Netzwerk Friedenssteuer

Steuern als Treibstoff für den Kriegsmotor

von Gertie Brammer

Bei der Strategiekonferenz in Magdeburg am 10. - 11. Februar 12 wurde viel gesagt über die Ökonomie als Kriegsmotor. Der Fokus vom Netzwerk Friedenssteuer richtet sich nicht auf den Motor selber, sondern auf den Treibstoff. Den gibt es bisher in Strömen. Es ist unser Steuergeld. Und die Wirtschaft bedient sich dessen - natürlich durch den Umweg über die Politik. Aber die war schon immer gefügig, wie die BürgerInnen auch: Alle BürgerInnen (auch PazifistInnen!!!) stellen Jahr für Jahr den Treibstoff für den Kriegsmotor zur Verfügung, und zwar klaglos.

Alle? Nein! Ein kleiner Verein, das Netzwerk Friedenssteuer e.V., protestiert, klagt und klagt und stiftet andere zum Klagen an.

Auch jetzt wieder: Die zweite Runde der Kampagne "Hallo Finanzamt! - Steuern Gegen Gewalt" wird eingeläutet (für die erste Runde s. FriedensForum 3/2011, Seite 5). Die erste Runde brachte folgende Ergebnisse: 65 Menschen reichten bei 38 Finanzämtern einen Antrag auf Hinterlegung (Arbeitnehmer) bzw. Stundung (Nicht-Arbeitnehmer) ihrer gesamten Steuern ein. Sie bezogen sich auf Art.4 Grundgesetz (Gewissensfreiheit). Wie befürchtet, wurden alle Anträge abgelehnt. Warum also jetzt eine weitere Runde?

1) Ein einziger Finanzamtsleiter hat eingeräumt, dass er bei Nicht-Zahlung von Einkommensteuern tatsächlich den Spielraum hätte, den die entscheidenden Begriffe aus der Abgabenordnung, `erhebliche Härte` und `unbillig` einmal nicht aus rein finanziellen Gründen anzuwenden, sondern aus ethischen. Er täte es nur nicht, weil er selber nicht 100% dahinter stehe, und weil er sofort von seinen Oberen zurückgepfiffen würde. Gegen Erwähnung dieser Aussage im Gesprächsprotokoll hatte er nichts einzuwenden, so dass dies nun schriftlich vorliegt. Also sucht das Netzwerk im Interesse aller Friedensbewegten hartnäckig weiter nach einem Finanzamt, das es wagt, diesen Spielraum konkret auszufüllen. Vielleicht ein Dienstleiter am Ende seiner Laufbahn, der nichts mehr zu verlieren hat?

2) Ebenfalls schriftlich hat das Netzwerk verschiedene Male die Aussage, dass die Finanzamts-MitarbeiterInnen sich ausschließlich an die Abgabenordnung zu halten hätten, nicht an das übergeordnete Recht. Art. 1(3) GG sagt aber, dass die Grundrechte für alle drei Gewalten unmittelbar geltendes Recht sind; also auch für die Exekutive, zu der die Finanzämter gehören.

Mit diesen beiden Ergebnissen können wir nun weiter argumentieren. Auch werden drei der TeilnehmerInnen der Aktion-2011 klagen. Vielleicht finden sich 2012 weitere ÜberzeugungstäterInnen.

Wer 2011 noch nicht dabei war: hier ist die nächste Chance. Laden Sie von unserer Internetseite die Kampagnen-Unterlagen runter und schicken Sie Ihren Antrag auf Hinterlegung oder Stundung zusammen mit Ihrer Lohnsteuerjahresausgleichs- oder Steuererklärung zum 17. April 2012 an Ihr Finanzamt (das ist der Internationale Tag gegen Rüstungsausgaben, bitte in Ihrem Begleitschreiben erwähnen!). Oder tun Sie es zum 15. Mai: dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung. Natürlich geht es auch zu jedem anderen Zeitpunkt, aber da gibt es dann keinen so schönen Aufhänger.

Sie können einen unserer Musterbriefe verwenden, aber noch besser kommt ein ganz individueller Brief an, der auch noch persönlich überreicht wird. Ein paar freundliche Sätze dazu wirken Wunder, haben wir mehrfach festgestellt. Die Beamten sind nicht gegen uns, sie haben meistens viel Sympathie gezeigt! Das ist auch schon viel wert.

Bei dem persönlichen Brief aber nicht vergessen, die grundsätzlichen Punkte aus den Musterbriefen einzuflechten! Bitte melden Sie Ihre Teilnahme und den Bescheid Ihres Finanzamtes an unten erwähnte Adresse. Vertrauliche Behandlung ist selbstverständlich.

Und nach erhaltener Ablehnung nicht jammern, sondern: KLAGEN!

Kriegssteuerverweigerung ist die moderne Form der Kriegsdienstverweigerung.

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Gertie Brammer ist aktiv beim Netzwerk Friedenssteuer e.V. und in der Flüchtlingshilfe im Wendland.