Redebeitrag für den Ostermarsch Bremen am 3. April 2021

 

- Sperrfrist: 3. April 2021, Redebeginn: 10 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

OHB, Atlas, Lürssen, Airbus und Rheinmetall. Das sind alles Bremer Unternehmen, die oft positiv in den Medien dargestellt werden. Auch ich schätze, was unser Bundesland besonders macht. Doch was steht hinter diesen vermeintlich „tollen Unternehmen“?

Lasst uns mit OHB anfangen. Woran denkt ihr bei „Bremer Satelliten fürs Weltall“? Als Erstes fällt mir eine bessere Ortung beim Fahrradfahren ins Umland ein oder vielleicht Luftbildkarten, mit denen ich mir schon mal anschauen kann, wo es bald hingeht. Die Realität ist aber eine andere. Bremer Satelliten töten, lassen ertrinken und unterstützen den Terror an unseren Mitmenschen. Glaubt ihr nicht? Lasst uns das ganze Mal genauer betrachten! OHB pflegt Verträge mit Bundeswehr und „Frontex“. Wieso Auslandseinsätze blutig sind, muss ich euch nicht erklären. Doch was hat es mit „Frontex“ auf sich? Eigentlich ist die offizielle Bezeichnung „europäische Grenz und Küstenwache“. Dabei handelt es sich um eine Agentur, die nicht nur verbotene „Pushbacks“ organisiert. Nein! Auch Seenotrettung liegt ihr fremd. Über das Meer Fliehende - die mit OHB Satelliten aus Bremen aufgespürt werden, – begegnen diese Verbrecher*innen mit Zurückdrängung anstelle von humanitärer Hilfe. Das alles ermöglicht eine Firma. Hier vor Ort. In Bremen! Das auch die Bundeswehr OHB Satelliten bezieht, sollte niemanden überraschen und trotzdem uns alle erschaudern lassen! Sogar die Bombardierungen durch US-Drohnen wird damit nicht nur von Deutschland, sondern besonders von Bremen aus unterstützt. Genau hier stellt sich die Frage: Wie viele Arbeitsplätze rechtfertigen einen ertrunkenen Menschen? Wie viele Arbeitsplätze rechtfertigen eine bombardierte Familie und ihr traumatisiertes Umfeld?

Doch ist die Situation bei Atlas und Lürssen besser? Zu unser allem Erschrecken nicht! Nicht nur das die Bremer Firma „Atlas“ zum Kriegstreiberunterstützer Thyssen-Krupp gehört. Als würde das nicht schon reichen! In diesem Bremer Betrieb werden Sonargeräte für die Ausstattung von Kriegsschiffen hergestellt. Auf diesen stehen z. B. Lenkraketen. Mir stellt sich auch hier die gleiche Frage! Sind Eltern, die ihre Kinder aufgrund von Bombardierungen verloren haben, genauso stolz auf diesen Bremer Betrieb wie die FDP-Fraktion in der Bürgerschaft? Haben diese Empathie für die wirtschaftlichen Nachteile von Rüstungsexportverboten?

Doch leider endet Bremens Beteiligung nicht bei der Ausrüstung der militärischen Schiffe. Schön wär’s! Die Schiffe selbst werden auch vor Ort produziert. Aber ein Export ist nur dorthin erlaubt, wo Menschenrechte geachtet werden? Oder? Auch das stimmt nicht! Zwar wurde der für diese Militärschiffe verantwortliche Lürssen-Werft der Export nach Saudi-Arabien verboten. Dafür gibt es genug Gründe: Menschenrechtsverletzungen bis Mord und Folter, Spenden an Terrorist*innen und eine bewusste Anti-Emanzipation von Frauen. Und trotzdem hält sich „Lürssen“ an dieses Verbot nur auf dem Papier: Aus Bremen heraus wird geschult, ausgebildet und sogar Ersatzteile werden immer noch ausgeliefert! Ja, trotz des Verbotes und ja auch trotz der Unmenschlichkeit des Landes. Doch Saudi-Arabien ist nicht das einzige Land, in dem Bremer Kriegsschiffe exportiert werden: Ägypten gehört offiziell auch dazu, doch die Dunkelziffer ist höher. Wenn Bremer Kriegsschiffe fertiggestellt und exportiert sind, verfällt selbst der kleine Einfluss des Bundestages. Wieder stellt sich die Frage: Wie viele Menschenleben ist ein Arbeitsplatz wert? Die einzig richtige Antwort lautet keins!

