vor 75 und vor 50 Jahren wurde von Berlin aus der Krieg erklärt. Wir wollen den Frieden erklären:

Berlin war das politische und militärische Machtzentrum des Deutschen Reiches. Von hier nahmen die politische Unterdrückung und die Kriege ihren Ausgang.
Die Bundesrepublik ist. heute wieder an Krieg, Unterdrückung, Ausbeutung und Zerstörung beteiligt. Deutsche Firmen produzieren Waffen und Militärgeräte, die in Spannungsgebiete verkauft werden. Sie stellen Technologien bereit, mit denen andere Länder atomare, biologische und chemische Massenvernichtungsmittel produzieren. Deutsche Banken liefern das erforderliche Kapital: Die Bundesrepublik will im Jahr 1989 über 70 Mrd. DM für militärische Zwecke ausgeben. Sie beteiligt sich an dem gnadenlosen Krieg gegen die Schöpfung, der nicht nur die Lebensräume von Menschen zerstört, sondern vielen von ihnen unmittelbar den Tod bringt, der Tiere und Pflanzen ausrottet und so die Lebensmöglichkeiten kommender Generationen vernichtet. ( ... )

Wir erklären den Frieden und wenden uns gegen die Herrschaft der Waffen
Frieden ist eine politische Aufgabe, die nicht mit Waffen gelöst werden kann. Das Abschreckungssystem ist Ausdruck extremer Unfriedlichkeit. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Systems ist die Bundeswehr. Abrüstung muß deshalb auch ihre Soldaten und Waffen einbeziehen.
Unsere Aufgabe ist die Abrüstung im eigenen Land. Wir wenden uns entschieden dagegen, daß trotz der Abrüstungsvorhaben der Sowjetunion und anderer osteuropäischer Länder die Bundesregierung weiterhin Militarisierung und Aufrüstung betreibt. ( ... ) Frieden setzt Bereitschaft zur Versöhnung, Versöhnung setzt die Anerkennung der Schuld der Vergangenheit voraus. Gerade das Jahr 1989 fordert hierfür deutliche Zeichen. Mit Freude nehmen wir deshalb wahr, daß immer mehr junge Männer den Kriegsdienst verweigern.

Wir erklären den Frieden und wenden uns gegen die Herrschaft des Mammon
Die Rüstung führt zur Militarisierung der Gesellschaft, unterdrückt den Widerstand und verhindert demokratische Entwicklungen bei uns und schon seit langem in den Ländern der sogenannten Dritten Welt.
Es wird höchste Zeit einzusehen, daß diese gefährlichen Entwicklungen ökonomische Ursachen haben, daß Schuldbekenntnisse allein nicht helfen, sondern daß es vielmehr um die Analyse und die Beseitigung der Ursachen selbst gehen muß. ( ... )
Die Ausrichtung unserer Wirtschaft allein am Profit führt zu immer mehr Ausbeutung und Unterdrückung in der Welt. Besonders die sog. Dritte-Welt-Länder sind Opfer dieser Entwicklung. Ihre Ressourcen werden geplündert, ihre Wirtschaft wird auf die Interessen der Industrieländer ausgerichtet, und ihre ökonomischen und ökologischen Lebensgrundlagen werden mehr und mehr zerstört. In vielen dieser Länder werden durch den wirtschaftlichen Einfluß der Industriestaaten die Oberschichten an der Macht gehalten; die die Handlanger der internationalen Ausbeutung und Ausplünderung sind. Diese Entwicklung wurde durch die Geldpolitik der Banken - auch der bundesdeutschen wie Commerzbank, Dresdner Bank, Deutsche Bank - forciert. Sie unterstützen nach wie vor das Apartheidsystem in Südafrika durch Kredite in Südafrika zu günstigen Rückzahlungsbedingungen. ( ... )

Kein Frieden ohne Gerechtigkeit - Keine Entwicklung ohne Abrüstung
Die durch Abrüstung eingesparten Gelder müssen in einem Fonds bei der UNO gesammelt und durch die Völker kontrolliert in Entwicklung investiert werden. Unter Entwicklung verstehen wir die Beseitigung von Hunger und Elend, Krankheit und Armut, sowohl in der Zweidrittelwelt als auch in unserer Zweidrittel-Gesellschaft. (...)

