Textbausteine für persönliche Briefe an MdBs

Was tun gegen den drohenden Irak-Krieg?

von Mani Stenner
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Selbstverpflichtungserklärung zu Protest und Aktionen Zivilen Ungehorsams, Unterschriftskampagne "Wilhelmsburger Appell", eine Reihe von Kongressen und Diskussionsveranstaltungen, Einmischung bei den Veranstaltungen zur Bundestagswahl, zahlreiche Aktionen zum Antikriegstag, Befragung der Bundestagsabgeordneten zu ihrem wahrscheinlichen Stimmverhalten ... - es gibt einige Versuche, sich in die Debatte zu den weiteren Kriegsplänen der USA und der "Allianz gegen den Terrorismus" einzumischen bzw. überhaupt wieder eine gesellschaftliche Debatte dazu anzuregen.

Keine deutsche Beteiligung ohne Abstimmung im Bundestag. Deshalb ist auch die - persönliche - Ansprache an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über Briefe, Telefon, Fax, EMail ein wichtiger Beitrag, zu dem wir - wie auch zur Beteiligung an den oft unterschätzten Debatten in den Leserbriefen unserer Tageszeitungen - nur ermuntern können. Wie sag ich`s meiner/meinem Abgeordneten, welche Argumente fruchten? Eine Insiderin hat für das FriedensForum einige Textbausteine geschrieben, die nicht ausschließlich pazifistische Argumente verwenden und Abgeordnete dennoch zu einem Nein bei einer Irak-Krieg-Abstimmung ermuntern könnten.

Entwurf Brief an die Abgeordneten:

Terrorismus nicht durch Krieg bekämpfen !

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Abgeordneter,

die Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts hält die Welt in Atem. An einer friedlichen Lösung muss dringend gearbeitet werden. Gleichzeitig darf aber nicht vergessen werden, dass es ein anderes Konfliktfeld gibt. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat in den letzten Monaten bei seinen öffentlichen Auftritten keinen Zweifel daran gelassen, dass die Vereinigten Staaten eine militärische Intervention im Irak planen. Die Durchführung dieser Pläne hängt möglicherweise auch ab von der Zustimmung der Bündnispartner. Die Bundesrepublik kann eine Rolle spielen, ob der Konflikt friedlich oder militärisch gelöst werden kann. Auf alle Fälle muss deutlich gemacht werden, so wie es der Bundesaußenminister getan hat, dass Bündnispartnerschaft unter freien Demokraten sich nicht auf Gefolgschaft reduzieren darf. Es kann nicht sein, dass die amerikanische Regierung entscheidet und ihre europäischen Bündnispartner zähneknirschend mitmachen.
 

Für die Pläne der US-Regierung ist die offizielle Begründung: "Bekämpfung des Terrorismus". (Allerdings gibt es keine Beweise dafür, dass der Irak gegen die USA terroristisch vorgegangen ist.) Es gibt darüber hinaus innenpolitische und wirtschaftliche Interesse, der US-Regierung, die weder identisch sind mit denen von Deutschland noch von Europa. Die jetzige US-Regierung ist in besonders starkem Maße personell mit der Öl- und Energiewirtschaft verflochten. Diese hat ein enormes Interesse an den großen Ölvorkommen und ihrer Erschließung. Dies erklärt, warum die US-Regierung Einfluss und Kontrolle in der Region ausbauen will.

Die ökonomischen Interessen der Europäer liegen anders als die der USA vor allem in dem Aufbau von Handelsbeziehungen und dem Erschließen neuer Märkte. Dazu ist es notwendig, andere Nationen als Partner und nicht als Feinde zu begreifen und sich entsprechend zu verhalten. Dies schließt die Anwendung von Gewalt aus, und erfordert Verhandlungen und Verträge, bei denen beiderseitige Interessen gewahrt werden.

Sollte es zu erneuten militärischen Auseinandersetzung mit dem Irak kommen, dann könnte dies auch weitreichende ökonomische Folgen haben, z.B. indem durch die Erhöhung des Ölpreises eine Rezession hervorgerufen wird.

Darüber hinaus würde ein derartiger Konflikt die Staatshaushalte der europäischen Union in einer kaum zumutbaren Weise belasten. Gernot Erler hat zu recht darauf hingewiesen, dass der Westen mit dem Wiederaufbau Bosnien, Kosovos und Afghanistans an die Grenzen des Möglichen angelangt sei. Ein weiteres internationales "Versorgungsprotektorat" im Irak, könne sich die westliche Welt nicht leisten.

Vor allem die Zivilbevölkerung wird unter dem Krieg leiden. Durch den Zweiten Golfkrieg und seine Folgen starben 1 Million Menschen, davon 500 000 Kinder. Zwar herrscht im Irak ein gewalttätiges Regime, aber die Geschichte zeigt, dass Diktaturen auch ohne Krieg mit all seinen furchtbaren materiellen und psychischen Folgen überwunden werden kann, man denke z.B. an Chile, Griechenland, Argentinien, Südafrika.

Die Bekämpfung terroristischer Gruppierungen im globalen Maßstab mit militärischen Mitteln ist nicht nur völkerrechtlich problematisch. Sie ist auch nicht wirksam, da vor allem die Ursachen für die Bereitschaft beseitigt werden müssen, die Menschen in aller Welt dazu veranlasst, mit gewalttätigen Mitteln auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Die Terroristen rechnen mit der Mobilisierbarkeit der Unterdrückten, der Armen und der sich ohnmächtig Fühlenden.

Terrorismus braucht andere Antworten als militärische Mittel. Er braucht die Antwort einer weltweiten Koalition für Gerechtigkeit und Solidarität. Die Zeit ist mehr als reif für eine friedliche und soziale Weltinnenpolitik. Es ist nicht legitim, einen Krieg zu beginnen, der Tausenden von Menschen das Leben kosten wird. Auch die Anschläge vom 11.9.01 sind keine legitime Begründung für eine militärische Intervention.

Der Bundestag hat am 16.9.01 dem Antrag der Bundesregierung zugestimmt, der besagt, dass sich "deutsche Kräfte an etwaigen Einsätzen gegen den internationalen Terrorismus in anderen Staaten als Afghanistan nur mit Zustimmung der jeweiligen Regierung beteiligen." Dieser Beschluss schließt eine Beteiligung in einem Krieg gegen den Irak unzweifelhaft aus. Es sollte der US-Regierung gegenüber deutlich gemacht werden, dass der Bundestag an diesem Beschluss festhalten wird.

Ich bitte Sie, dies in aller Deutlichkeit zu tun.

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