Zum Soldatengottesdienst 2014 in Köln

Letzte Worte des Kardinals

von Rolf-Rüdiger Noack

Am 23. Januar 2014 – im Jubiläumsjahr zweier von Deutschland angezettelter Weltkriege- zelebrierte Joachim Kardinal Meisner den jährlichen NATO- Soldatengottesdienst im Kölner Dom.

Kardinal Meisner stellt sich mit diesen Gottesdiensten in die menschenverachtende militaristische Tradition unseres Landes. Er trägt nicht nur zur geistigen Aufrüstung von SoldatenInnen bei, er fördert auch die Akzeptanz von Militär in zivilen Bereichen.

Schon im wilhelminischen Kaiserreich wurden Soldaten und Waffen von der Kirche gesegnet.

Am Beginn der Nazi-Zeit verkündete Adolf Hitler am 26. April 1933: „Gläubige Soldaten sind die wertvollsten. Sie setzen ALLES ein“ (in einem Gespräch mit dem Osnabrücker Bischof  Berning). Kirchliche Würdenträger beteten in dieser Zeit immer wieder für Führer, Volk und Soldatenstand. Nach dem Überfall auf Polen im Jahr 1939 betete sogar der des Widerstands verdächtigte Münsteraner Bischof  Galen: „Allmächtiger Gott! Wir bitten Dich, schütze alle Angehörigen unserer Wehrmacht und erhalte sie in Deiner Gnade. Stärke die Kämpfenden!“ (Detlev von Kirchbach: „Christentum und Krieg“, Vortrag 1999 in Köln).

Nach Kriegsende (1945), als es „Nie wieder Krieg“ hieß und „Waffen tragende Hände abfaulen sollten“ (Franz-Josef Strauß), spukten in den Köpfen auch vieler Geistlicher noch die alten Ideale des „Kampfes gegen den Bolschewismus“ herum. Ermutigt durch die Weihnachtsansprache von Papst Pius XII. vom 24. Dezember 1948 forderte am 23. Juni 1950 der damalige Kölner Kardinal Frings auf dem Katholikentag in Bonn unverhohlen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. Er sah in der Kriegsführung gegen das Unrecht nicht nur ein Recht, sondern geradezu eine göttliche Pflicht von Staaten. Seine Forderung ging zwar in Erfüllung, aber es dauerte noch einige Jahre, bis in Köln wieder Soldaten gesegnet werden konnten.

Der erste Soldatengottesdienst wurde 1977 von Kardinal Höffner mit nur 1.100 Soldaten in der Apostelnkirche zelebriert. Ab 1978 wurde er mit bis zu 3.000 Soldaten im Hohen Dom zu Köln gefeiert.

Nach seinem Amtsantritt in Köln im Jahr 1989 ist seit dem 30. Januar 1990 Kardinal Meisner für dieses bizarre Spektakel verantwortlich.

Jetzt, 2014, wird das wohl eine seiner letzten Amtshandlungen gewesen sein, da er im Frühjahr sein Amt verlässt.

Wohl auch deswegen traktierte er diesmal die 1.500 NATO-SoldatInnen nicht mehr so penetrant mit verbalen Sprengsätzen. So etwa 1996: „In betenden Händen ist die Waffe vor Missbrauch sicher“. Nur– was machten die ideologisch aufgerüsteten Kämpfer, wenn sie den Dom verlassen und ihre Hände wieder frei hatten???

In diesem Jahr bemühte Meisner Worte von Papst Franziskus. Aber viel Weihrauch und Gebimmel vernebelten das, was er mit diesen Zitaten wirklich verkünden wollte. Mit diesen Appetithäppchen, garniert mit unverfänglicher „Brüderlichkeit und Geschwisterlichkeit“, „Verantwortung“ und „globaler Verpflichtung“ (von der Leyen, ick hör Dir trapsen!) schimmerte doch immer wieder das zu segnende NATO-Oliv durch!

Meisner rezitierte zum Schluss auch noch Mutter Theresa: „Die Frucht des Dienens ist der Friede“. Mit diesem Gedanken meinte diese mit Sicherheit nicht dienende Soldaten!

Nach diesem geistigen Eintopf  im Dom stürmten die gesegneten „Heiligen Krieger“ zum realen Eintopf aus der Bundeswehr-Gulaschkanone. Sie mussten vorher allerdings an einer Front von lautstark Protestierenden vorbei, die mit zahlreichen Schildern und Transparenten ausgestattet waren („Erst beten, dann töten“ – „Mit Meisners Segen in den Kugelregen“ – „Kundus beginnt im Dom“ usw.). Dazu gehörten auch die 142 Namen der 2019 im Kundustal auf Befehl von Oberst Klein getöteten ZivilistInnen, deren Namen von den DemonstrantInnen verlesen und auf Schildern aufgelistet wurden. Die Protestaktionen vor dem Dom finden seit 1997 statt; damals wurden zwei Pax Christi-AktivistInnen verhaftet. Das war auch der Anlass, regelmäßig jedes Jahr mit den verschiedensten Gruppen und Themen zu demonstrieren.

Es gab noch etwas Positives am Rande: Nach langer Abstinenz hat sich der Diözesanvorstand von Pax Christi im Erzbistum Köln erfreulicherweise zu einer militärkritischen Erklärung entschlossen! Er kritisiert die einseitige und  unsinnige militärische „Konfliktbearbeitung“ und sagt weiter: „Der jährliche Soldatengottesdienst im Kölner Dom wertet einseitig das Militärische auf…Uns schmerzt die öffentliche Wirkung von Militärfahrzeugen und mehr als tausend uniformierten Soldaten vor und im Dom.“ Pax Christi fordert: „Statt Soldaten sollten im Kölner Dom in Zukunft Friedens- und Menschenrechtsgruppen einen Weltfriedensgottesdienst feiern!“

In diesem Sinne hätte sich Herr Meisner die Worte von Papst Franziskus hinter die Ohren schreiben sollen: „Verzichtet auf den Weg der Waffen und geht dem anderen entgegen auf dem Weg des Dialogs…“ (1. Januar 2014).

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Rolf-Rüdiger Noack ist aktiv bei "bundeswehr wegtreten", Kölner Friedensforum und alleweltonair (Allerweltshaus, Köln).