Wir erklären den Frieden und fordern als erste Schritte auf dem Weg dahin,

  • daß die Bundesregierung in der NATO ihr Veto gegen die "Moder¬nisierung" atomarer Kurzstreckenraketen einlegt.

Die als "Modernisierung" getarnte Aufrüstung gefährdet den Prozeß der Entspannung und erhöht die Kriegsgefahr. Sie erschwert die internationale Zusammenarbeit bei der Lösung drängender Menschheitsfragen. Auch die landeskirchlichen Gremien und der Rat der EKD müssen sich jetzt dafür einsetzen, daß die Bundes-regierung ihr Veto einlegt.

Wir erklären den Frieden und fordern von allen kirchlichen Gremien als Zeichen für den Beginn verantwortungsvollen Handelns

  • eine umgehende Kündigung aller Konten bei solchen Banken, die noch wirtschaftliche    Beziehungen zum Apartheid-Staat Südafrika unterhalten und in Rüstung investieren.

Banken, die Aufrüstung und Apartheid finanzieren, können nicht die Banken der Kirchen und des Kirchentages sein!

Wir erklären den Frieden und handeln selbst
Wir verpflichten uns, unsere eigenen Konten zu überprüfen und die entsprechenden Bankverbindungen aufzukündigen. ( ... )
Wir wenden uns den Überlebensfragen der Menschheit zu und widerstehen den Mächten des Krieges, der Ausbeutung und der Zerstörung. Gegenüber diesen Mächten rufen wir zum Widerspruch, zum Protest, zur Nicht-Zusammenarbeit, zur Verweigerung, zum Ungehorsam und zum Widerstand auf!     ·
Soweit das etwas gekürzte Ergebnis von drei Treffen zur Vorbereitung der Kampagne. Bisherige Aktionsvorschläge der Kampagne sind:

  1.  An den Ständen im Marktbereich, in den Themenzentren und bei den Veranstaltungen, die die Ziele der Kampagne vertreten, sollen Briefbögen mit Titel: Wir erklären den Frieden verteilt werden. Jede/r Teilnehmer/in erhält so die Möglichkeit, auf diesem Briefbogen individuell zu erklären, was er/sie für wichtige Friedensbedingungen ansieht und was er/sie für den Frieden tun möchte (Selbstverpflichtung). Diese Bögen werden in eigens gekennzeichnete Briefkästen eingesammelt.
  2. Die Geschichtswerkstatt und andere antifaschistische Organisationen laden ein zu Historischen Spaziergänge/Stätten des Widerstandes.
  3. Mahnwachen vor Rüstungsforschungsinstituten.
  4. Die Denkmalaktion sieht vor, daß die verschiedenen Gruppen während des ganzen Kirchentages nach einem angestimmten Plan auf dem Gelände des historischen Kohl-Museums Denkmäler-Modelle, Denkschriften, Denkzettel … anbringen, die auf vergessenes hinweisen, die um der Zukunft in Gerechtigkeit und Frieden willen nicht vergessen oder verdrängt werden dürfen (z.B. der unbekannte Deserteur, die unbekannte Zwangsarbeiterin).
  5. Am Samstag, den 10.06. Demonstration und Kundgebung vor dem Charlottenburger Schloß als End- und Höhepunkt der Kampagne. (Die Demo und Kundgebung werden gemeinsam von den Gruppen der Berliner Friedenskoordination und Kirchentagskampagne veranstaltet.)
  6. Symbol der Kampagne soll der Regenbogen sein.

Ausgabe

Rubrik

Im Blickpunkt