Redebeitrag für den Ostermarsch Flensburg am 30. März 2024

 

- Sperrfrist: 30. März, Redebeginn: 14 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

heute, 1 Tag vor Ostern, stehen wir auf, gehen zusammen einen Weg mit dem gleichen Ziel: für den Frieden einzustehen, für Menschen auf der ganzen Welt einzustehen, dass das Leben siegt und nicht der Tod, dass Liebe und Versöhnung gewinnen und nicht Hass, Streit und Krieg. Wir bewegen uns, bleiben nicht resigniert stehen nach dem Motto: „Kriege gab es schon immer und wird es immer geben. Ich will nur meine Ruhe!“

Aber die Ruhe kann trügerisch sein und ist schon lange noch kein Frieden.

Ich bin Pastorin im Ruhestand und darf zum 1. Mal in meinem Leben auf einem Ostermarsch reden. Ich kann und will daher mein Christsein nicht verschweigen. Und ich will euch sagen, dass ihr, wir alle, hier gerade etwas tun, was dem Geist Jesu entspricht: Wir stehen auf, und das ist Ostern, Auferstehung Christi, die uns Mut macht, selber aufzustehen. Allerdings nicht in 1. Linie „gegen“ sondern „für“! Für Frieden und Freiheit, für die Liebe, Verständigung und Versöhnung, für das Leben!

Ich stimme mit der ehem. Landesbischöfin Margot Kässmann überein, wenn sie sagt:

Meine pazifistische Haltung begründe ich mit meinem christlichen Glauben. Das Gebot der Feindesliebe können Sie nicht einfach aus dem Neuen Testament streichen, weil es Ihnen nicht passt, weil es so provokant ist. Doch ich akzeptiere auch andere Überlegungen von Christen zu Fragen von Krieg und Frieden… Wichtig ist für mich nur, dass Christinnen und Christen ihre Haltung zu solchen Fragen an ihrem eigenen Gewissen prüfen.“

Frieden ist kein Zustand, sondern ein immerwährender Prozess des Suchens. Ein Psalmwort (34,15) ruft uns dazu auf:

„Suche den Frieden und jage ihm nach!“

Da ist zuallererst zu sagen: Jesus Christus hat uns bereits den Frieden geschenkt, uns versöhnt mit unserem Gott, der uns manchmal so unbegreiflich ist, ja, mit unserem Leben, das in vielfältiger Hinsicht oft so unfriedlich ist. Er hat sich Liebe nicht nur auf die Fahne geschrieben, sondern er hat sie bis zur letzten Konsequenz, dem Tod am Kreuz, gelebt.

Gott aber hat seinen Weg bestätigt und den Tod überwunden, Jesus wurde auferweckt zu neuem, ewigem Leben. So ist er auch bei und in uns, wenn wir ihm vertrauen. Dann erfahren wir sein Geschenk, wenn er sagt:

„Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!“

Wenn wir heute Frieden in der Welt einfordern, dann sollte diese Forderung aber zunächst uns selbst gelten. Es beginnt damit, was und wie ich etwas sage. Annehmen und verstehen, was der andere sagt und verstehend vermitteln, Härte durch Sanftheit unterwandern, Enge und Geprägtheit durch Freiheit und durch das Wissen um das Ziel. Dazu gibt es keine Alternative.

Und nun werde ich einige Worte aus der Zeitungsanzeige der Friedenskooperative wiedergeben, mit einigen Einschüben, Stellungnahmen der ehem. Landesbischöfin Margot Kässmann, denen ich vollauf zustimme.

Wir sind hier in dem Wissen: „Die Welt steht buchstäblich in Flammen. Der Krieg in der Ukraine findet kein Ende. Immer weitere Konfliktherde entstehen, während andere Konflikte, wie etwa zwischen Israel und Palästina, erneut gewaltvoll eskaliert sind. Die Anzahl der Toten durch bewaffnete Konflikte ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Gefahr eines Atomkrieges ist aufgrund der Spannungen zwischen den Atommächten weiterhin nicht auszuschließen. Außerdem haben die weltweiten Rüstungsausgaben einen nie da gewesenen Höchststand erreicht.

So darf es nicht weitergehen!

Wir benötigen eine grundlegende Abkehr von Kriegslogik und Militarisierung.

Deutschland muss „friedensfähig“, nicht „kriegstüchtig“ werden! Deshalb fordern wir bei den Ostermärschen die Bundesregierung dazu auf, sich für Verhandlungen und Diplomatie einzusetzen und dazu beizutragen, dass die Waffen endlich schweigen. In der Ukraine, in Israel und Palästina und überall sonst auf der Welt!

