Redebeitrag für den Ostermarsch Weiden am 16. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

3 Minuten habe ich für den Frieden.

Für den Krieg gab’s eine Bundestagsdebatte.

Vorbemerkung: Der Krieg in der Ukraine ist nicht besonders grausam. Er ist, wie ein Krieg nun mal ist: grausam. Auch in Jemen, Syrien, Eritrea weinen Frauen um ihre toten Kinder, toten Männer, toten Eltern. Mariupol schaut nicht schlimmer aus als Dybarkir: furchtbar.

Zu „Krieg sofort beenden“, zum Krieg selber und zur deutschen Aufrüstung will ich was sagen.

Ich zitiere aus dem Ostermarschaufruf des DGB, könnte auch jeder andere sein: Stoppt den Krieg. Sofortiger Waffenstillstand und Verhandlungen. Booah, das wird Putin und Selenskjy mächtig beeindrucken.

Oder doch nicht???

Die wenigsten Kriege sind durch schnelle militärische Erfolge beendet worden. Mistens dauern sie unendlich lang und bringen immensen Schaden und Tote. Wer sofortigen Stopp des Krieges fordert, muß auch sagen: das geht nur mit der sofortigen Kapitulation des Angegriffenen mit gleichzeitiger Umsetzung des zivilen Widerstands.

Dazu wird es aus zwei Gründen nicht kommen: 1. Weder Präsident Putin noch Präsident Selenskjy möchten ein Ende der Kampfhandlungen, beide hoffen noch auf weitere militärische Erfolge. 2. Ziviler Widerstand ist in der Ukraine nie vorbereitet, geschweige denn eingeübt worden. Beides ist aber eine zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen zivilen Widerstand, weil es eine langwierige Angelegenheit und für die Akteure lebensgefährlich ist. Aber weder kommt es zu so hohen Opferzahlen wie aktuell schon in der Ukraine, noch sehen die Städte dann aus wie jetzt Mariupol. Eher wie jetzt Cherson. Und wer Zivilen Widerstand für eine Träumerei hält, sei gefragt: Was machen denn die Menschen in Cherson? Denen bleibt nichts anderes übrig, denen hilft keine ukrainische Armee.

Nichts rechtfertigt diese Invasion der russischen Armee in die Ukraine. Weder das das Dekret 117 des ukr. Präsidenten und die nachfolgende Truppenverlagerung der ukrainischen Armee gegenüber Donbas und Krim. Auch nicht die jahrelange Blockade von Minsk II durch die ukr. Regierungen und dem lässigen Darüber-Hinweg-Sehen der westlichen Regierungen. Nicht die Eingliederung des NSU-ähnlichen Asow-Bataillon in die Nationalgarde. Auch nicht die Nato- und EU-Ausdehnungspläne hin zur russischen Grenze noch deren Leugnen russischer Sicherheitsinteressen. Schon gar nicht braucht es Kriegsverbrechen dazu. Aufgeschreckt durch die Kriegsvorbereitungen 2021 waren der „Westen“ bereit, Putin alles in den Rachen zu werfen, damit der russ. Bär nur ja wieder Frieden gibt. Im Januar 2022 hatte Putin ein glänzendes Verhandlungsergebnis in Aussicht und gab doch den Befehl zum Schießen.

MdB Lambsdorff – und nicht nur er - wirft der Friedensbewegung vor, die militärische Logik des Ukrainekrieges zu gefährden. Damit hat er wahrscheinlich sogar recht. Seine gehässige, herabwürdigende, beleidigende Ausdrucksweise ist das eine. Das andere: Da heult ein getroffener Hund, der sehen muß: sein Sicherheitskonzept ist krachend gescheitert. Die militärisch Absicherung der westlichen Überlegenheit von Wirtschaft und Diplomatie hat versagt. Putin hat gewagt, sich über hinwegzusetzen und mit der gleichen Münze zurückzuzahlen.

In welchem westlichen Staat wäre denn ein Sicherheitskonzept der Friedensbewegung umgesetzt worden? Wo wurde Sicherheit neu gedacht? Nirgends. Wie also hätte Zivile Sicherheit, hätte Soziale Verteidigung scheitern können?

Dritter Punkt. Nach dem völligen Versagen der Bundeswehr in Afghanistan und Mali verlor die Bundeswehr ihre jahrzehntelange Unterstützung durch die SPD-Bundestagsfraktion. Ja, da staunten die wenigen SPD-Mitglieder in der Friedensbewegung. Ausgerechnet ihre SPD, blockiert Drohnenbewaffnung und neue Atombomber, sogar die Überprüfung der Sinnhaftigkeit einer deutschen Armee war nicht ausgeschlossen. Dabei sollte doch die Bundeswehr – wieder einmal und schon lang geplant – umgebaut werden zur luftgestützten Superarmee (FCAS). Die russische Invasion in die Ukraine war Putins schönstes Geschenk an die deutschen Militärfreunde. Ohne stichhaltige Begründung, ohne Aufarbeitung des Afghanistan-Debakels, ohne beschlossenes Zukunftskonzept für die Bundeswehr, konnte Bundeskanzler Scholz eine gigantische Aufrüstung lostreten. Noch muß der Bundestag dem zustimmen. Deshalb: schicken Sie den MdB’s ihrer Region E-Mails, Briefe, Telefonanfragen. Fragen Sie, wer das bezahlen soll, was von den Zukunftsthemen Energiewende, Digitalisierung, Bildung ect. auf der Strecke bleiben soll. Fragen Sie, was das Zeug hergibt. Keine Unterschriftenliste ist so wirksam für den Frieden als das Nein eines Bundestagsabgeordneten der Ampelkoalition. Und die Fraktionen im Bundestag sind keineswegs so geschlossen, wie es scheint.

Denn wer mir erzählen will, daß 100 Mrd € ein Pappenstiel sind, die sich quasi von alleine finanzieren, der wird mir auch die Quadratur eines Kreises erklären wollen.

Wenn die Mächtigen wieder mal zu einer sogenannten Geberkonferenz zusammensitzen, liegen mickrige zwei Milliarden im Spendentopf. Geht es um neue Waffen, füllen die Regierungen den Geldspeicher von Dagobert Duck.

By the Way: Macht euch mal so eure Gedanken, welchen Regierung der deutsche Staat da so großzügig unterstützt: Einschränkung de Pressefreiheit, der freien politischen Betätigung, Verhaftung oppositioneller Parlamentsabgeordneter, Verfolgung von Kriegsdienstverweigern. Ich rede jetzt nicht von Putin, obwohl der wegen der gleichen Vergehen schon seit 2008 eingesperrt hätte gehört.

Vielen Dank

 

Willi Rester ist aktiv bei der DFG-VK Gruppe Oberpfalz.