Redebeitrag für den Ostermarsch Rhur in Dortmund am 22. April 2019

 

- Sperrfrist: 22. April 2019, Redebeginn: 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

herzlich willkommen auf dem Friedensplatz. Es ist einen Monat her, dass sich hier der Rat der Stadt Dortmund mit breiter Mehrheit für ein Verbot von Atomwaffen ausgesprochen hat. Die Einwohnerinnen und Einwohner hätten ein Recht, frei von der immensen Bedrohung zu leben, die weltweit von Atomwaffen ausginge. Die Bundesregierung solle nun den Atomaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen unterzeichnen. Dies ist ein wichtiges friedenspolitisches Signal aus dem Rathaus, dafür ein Dank allen Beteiligten.

Die Zeichen aus Berlin stehen dagegen leider weiter auf Konfrontation und Aufrüstung. Der Rüstungshaushalt ist in den letzten beiden Jahren bereits um 16% auf heute 43 Milliarden Euro gesteigert worden. Nun sollen die Rüstungsausgaben weiter steigen. Es ist die Rede von 2% des Bruttoinlandsprodukts, das wären 80-85 Milliarden Euro, also quasi eine Verdoppelung der Rüstungsausgaben!

Geld, das in anderen Bereichen dringend benötigt und vor allem auch zum Wohle Aller eingesetzt werden könnte. Zum Beispiel im Gesundheitswesen. Nach Berechnungen unserer Gewerkschaft ver.di fehlen in den deutschen Krankenhäusern 162.000 Beschäftigte, und zwar in allen Berufsgruppen. Die bundesweiten Befragungen ergaben, dass dieser Mangel allgegenwärtig ist, dass er zur Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften und immer wieder zu gefährlichen Situationen führt, die durch ausreichendes Personal zu verhindern gewesen wäre. Ja, der Personalmangel macht krank, er ist krank.

Die Bundesregierung reagierte auf die gewerkschaftlichen Kämpfe im Gesundheitswesen mit gesetzlichen Neuregelungen. Diese Neuregelungen werden jedoch unter dem Strich nicht zu mehr Personal in den Einrichtungen führen, sie werden mehr zu Verschiebung von Personal, ja erwartungsgemäß sogar zum Abbau von Personal außerhalb der unmittelbaren Pflege führen. Die Krankenhäuser werden stärker in Konkurrenz zueinander gesetzt, es werden in der Folge weitere Häuser zu machen müssen. Eine gute Versorgung bei Krankheit wird immer mehr zum Luxus – und dass in einem Land, dass noch mehr und noch mehr Geld für die Hochrüstung ausgeben möchte. Ein langfristig ausgelegter Aufbau an Personal und flächendeckender Versorgung kostet Geld, und dieses Geld, das sehen wir, ist im Rüstungshaushalt um ein Vielfaches mehr vorhanden.

Aber auch baulich hat die Politik die Krankenhäuser, wie auch die meisten anderen öffentlichen Einrichtungen vernachlässigt. Viele der Häuser sind in die Jahre gekommen, die Zuweisungen der Länder für Investitionen fließen aber nur unzureichend und nehmen sogar noch ab. Nur 46% der Investitionskosten werden durch die Mittel der öffentlichen Hand gedeckt. In der Konsequenz müssen Modernisierungen durch Einsparungen bei den Betriebskosten, letztlich beim Personal und in der Materialwirtschaft, zusammengekratzt werden. Die Deckungslücke beträgt 2,8 Milliarden Euro, umgerechnet sind das rund 25.500 Personalstellen. Auch hier könnte ein Bruchteil des Rüstungshaushaltes bereits zu spürbaren Verbesserungen führen (rd. 16 Mrd. für 162.000 Stellen).

Das Gleiche gilt im Ergebnis Eins zu Eins für die Altenpflege, deshalb haben wir auch in Dortmund vor wenigen Wochen gemeinsam das Dortmunder Bündnis für mehr Personal im Gesundheitswesen gegründet. Die Zustände sind politisch verursacht, deshalb wollen wir auch gemeinsam die Politik unter Druck setzen.

Ministerin Von der Leyen meldete kürzlich nach Washington: „Wir wissen, dass Deutschland mehr machen muss“. Deutschland, oder besser die Bundesregierung muss mehr tun: in der Behandlung und Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen, aber auch in der Bildung, in der Kultur, in der Integration und Inklusion – aber eine Politik, die uns Menschen dienen soll, kann nicht setzen auf Hochrüstung und Kriegseinsätze zur Sicherung sogenannter deutscher Interessen. Die mehr als 140.000 Menschen, die bislang den Aufruf unterschrieben haben, haben Recht: Abrüsten statt Aufrüsten ist das Gebot der Stunde! Für eine Politik des Friedens!

 

Dave Varghese ist ver.di Vertrauensmann im Klinikum Westfalen.