Redebeitrag für den Ostermarsch Bielefeld am 16. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Der völkerrechtswidrige Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und die schrecklichen Bilder des unsäglichen Leids von Zehntausenden Menschen in der Ukraine dominieren seit Kriegsbeginn die Medien. Wir sind entsetzt, fühlen sich wie gelähmt, fühlen uns hilflos und manchmal auch voller Wut.

Die Berichte, die wir jetzt über Putin und die russische Herrschaftselite hören, lösen Verzweiflung aus, denn Präsident Putin und seine Helfeshelfer scheinen nicht einlenken zu wollen. Verhandlungen zu einem Waffenstillstand scheinen in weiter Ferne zu liegen. Vieles deutet auf eine langen oder zumindest längeren Abnutzungskrieg hin, der die Soldaten und die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten unzählige Opfer kosten wird und ein tief verwundetes und zerstörtes Land hinterlassen wird.

Die Logik des Krieges, der reflexhafte Ruf nach immer mehr Waffen für die Ukraine zur Selbstverteidigung des Landes bestimmen die Diskussion. Auch der Ruf nach immer schärferen Embargobestimmungen durch die EU und weitere NATO -Länder bestimmen die Debatte.

Doch müssen nicht gerade wir, aus der Friedensbewegung, Impulse in die Gesellschaft und in die Politik tragen, welche Wege mittel- und langfristig zum Frieden in der Ukraine und in Europa führen, angefangen mit einer Waffenruhe. Sicherheit und Frieden für die Menschen in der Ukraine, als Teil von Europa und für die Menschen in ganz Europa. Die gemeinsame Frage aus Friedensbewegung, Gesellschaft und Politik heißt doch: Wie kann der Krieg in der Ukraine beendet werden? Ohne dass er in einen Weltkrieg oder in einen Atomkrieg in Europa eskaliert?

Geht der Weg zum Frieden nur über den militärischen Sieg der Ukraine? Geht der Weg zum Frieden nur durch die ökonomische Niederlage Russlands? Die Gesellschaft, die Kirchen, die Gewerkschaften und auch die Friedens- und Klimabewegung sind in der Frage nach Waffenlieferungen an die Ukraine gespalten. Das ist eine Tatsache, die wir anerkennen.

Allerdings wissen wir aus der Friedenbewegung, dass Waffenlieferungen Konflikte befeuern und verlängern. Waffenlieferungen zerstören die Neutralität. Waffen erschweren Rüstungsexportkontrollen. Es gibt keine defensiven Waffen, die man mit besserem Gewissen liefern könnte. Dies sind nur einigen Argumente gegen Waffenlieferungen. Doch in einem sind sich die hier Versammelten einig: wir lehnen das 100 Mrd. Aufrüstungspaket, das als Sondervermögen in der Verfassung verankert werden soll strikt ab. Dazu später mehr von der Gewerkschafterin Martina Schu.

Ich möchte noch etwas zur Gefahr eines Atomkriegs in Europa sagen:

Präsident Putin machte gleich zu Beginn seiner Invasion deutlich, dass der Einsatz von russischen Atomwaffen in diesem Krieg möglich ist. Gemeint sind taktische Atomwaffen, also solche mit kurzer Reichweite und etwas herabgesetzter Zerstörungskraft. Das würde die NATO -Staaten ebenfalls zu einem Einsatz ihrer Atomwaffen zwingen.

So ist das Gespenst eines Atomkriegs in Europa wieder zurückgekehrt. Fatal ist, dass sich alle fünf Atommächte im UN-Sicherheitsrat strikt weigern, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Der Vertrag zum kompletten Verbot von Atomwaffen ist unser Werk, das Werk der Friedensbewegung. Wir haben ihn gegen die Atomwaffenmächte durchgesetzt. Eine Erfolgsgeschichte, in der die Friedensbewegung des globalen Nordens und des globalen Südens zusammengearbeitet haben in der weltweiten Kampagne zum Atomwaffenverbot, ICAN.

Wie kann jetzt die Eskalation in einen Atomkrieg in Europa verhütet werden?

Weltweit hat die IPPNW zusammen mit anderen Friedensnobelpreis-träger:innen über eine Million Unterschriften gesammelt und an die UNO übergeben. Unsere Forderung an alle fünf UN – Atommächte: sie müssen jetzt gemeinsam und verbindlich erklären, dass sie auf einen Erst-Einsatz von Atomwaffen im Ukraine -Krieg und auch in Zukunft, bei anderen kriegerischen Konflikten, verzichten werden. Stellen wir uns vor:

Das Angebot zum Verzicht auf den Einsatz von Atomwaffen wird vorgetragen NATO- Generalsekretär Stoltenberg gemeinsam mit UNO-Generalsekretär Guiterres: Ein solches übergeordnetes Ziel könnte einflussreiche Personen aus dem Kreis um Putin gesichtswahrend helfen, sich endlich an den Verhandlungstisch für einen Waffenstillstand im Ukrainekrieg zu setzen.

Zum Schluss eine Empfehlung an unsere Bundesregierung gegen den Kauf von F 35 Atombombern, Kosten knapp 8 Mrd. Euro

Wäre es nicht ein wichtiges Friedenszeichen, wenn Deutschland jetzt 8 Mrd. an das Welternährungsprogramm gibt? 8 Mrd. deckt den jährlichen Bedarf an Nahrungsmittelhilfe auf der ganzen Welt. Wir brauchen keine Atombomber!

 

Angelika Claussen Vorsitzende der IPPNW.