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Ukraine – noch ein langer Weg zum Frieden
Zum Krieg in der Ukraine
von
Anfang Juni, als dieses Friedensforum fertiggestellt wurde, hat Russland nochmals seine Forderungen in Form eines Memorandums (1) auf den Tisch gelegt. Forderungen, die aus ukrainischer Sicht unannehmbar sind. Lediglich auf einen weiteren Austausch von Kriegsgefangenen und gefallenen Soldaten konnte man sich in Istanbul am 2.6. einigen.
Das russische Memorandum verlangt von der Ukraine die Aufgabe der Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sowie der Halbinsel Krim und die Einrichtung einer Pufferzone zu Russland. Die erstgenannten sind derzeit lediglich zum Teil unter Kontrolle des russischen Militärs. Außerdem wird u.a. von der Ukraine gefordert, dass sie sich für neutral erkläre, die Größe ihres Militärs beschränke und bestimmte „ukrainisch-nationalistische Formationen" auflöse. Weitere Punkte sind Minderheitenrechte, Russisch als Amtssprache und die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. Der Westen müsse zudem die militärische und logistische Unterstützung der Ukraine einstellen.
Die Vorstellungen der Ukraine, die wie ihre westlichen Partner eine 30-tägige Waffenruhe fordert, sind mit den russischen weitgehend unvereinbar: Keine Neutralität, Stationierung von Truppen befreundeter Staaten, keine Beschränkungen des eigenen Militärs, keine völkerrechtliche Anerkennung der annektierten oder von Russland beanspruchten Gebiete.
Nach dem Austausch dieser Positionen geht der Krieg erstmal weiter. Die russischen Angriffe haben sich schon vor Wochen intensiviert, und die Ukraine hat begonnen, den Krieg zunehmend auch auf russischen Boden zu tragen – mit Sabotageakten, Angriffen auf Flughäfen und immer wieder mit Drohnen. Es scheint jetzt nur die Frage zu sein, wem zuerst die Ressourcen ausgehen: der Ukraine die Soldaten oder Russland das Budget, das 32-40% des Staatshaushalts für den Krieg vorsieht. (2)
Die Gefahr einer weiteren Eskalation des Kriegs in der Ukraine – inklusive der Gefahr, dass Russland auf die Kriegshandlungen der Ukraine in Russland mit Anschlägen auf militärische Ziele in Westeuropa reagiert – ist groß.
Und „der Westen“?
Klar ist: Mehr Sanktionen und mehr Waffen. Ob da jetzt auch deutsche Taurus dazugehören werden, verrät unsere Regierung der Öffentlichkeit nicht. Aber vieles spricht dafür: Im März hatte Merz bereits angekündigt, sie liefern zu wollen, die sog. Reichweitenbeschränkung wurde aufgehoben, und die neue Regierung hat angekündigt, gegenüber der Öffentlichkeit keine Angaben über Waffenlieferungen machen zu wollen. Gegen wen sich die Geheimhaltung richtet, ist wohl kaum Russland. Dessen Geheimdienste müssten schon extrem unfähig sein, wenn sie nicht genau wüssten, was von wo und von wem in die Ukraine gelangt. Es geht wohl eher darum, die deutsche Bevölkerung im Unklaren zu lassen, damit diese nicht doch noch auf die Idee kommt, sich zu empören.
Für die USA eine Vorhersage zu machen, ist angesichts der Unberechenbarkeit von Trump kaum möglich. Es wird vermutet, dass er jetzt doch auf eine russland-kritische Linie einschwenken und scharfe neue Sanktionen verhängen werde. Denn eigentlich hat Trump ja jetzt, was er wollte: Das Rohstoffabkommen mit der Ukraine, an dem er sich bereichern kann. …
Wie weiter?
Manchmal schien es in den vergangenen Wochen, dass die westeuropäischen Staaten gar keinen Friedensschluss wollen. Was die wahren Gründe dafür sind, darüber kann auch nur spekuliert werden. Glauben sie wirklich, dass Russland dann frei wäre, das Baltikum oder Polen anzugreifen? Dass es das überhaupt vorhabe, wofür es lediglich unüberprüfbare Erkenntnisse von Geheimdiensten gibt? (3) Könnte es nicht auch sein, dass die - unbestreitbare - Aufrüstung Russlands passiert, weil Russland sich ebenfalls bedroht fühlt? Oder verdienen die westlichen Länder schlicht gerade zu gut an den Aufrüstungsprogrammen und wollen diese nicht gefährden?
Was es brauchen würde, wären neue Anstöße für Verhandlungen. Verhandlungen auch ohne Waffenstillstand, wenn es sein muss: Wenn man in die Geschichte schaut, haben die meisten Verhandlungen, die Kriege beendeten, bereits stattgefunden, während noch gekämpft wurde. Das vielleicht bekannteste Beispiel: Die Verhandlungen in Dayton, die vor 30 Jahren den Krieg in Bosnien-Herzegowina beendeten. Auch gäbe es weitere Elemente, die als Vorschläge eingebracht werden könnten: Zum Beispiel, die Bevölkerung der betroffenen Regionen entscheiden zu lassen, welchem Staat sie angehören wollen, oder die Einrichtung von UN-Übergangsverwaltungen. Und auch nicht alles, was Russland fordert, ist völlig unsinnig – Minderheiten- und Sprachenrechte zum Beispiel.
Anmerkungen
1. Die Inhalte werden auf Basis der Zusammenfassung des Memorandums in den Medien wiedergegeben, u.a. https://www.merkur.de/politik/ukraine-verhandlungen-in-istanbul-russland...
2. https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-krieg-russland-erhoeht-militaerau....
3. https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/russland-bedrohung-nato-1...