Bremen ist nicht nur an der Kriegsführung auf Land, durch OHB oder auf See durch die Lürssen-Werft und Atlas vertreten. Bremen unterstützt nicht nur aus dem Weltall Bombardierungen. Nein, dass alles scheint nicht genug verursachtes Leid zu sein! Auch in der Luft kämpfen unsere Betriebe mit! Der Flugzeugbauer „Airbus“ ist in Bremen ansässig. Dort werden nicht nur Flugzeuge gebaut, die einen kulturellen Austausch erleichtern, die Welt kleiner machen oder auch beispielhaft meinen Eltern erleichtern, Freunde aus Russland zu besuchen. Nein! Auch das ist leider ein Wunschdenken! Wenn die Türkei oder Malaysia tötet, fliegt Airbus mit! Den hier in Bremen wird das Militärflugzeug „A400M“ produziert. Auch wenn dieser Transporter keine Raketen an den Flügeln trägt oder Bomben abwirft, wird konkret das damit ermöglicht. Als die Türkei das kurdische Autonomiegebiet „Rojava“ bombardierte, ermöglichte Airbus genau das! Ich habe Kurden in meinem Freundeskreis. Bilder von kulturellen Denkmälern, Schulen und Gotteshäusern: In Schutt und Asche! Das Bremen dazu beiträgt, erfüllt mich mit Zorn! Kein Bremer Arbeitsplatz, kein wirtschaftlicher Vorteil ist das Wert!

Am liebsten würde ich meine Rede jetzt beenden! Leider sind OHB, die Lürssen-Werft, Airbus und Atlas nicht alle Unternehmen, die aus unserem Bundesland heraus Gewalt und Leid in die ganze Welt exportieren! Auch Rheinmetall ist in Bremen vertreten. Hier werden zwar keine Waffen für Angriffskriege gebaut, aber deren Produktion geplant. Gleiches gilt für Militärelektronik, militärische Ausbildungen, Munition und Militärfahrzeuge. So ein widerlicher Kriegskonzern im eigentlich schönen Hemelingen ist eins: Unerträglich! Kein Arbeitsplatz in der Verwaltung ist auch nur eine exportiere Waffe in ein autoritäres und undemokratisches Land wert!

Doch wie sollten wir mit all dem umgehen? Ich sage, wir sollten zweischneidig fahren! Auch wenn Rüstungsexporte keine Ländersache sind, dürfen wir unsere Fraktionen, Senator*innen und Abgeordnete nicht außen vorlassen! Denn Bremen hat einen Einfluss auf Rüstungsunternehmen vor Ort. Ich fordere Kristina Vogt - und das als Genosse, der ihre Arbeit und Leistungen wertschätzt! - auf alles Mögliche zu tun, um sich auch vor Ort für den Frieden einzusetzen. Das ist aktuell nicht der Fall und auch inakzeptable! Exportverbote hin oder her schon bei den Gewerbegeländen, der Infrastruktur und durch öffentliche Kampagnen kann eine klare kannte gegen die weltweite Aufrüstung gezeigt werden! Gleiches gilt auch für die Abgeordneten. Besonders unerträglich ist aber eins: Die Versuche der FDP-Fraktion, Bremen als Rüstungsstandort auszubauen! Auch dort muss das Bedürfnis nach Frieden in die Wahlentscheidung miteinfließen!

Doch wie gehen wir mit den 4000 Rüstungsstellen in Bremen um? Selbstverständlich hätte es diese nie geben sollen. Trotzdem müssen wir auch eine Art „Aussteiger*innenprogramm“ anbieten. Raus aus den Militärbetrieben und rein in ordentliche Arbeit! Das ist möglich und nötig!

Ein letzter Appell: Viele friedenspolitische Forderungen müssen zum Konsens werden! Dafür müssen auch wir, damit meine ich explizit die Jüngeren uns einsetzen. Ich freue mich auch deswegen sehr über die zahlreichen Vertreter*innen meiner Generation auf dieser wichtigen Demonstration! Und bitte vergesst auch ihr alle hier anwesenden eins nicht: Der Frieden steht im Herbst dieses Jahres auch zur Wahl, lasst das in eure Entscheidung miteinfließen!

Vielen Dank.

 

Christian Gerlin ist Landessprecher Linksjugend Bremen.