Redebeitrag für den Ostermarsch Aschaffenburg am 3. April 2021

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

"Krieg schafft Armut!
Armut schafft Demut.
Demut schafft Fleiß.
Fleiß schafft Wohlstand.
Wohlstand schafft Übermut.
Übermut schafft Krieg!"

So mahnt uns ein arabisches Sprichwort.

In Deutschland haben wir mit 2 großen Kriegen im letzten Jahrhundert damit ja reichlich Erfahrung:

Die umfassenden Kriegsschäden mit Zusammenbruch der Staats-Strukturen führten zu Armut, Not und Hunger.

Das weitgehende Versagen der Zivilgesellschaft ab den 1920-er Jahren, das Wegschauen bei Holocaust und diktatorischer Willkür haben unserer Eltern- und Großeltern-Generation mit schlechtem Gewissen Demut gelehrt. Nach der Nazi-Herrschaft war es ja schon fast eine Schande sagen zu müssen: „Ich bin Deutscher.“

Unmittelbare Zeitzeugen oder gar direkt Schuldige gibt es mittlerweile nur noch wenige. Die meisten von uns dürfen von Herzen dankbar sein für „die Gnade der späten Geburt“ - und dass wir weitgehend ohne grundlegende Existenz-Sorgen aufwachsen und leben durften und dürfen.

Auch ich selbst – Jahrgang 1953 – bin – trotz bescheidener wirtschaftlicher Verhältnisse im Elternhaus – geprägt von den Jahren des Wirtschaftswunders und dem Aufstieg Deutschlands zu einer prosperierenden Wirtschaftsmacht. Nach dem 2. Weltkrieg blieb den Deutschen ja zunächst gar nichts anderes übrig als mit Fleiß und harter Arbeit sprichwörtlich „den Dreck wegzuräumen“ und die grundlegenden Strukturen wieder aufzubauen.

Ein Blick in die Welt zeigt uns heute klar, dass wir uns über fehlenden Wohlstand keinesfalls beklagen dürfen. Seine gerechte Verteilung ist natürlich eine andere Sache.

Aber Hand auf's Herz: Haben Sie alle nicht auch immer wieder mal den Eindruck, dass wir nun in Deutschland und der Welt in einer Phase sind, wo auch wieder der Übermut ein ungesundes und besorgniserregendes Maß annimmt?

Ja – einerseits ist der sog. Kalte Krieg mit dem Zusammenbruch des Ostblocks ja glücklicherweise vorbei.

Aber: Haben wir jetzt hier in Deutschland, in Europa und weltweit wirklich mehr Frieden?

Der „Übermut“ - um beim eingangs zitierten Sprichwort zu bleiben greift leider schon in unserem unmittelbaren Umfeld um sich:

Was in der angeblich schönen neuen Welt des Internet und der sog. Sozialen Medien teils verbreitet wird, ist von der Hass-Propaganda des Nazi-Regimes oft gar nicht mehr so weit entfernt.

Beispiele für Radikalisierungen in den Blasen des Internet – diesen in sich abgeschlossenen kleinen Parallel-Welten – die bis zum kaltblütigen Mord an andersartigen Mitmenschen – führten, brauche ich Ihnen ja hier nicht mehr aufzuführen. Das ist ja auch in unserer unmittelbaren – hessischen – Nachbarschaft passiert. Aber diese „unmittelbare Nachbarschaft“ bezieht sich leider nicht nur auf unser regionales Umfeld. Viel zu oft müssen wir Hetze und Aggression auch im persönlichen Umfeld wahrnehmen.

Echter Friede sieht anders aus:

Es sollte selbstverständlich sein, Andere zu achten, zu tolerieren und auch wertzuschätzen – auch wenn sie einen anderen kulturellen Hintergrund, andere Weltanschauungen oder politische Überzeugungen oder gar einen Flucht- oder Migrations-Hintergrund haben.

Voraussetzung ist natürlich, dass diese Achtung, Toleranz und Wertschätzung keine Einbahnstraße ist.

