10 Jahre Krieg - 10 Jahre nach Petersberg

Proteste und Widerstand im Dezember in Bonn

von Reiner Braun
Initiativen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Im Dezember 2001 wurde auf dem Petersberg das „Karsai Regime“ in einem undemokratischen Geschachere durch die internationale Staatengemeinschaft eingesetzt – ein Projekt neoliberalen und neo-kolonialen „State Buildings“ à la Bush und Nato.

10 Jahre später am 5. Dezember 2011 will sich die Koalition der 48 Krieg führenden Staaten mit ihren Außenministern erneut in Bonn und auf dem Petersberg treffen .1.200 Vertreterinnen und Vertreter einschließlich in Afghanistan engagierter Nichtregierungsorganisationen werden erwartet.

Im Mittelpunkt des Treffen soll nach Auskunft der einladenden Bundesregierung „die Entwicklung bis 2014 und die Friedensperspektive nach 2014“ stehen. Gefeiert werden soll der „Abzug“ und die Übergabe der „Verantwortung an die afghanische Regierung“.

Jede dieser Ankündigungen fordert zum Widerspruch und zu Protest heraus:

  1. Geht es doch bis 2014 bestenfalls um die Reduzierung der Interventionstruppen, nicht um den vollständigen Abzug. Bedurfte es noch eines Beweises, steht er im neuen Haushaltsgesetz der USA: 750 Millionen Dollar werden für die Modernisierung, Ergänzung, Verfestigung der militärischen Infrastruktur der US-Armee in Afghanistan für die nächsten Jahre zur Verfügung gestellt. Flughäfen sollen ausgebaut, Kasernen eingerichtet, ja ganze „Militär-Städte“ für die Besatzer aufgebaut werden. Ein Abzug sieht anders aus. Es bleibt wie im Irak bei der militärischen Besatzung.
  2. Der Abzug wird - laut NATO – immer konditioniert mit der sogenannten Sicherheitslage, die eine Reduzierung erlaubt oder nicht. Jetzt gibt selbst die NATO zu, dass diese sich fast permanent verschlechtert. Erwartet werden kann deshalb nur eine symbolische Reduzierung, nicht ein Abzug.
  3. „Vorbereitet“ werden soll dieser durch eine Intensivierung des Krieges in den nächsten drei Jahren, durch die erst die militärischen Bedingungen zum Rückzug geschaffen werden sollen. Also drei weitere Jahre Krieg mit Zerstörungen, zivilen Opfern und Terror. Die Planungen für die Frühjahrsoffensive sind abgeschlossen.

Legitimiert werden soll diese Weiterentwicklung des Krieges durch den Ausbau der zivil-militärischen Zusammenarbeit, oder wie es der deutsche Außenminister formuliert, durch die Ausweitung des Zivilen und die Reduzierung des Militärischen.

Jetzt bedeutet aber diese Zusammenarbeit nichts weiter, als die Unterordnung des Zivilen, der zivilen Hilfe unter das Militärische, das Zivile wird in die Kriegsführungskonzepte eingebaut.

Dieses wird von deutschen und vielen internationalen entwicklungspolitischen Gruppierungen vehement abgelehnt. Sie sehen ihren ureigenen humanitären Anspruch gefährdet, werden Konfliktpartei und sind damit nicht länger allgemein anerkannte zivile und humanitäre Hilfsorganisationen. Gefährdet werden durch diese „Zusammenarbeit“ die Empfänger von humanitärer Hilfe und die eigenen MitarbeiterInnen.

Zivil-militärische Zusammenarbeit ist Teil des Krieges, nicht eines Planes zum Ausbau ziviler, humanitärer Hilfe für ein leidgeprüftes Volk.

Die Ideologie der zivil-militärischen Zusammenarbeit ist aber zur Zeit das zentrale Legitimationsraster der NATO-Politik zur Legitimierung der angeblichen Veränderung der Kriegsstrategie in Afghanistan und zur Gewinnung der Bevölkerung in Afghanistan und weltweit, wenn nicht zur Unterstützung, dann zumindest zum Akzeptieren des Krieges.

Wir müssen diese Ideologie de-legitimieren und entlarven. Sie ist nicht ungefährlich, angesichts der (mehr oder weniger unreflektierten) Ablehnung des Krieges durch die große Mehrheit der Bevölkerung. Die „Ablehnungsfront“ zu stabilisieren und zu politisieren, ja mehr Menschen zum Protest gegen den Krieg zu gewinnen, diesem Ziel dienen die Vorbereitung und Planungen der Aktionen in und um Bonn.

Der Abzug der Interventionstruppen ist dabei die Voraussetzung, Bedingung und Bestandteil für eine friedliche Entwicklung Afghanistans und der gesamten Region.

Die Aktionen in Bonn werden wohl die größten nationalen (und international eingebetteten) Aktivitäten gegen den Krieg 2011. Sie sollen unüberhörbar und unübersehbar den Widerstand gegen den Krieg aufzeigen und mehr Menschen als in der Vergangenheit mobilisieren.

Große Ziele, die sich das eingerichtete Vorbereitungskomitee der Friedensbewegung, dem von Attac, über christliche und berufsbezogene Friedensorganisationen auch „die Linke“ und vielfältige weitere Initiativen, u.a. die Kooperation für den Frieden angehören. Es fehlen aber auch noch viele, besonders die Gewerkschaften.

International werden die Aktivitäten durch das Netzwerk „No to war – no to Nato“ aktiv unterstützt.

Vieles befindet sich noch im Fluss, sind Ideen und Anregungen – nichts ist in Sein gemeißelt.

Auf der Aktionskonferenz am 25.03.2011 hat man sich verständigt, verschiedene Aktionen vorzubereiten. Vom 3. bis zum 6. Dezember sollen die Proteste gegen den Afghanistankrieg das Bonner Stadtbild prägen und die Durchführung der Regierungskonferenz beeinträchtigen.

  • Geplant werden eine bundesweite (internationale) Demonstration und Kundgebung am 4.12.2011 in Bonn,
  • eine internationale Antikriegskonferenz (Gegengipfel),
  • kreative Begleitaktionen und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten Zivilen Ungehorsams einschließlich Blockaden der Veranstaltungsorte

Die Aktionen sollen international koordiniert und vernetzt werden.

Viel Arbeit nicht nur für die Vorbereitungsgruppe.

Die Aktionen in Bonn können nur dann zum Erfolg werden, wenn die Friedensbewegung und weitere soziale Bewegungen sich ihrer annehmen, sich einbringen, mitgestalten und mitmachen.

Was wird, hängt also (wieder einmal) von uns ab.

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Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).