Willkommen in der Steinzeit!

von Malte Fröhlich
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Die BI Offene Heide (Colbitz-Letzlinger Heide; hier wird der Afghanistan-Krieg konkret trainiert) hat am 7.3. den 200. Friedensweg mit einer Dauer-Stein-Aktion begangen. … In Goethes Osterspaziergang heißt es „Doch an Blumen fehlts im Revier, sie nimmt geputzte Menschen dafür.“ So wollte es die Initiative auf dem Jubiläums-Friedensweg auch halten. Sie wollte zeigen, warum sie nun zum 200. Mal in der Heide zu sehen war und bildete an der B 71 eine Menschenkette. Sie wollte aber auch an Ort und Stelle dauerhafte Spuren hinterlassen: Ein Steinbiotop. Darum war jede/r aufgerufen, einen Stein mitzubringen, der gern auch mit einer Botschaft beschriftet sein durfte. Nach dem Bilden des Steinbiotops, der Menschenkette und dem Umzug auf der B 71 gab es dann die eigentliche Kundgebung. Wir dokumentieren im folgenden Malte Fröhlichs Text zu dem „Steinbiotop“:

Wir leben in einer Stein-reichen Gegend. Die Eiszeiten haben es gut mit uns gemeint.

Lesesteine liegen auf den Äckern, die Bodenerosion legt immer wieder neue Exemplare frei.

Viele lassen sich tragen, manche sind so klein, dass wir sie in die Hosentasche stecken können. Andere wieder sind mächtige Zeugen der gewaltigen Kräfte, mit denen die Eismassen gewirkt haben. Zwei dieser Wahrzeichen und Naturdenkmäler befinden sich in der Colbitz-Letzlinger Heide. Der Backenstein und der Altarstein.

Ach, fast hätte ich es vergessen, auf den Altarstein hat die Bundeswehr so gut aufgepasst, dass er mit seinen vielen Tonnen Gewicht einfach verschwunden ist. Ein Naturdenkmal verschwindet aus dem Sperrgebiet und nichts passiert. Vielleicht hat ihn die Bundeswehr ja auch gar nicht gesprengt und abtransportiert, sondern er konnte den Übungsbetrieb nicht mehr mit ansehen und ist von sich aus gegangen. Er hat nicht mehr ertragen, fast täglich mit ansehen zu müssen, wie Menschen nichts anderes tun, als das Töten von Menschen zu üben.

Hatte er ein weicheres Herz als wir, die wir schon wieder zulassen, dass von uns gewählte PolitikerInnen ihre Ziele mit dem Ermorden von Menschen durchzusetzen versuchen?

Wir wollen dieses Zusehen auch immer schlechter ertragen. Und wir wollen dies offen zeigen, indem wir an unserem 200. Friedensweg eine Daueraktion mit Steinen beginnen. Wir wollen ein Biotop beginnen anzulegen, das im Laufe der Zeit immer größer werden soll. Wir wollen Steine an der Barriere Zienau ablegen. Jeder Stein, ob groß oder klein, glatt oder zerfurcht, grob kristallin oder feinkörnig kann dazu verwendet werden, unseren Willen zur Überwindung der Gewalt zu dokumentieren. Keiner der Steine wird einem anderen gleichen.

Sie sind so unterschiedlich wie wir und sollen doch ein gemeinsames Zeugnis für unseren gemeinsamen Willen abgeben.

Jeder Stein soll mit einem Wunsch verbunden abgelegt werden. So können Trauer, Wut, gute Ideen für eine friedlichere Welt und neue Widerstandsgedanken und Aktionsformen gemeinsam mit vielen anderen Gedanken abgelegt werden.

Diese Aktion wird am 200. Friedensweg beginnen und soll so lange andauern, wie das Tötenüben in unserer Colbitz-Letzlinger Heide anhält. Jede und Jeder, die nach dem 7. März 2010 an der Barriere Zienau vorbeikommen, können kurz an diesem Platz verweilen, einen mitgebrachten Stein verbunden mit den unterschiedlichsten Gedanken dort ablegen. Gern würden wir von Ihren Gedanken erfahren. Wir freuen uns über Ihre per Mail oder Post zugeschickten Schilderungen an unsere Kontaktadresse. Wenn Sie Ihr Einverständnis geben, würden wir auch gern aus einigen der Zusendungen in unseren Rundbriefen zitieren.

Alle können sich an dieser Daueraktion zu einem selbst gewählten Zeitpunkt beteiligen. Das ist sehr wichtig, da wir sehr viele Menschen guten Willens dringend brauchen, damit die Colbitz-Letzlinger Heide wieder zu einer Landschaft wird, die uns Zukunft ermöglicht, ohne diese Zukunft in anderen Teilen der Welt zu zerbomben.

Aus dem Februar-Rundbrief der Offenen Heide. Kontakt: info [at] offeneheide [dot] de

Internet: http://www.offeneheide.de

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Malte Fröhlich ist Aktivist der Offenen Heide.