Redebeitrag für die Demonstration "Nie wieder kriegstüchtig!“ in Berlin am 3. Oktober 2025

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich freue mich, dass nun zum dritten Mal in wenigen Wochen Tausende auf die Straßen gehen, um für Frieden und gegen die Militarisierung unserer Gesellschaft zu demonstrieren.

Vieles Richtige wurde bereits gesagt über die fürchterlichen Verbrechen in Gaza, über das endlose Sterben in der Ukraine und wie man mit all jenen umgegangen ist, die nicht aufhören wollen, von Frieden zu sprechen!

Und ich sage Euch eines: Man kann gar nicht über den Krieg wirklich reden, ohne über das Geld zu sprechen. Und wenn man über das Geld und den Krieg sprechen will und darüber, wer zahlen muss und wer reich wird, dann muss man zuallererst davon sprechen, dass die Frage von Krieg und Frieden immer und zuerst eine Klassenfrage ist, liebe Freundinnen und Freunde!

Und weil man das heute nicht mehr sooft sagt und weil das nicht mehr alle verstehen, möchte ich das erklären: Dass Krieg und Frieden eine Klassenfrage ist, bedeutet, dass es nicht um „wir“ gegen „die“ geht, sondern um Oben gegen Unten, liebe Freundinnen und Freunde.

Ja, und weil es gerade in diesen Tagen immer welche gibt, die wirklich glauben, es geht beim Krieg um Demokratie und Werte, wenn es in Wahrheit um Geopolitik und Macht und Geld geht. Und es ist gut möglich, dass die nicht verstehen wollen. Und deswegen lasst uns das mal in astreines Ruhrgebietsdeutsch übersetzen: Krieg und Frieden sind immer eine Klassenfrage und das bedeutet: Ihre Scheiß-Kriege sind nicht unsere Scheiß-Kriege, liebe Freundinnen und Freunde.

Und damit kommen wir zum Geld. Es begann mit einer Lüge. Im Bundestagswahlkampf wollten sie alle nicht über Aufrüstung sprechen, obwohl die Pläne bereits in der Schublade waren. Erinnert Ihr euch?

Und es ging weiter mit einer zweiten Lüge: Nach den Bundestagswahlen haben sie uns erzählt, Deutschland müsse massiv aufrüsten, um sich unabhängiger von Donald Trump zu machen, erinnert ihr euch?

Ja und es wurde klar, dass Trump in Wahrheit den Europäern eine Ansage gemacht hat, dass sie sich bis an die Zähne bewaffnen sollen, und dann fiel Europa vor Trump auf die Knie und der NATO Generalsekretär Rutte nannte Trump „Daddy“ und unser aller Würde wurde angetastet, obwohl das in Artikel 1 des Grundgesetzes ganz anders steht. Erinnert ihr euch?

Und jetzt wollen die Regierungen 5 Prozent von allem, was dieses Land produziert, in Militärausgaben stecken. 5 Prozent von 4,3 Billionen Euro, das sind 216 1/2 Milliarden Euro. Und die Bundesregierung, die soviel für Militär ausgeben will, hatte zuletzt einen Haushalt von 476 Milliarden Euro. Die wollen also fast den halben Bundeshaushalt ins Militär stecken und eigentlich muss man diese Regierung mal durchschütteln und rufen: Ja seid ihr denn vollständig wahnsinnig geworden??

Was könnte man nicht alles Sinnvolles mit diesen Summen anstellen?

Schon bis 2029 sollen die Militärausgaben auf 170 Milliarden Euro anwachsen! Ich sage euch was: Von dieser Summe könnte man das komplette Schienennetz in Deutschland reparieren! Das komplette Schienennetz!

Und dann könnte man außerdem den kompletten ÖPNV auf Vordermann bringen!

Und man könnte alle Fernstraßen reparieren!

Und man könnte den sozialen Wohnungsbau durchführen und die Mieten drücken!

Das komplette Schienennetz und den kompletten ÖPNV und alle Fernstraßen und der soziale Wohnungsbau!

Was würde das unser Land nach vorne bringen und Arbeitsplätze schaffen. Aber für 170 Milliarden Euro kann man außerdem noch den notwendigen Sozialen Wohnungsbau durchführen und die Mieten drücken!

Ja und man muss kein Ökonom sein, um zu verstehen: Wenn die Summen, so groß wie der halbe Bundeshaushalt, ins Militär stecken wollen, dann werden die woanders sparen müssen. Und die wissen ganz genau, wo sie sparen wollen, nämlich an den Sozialen Sicherungssystemen der arbeitenden Menschen! Die wollen an den Sozialstaat ran, den arbeitende Menschen hart gegen Menschen wie Merz erkämpft haben und ich will mich nicht wiederholen, aber es bleibt die Wahrheit: Die Frage von Krieg und Frieden ist immer zuerst eine Klassenfrage, liebe Freundinnen und Freunde!

So und um uns alle mitzunehmen spricht Friedrich Merz jetzt von einem Epochenbruch. Nach der Zeitwendenwende von Olaf Scholz kommt nun der Epochenbruch von Friedrich Merz und ich sage euch, liebe Freundinnen und Freunde: Wenn die politische Chefetage in Superlativen spricht, rate ich zu einem gesunden Misstrauen.

Und um die Angriffe auf den Sozialstaat vorzubereiten, erklärt uns Friedrich Merz, wir hätten über unseren Verhältnissen gelebt? What?? Es besitzen 4 Familien in Deutschland soviel Vermögen wie die Hälfte der Bevölkerung und diese untere Hälfte hat über ihre Verhältnisse gelebt?? Freunde, mir scheint, wir waren alle viel zu wenig demonstrieren in den letzten Jahren, sonst würde sich dieser Mr. Burns aus dem Sauerland solche Frechheiten nicht trauen!

In Frankreich sehen wir, wie entschlossen unsere Nachbarn ihren Sozialstaat mit Massenprotesten verteidigen! Die legen mal eben das Land lahm, und ich sage Euch, liebe Freundinnen und Freunde: Wir sollten mehr Frankreich wagen! Ein bisschen mehr Geist von Aufstand und Rebellion tut Deutschland gut!

 

Christian Leye ist Generalsekretär des BSW.