Kässmann: „Ich halte es für eine Drohkulisse, die uns „kriegstüchtig“ machen soll. Überhaupt irritiert mich, dass im deutschen Diskurs fast nur noch Militärexperten zu Wort kommen. Wir bilden doch in Deutschland auch zuhauf Diplomatie-Experten aus…Wo sind die eigentlich?“

Statt weiter aufzurüsten muss abgerüstet werden!

Die unglaublichen Steigerungen der Rüstungsausgaben und die Erfüllung des 2% - Ziels der NATO führen schon jetzt dazu, dass immer mehr Geld für wichtige zivile Bereiche wie Bildung, Rente, Sozialleistungen und Klimaschutz fehlt.

Kässmann: „Sollen denn die weltweiten Investitionen in Aufrüstung weiter steigen? Soll sich die Eskalationsspirale immer weiter drehen? Das ist nicht die Zukunft, die ich mir für die Kinder dieser Welt wünsche.“

Weiter heißt es von der Friedenskooperative:

„Zudem muss sich die Bundesregierung aktiv und konsequent für ein Verbot der Atomwaffen einsetzen! Dafür ist die Beendigung der nuklearen Teilhabe Deutschlands und der Abzug der US – Atombomben aus Büchel nötig.

Außerdem muss der Praxis, Waffen in autoritäre und menschenrechtsverletzende Staaten, wie etwa Saudi-Arabien, zu exportieren, eine klare Absage erteilt werden!

Werden wir aktiv!

Gemeinsam setzen wir zu Ostern ein Zeichen für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung sowie Hass und Hetze.

„Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ ist und bleibt für uns handlungsleitend! Wir zeigen uns bei den Ostermärschen solidarisch mit allen von Kriegen und Konflikten betroffenen Menschen, wie etwa in Afghanistan, Äthiopien, Irak, Israel, Palästina, Kongo, Jemen, Myanmar, Sudan, Syrien oder in der Ukraine.

Daher fordern wir die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen sowie Asyl und Schutz für alle Menschen, die vor Kriegen fliehen oder sich diesen entziehen wollen.“

Der Schriftsteller Hermann Hesse hat 1910 geschrieben:

„Wo ein Werk geschaffen, wo ein Traum weiter geträumt, ein Baum gepflanzt, ein Kind geboren wird, da ist das Leben am Werk und eine Bresche ins Dunkel der Zeit geschlagen.“

Ich sehe solche Breschen auch hier in Flensburg, z.B. in der Norderstraße, Aufbrüche aus Konventionellem, längst Ausgedientem, Neuanfänge in Freiheit:

Da gibt es das Café „Jetzt“, das viele von uns schon kennen und lieben. Denn da ist jede und jeder willkommen. Da gibt es in gemütlicher Atmosphäre bei selbst gebackenem Kuchen und Kaffee Gelegenheit zum persönlichen Austausch. Dort gibt es keine festen Preise, kein Gewinn und regionale Produkte aus biologischem Anbau.

„Schenken und Teilen“ ist das Prinzip dieses besonderen Cafés.

Der Name „Jetzt“ wurde Worten des Mystikers Meister Eckhart entnommen, der sagt:

„Die wichtigste Stunde in unserem Leben ist immer der gegenwärtige Augenblick; der bedeutendste Mensch in unserem Leben ist immer der, der uns gerade gegenübersteht; das notwendigste Werk in unserem Leben ist die Liebe.“

Ich kann auch im „Luale“ diese menschenfreundliche Philosophie erkennen, die dazu mit Musik, Theater, Tanz und Meditationen die Lust am Leben und am gemeinsamen Sein neu beleben.

Ebenso erkenne ich in der „Kulturlücke“ den Wunsch der Künstlerinnen, in uns Menschen die Träume wieder wach zu rufen, mit Freude Talente zu entdecken, aufrecht zu stehen und zu handeln.

Ich möchte euch gern zum Schluss für euer geduldiges Zuhören danken und euch einen Herzenswunsch vortragen:

Der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft,
der halte unseren Verstand wach
und unsere Hoffnung groß
und stärke unsere Liebe.

Danke.

 

Elisabeth Caesar ist Pastorin im Ruhestand.

 

Literaturempfehlung:
Erasmus von Rotterdam ( „Europas größter Gelehrter und Friedenskämpfer, ein Nothelfer für unsere Zeit.“ Walter Jens. Er schuf eines der ersten Manifeste des Pazifismus anlässlich eines 1517 geplanten europäischen Friedenskongresses der Fürsten, jetzt schon lange in Vergessenheit geraten, unbedingt wieder entdecken!)
„Die Klage des Friedens“