Eine umfassende Bildung, die Erziehung zu Weltoffenheit und Toleranz, der möglichst häufige und vielseitige „Blick über den Tellerrand“ sind die besten Voraussetzungen und Garanten für einen Frieden, der von Innen kommt – aus jedem Menschen und der Mitte unserer Gesellschaft.

Nur wenn da bereits Friede herrscht – und nicht nur ein zähneknirschender Waffenstillstand – kann dieser Friede auch über unsere Grenzen hinaus ausstrahlen.

Es liegt auch an jedem Einzelnen von uns, sich überall und im persönlichen Umfeld für Toleranz und Gemeinschaft und gegen Hass und Ausgrenzung einzusetzen.

Weltweit gibt es ja leider immer noch – wenn nicht gar anwachsend – viel zu viel Armut und Not.

Machen wir diese Armut zu unserer eigenen Sache: Not- und Entwicklungshilfe sind allemal besser und wirksamer als Waffen-Exporte. Und – um beim Sprichwort zu bleiben – das Bewusstsein für Armut und Not schützt uns auch vor gefährlichem Übermut.

Mit tiefer Sorge müssen wir das Anwachsen des weltweiten Militarismus wahrnehmen.

Insbesondere China ist auf dem Sprung zur führenden Wirtschaftsmacht – mit dem gleichzeitigen unverhohlenen Anspruch, auch eine führende Militärmacht zu werden. Von innerem Frieden in diesem Land können wir leider nur träumen. Wie können wir
dort Frieden erwarten, wo intern auch nur die kleinsten Abweichungen von der Meinung der Mächtigen mit brutaler Gewalt unterdrückt werden?

Also – hilft uns doch nur eine starke Aufrüstung als Gegengewicht?

„Frieden schaffen – ohne Waffen“ - so lautete das Motto der Friedensbewegung der 60er Jahre.

Nun ganz so einfach ist es nicht:

Polizisten ohne Waffen wären zwar wünschenswert – bleiben bei bewaffneten Ganoven aber eine schöne Illusion.

Aber: würden Sie einem Polizisten eine Waffe geben, die ganze Straßenzüge oder gar unsere Stadt vernichten und auf Jahre unbewohnbar machen kann?!

Bloß weil China und andere die Atombombe haben, müssen und dürfen wir nicht entsprechend aufrüsten!

Anläßlich des kürzlichen Fukushima-Gedenktages hat ein Kommentator über die Atom-Enegie geschrieben:

„Eine Technik, bei der keine Fehler passieren dürfen ist unmoralisch – sie darf nicht angewendet werden!“

Wenn das schon für die friedliche Nutzung der Atom-Energie gilt, dann erst recht für Atom-Waffen!

Waffen „zur Abschreckung“ bereit zu halten, die keinesfalls eingestzt werden dürfen, um ein menschenwürdiges Überleben der menschlichen Rasse nicht zu gefährden, ist für zivilisierte Menschen untragbar!

Nach dem nächsten großen Weltkrieg gäbe es nichts Aufbau-Würdiges mehr! Reste der Menschheit könnten allenfalls noch in einer verwüsteten – für Generationen verstrahlten – Umwelt dahinvegetieren.

Daher unsere Forderung: Weg mit den Atom-Waffen! Zunächst und schnell in dem Bereich, den wir beeinflussen können. „Aber was kann ich denn schon tun?“ fragen viele.

„Nerven“ Sie ganz einfach bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit alle erreichbaren Bundestags- und Europa-Abgeordneten, sich energisch für einen sofortigen Abzug und Ächtung und Abbau aller Atomwaffen aus und in Deutschland und Europa einzusetzen.

Langfristig müssen wir weltweit die hochgerüsteten National-Armeen durch eine „Welt-Polizei“ im Rahmen der UNO ersetzen. Nur eine über- und unparteiische militärische Ordnungsmacht hat eine moralisch-ethische Legitimation.

Vor 2.000 Jahren hat mal Einer gesagt: „Ich aber sage Euch, liebet Eure Feinde!“ Man kann zur Religion stehen wie man will. Nur dieser Weg wird der Menschheit echten Frieden bringen - statt eines mehr oder weniger stabilen Waffenstillstands.

Arbeiten wir daran!