Netzwerk Friedenskooperative



Antikriegs-
tag 2001


vom:
06.09.2001


 vorheriger

 nächster
 Artikel

Antikriegstag 2001:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede von Sibylle Kirstein am 1. September in Hamburg

Sibylle Kirstein

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde

Heute vor 62 Jahren begann Deutschland mit dem Überfall auf Polen den zweiten Weltkrieg. Mehr als 50 Millionen Menschen starben, darunter 11 Millionen die aus politischen, rassistischen oder biologistischen Gründen ermordet wurden.

Nach der Kapitulation Deutschlands und der Befreiung vom Faschismus 1945 hieß die Losung "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg". Doch dies wurde nur unzureichend durchgesetzt: Schon in den 50er Jahren stellte die Bundesrepublik Deutschland wieder eine Armee auf, nur zur Verteidigung wie man damals behauptete und im Grundgesetz sogar festschrieb.

Nach der Beendigung des kalten Krieges zwischen Ost und West gab es definitiv keinen Grund mehr zu rüsten. Doch die CDU-FDP-Regierung legte 1992 in den Verteidigungspolitischen Richtlinien fest, daß Deutschland zukünftig seine Interessen im Ausland auch mit militärischen Mitteln durchsetzen und sichern solle.

Dies wurde 7 Jahre später im März 1999 unter der rot-grünen Bundesregierung mit der Beteiligung an dem völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien erstmals blutig in die Tat umgesetzt. Bis heute hat es für diesen Krieg, der die jugoslawische Zivilbevölkerung und die Infrastruktur schwer getroffen und die Umwelt vergiftet hat, keinerlei Entschädigung gegeben.

Schon während des Krieges gegen Jugoslawien gab es Stimmen, die darauf aufmerksam machten, daß der Nachbarstaat Mazedonien durch diesen Krieg in Mitleidenschaft gezogen würde. Als in Jugoslawien die Wirtschaft durch die NATO kaputt gebombt wurde, hatte dies auch auf die ökonomischen Verhältnisse in Mazedonien Auswirkungen. Zudem nahm Mazedonien damals innerhalb kürzester Zeit eine große Anzahl Flüchtlinge aus Jugoslawien auf, was das kleine Land zusätzlich belastete. Doch die Stimmen, die darauf aufmerksam machten, daß Mazedonien Hilfe bräuchte, wurden überhört.

Statt dessen leistete die NATO im Kosovo der terroristischen UCK Schützenhilfe, in dem sie sie nicht entwaffnete und es zuließ, daß die UCK erst Serbien angriff und dann in Mazedonien einmarschierte, beraten von ehemaligen US-Offizieren.

 zum Anfang


Antikriegs-
tag 2001
Nun also soll die NATO das in Ordnung bringen, was sie selbst angerichtet und forciert hat? Daß sich da die slawisch-mazedonische Bevölkerung über den Tisch gezogen fühlt, ist mehr als verständlich.

Am letzten Mittwoch hat die rot-grüne Bundesregierung mit Hilfe der CDU und der FDP die Beteiligung Deutschlands am Einsatz der NATO in Mazedonien beschlossen.

Warum muß man eine Armee nach Mazedonien schicken, wenn die UCK ihre Waffen aus dem zweiten Weltkrieg doch freiwillig abgeben will?

Wozu ist dann eine Armee mit schwerem Gerät nötig?

Warum werden keine zivilen Organisationen eingesetzt?

Und wer erntet eigentlich was bei dieser sogenannten wesentlichen Ernte?

Die UCK erntet ein neues NATO-Protektorat zum Kosovo hinzu und bekommt erneut bestätigt, daß sich ihre Guerillataktik lohnt.

Die NATO wird versuchen, erneut Prestige als Weltpolizei zu ernten, womit abermals deutlich wird, daß auch künftig zur Konfliktlösung Waffen sprechen sollen.

Denn warum wurden zivile Konfliktlösungsmöglichkeiten nicht mal in Ansätzen in Erwägung gezogen?

Hier soll der Rang der NATO gesichert werden, die zuerst bestimmt, wo es lang geht und der alle anderen folgen müssen. Mit dem Einmarsch in Mazedonien soll der Einsatz der NATO zum Normalfall werden. Gestern Jugoslawien, heute Mazedonien und morgen?

Im Bundestag arbeitet derweil schon mal eine ganz große Koalition daran, Deutschland weiterhin eine führende Position innerhalb der NATO und der EU zu verschaffen. Daher rührt auch die neueste, noch leise Forderung, zukünftig nicht mehr den gesamten Bundestag, sondern nur noch die Bundesregierung über Kriegseinsätze entscheiden zu lassen. Demokratie ist zeitaufwendig, und wer in der NATO mitkommandieren will, muß schnell sein. Hier soll also die Demokratie und wahrscheinlich auch am liebsten die öffentliche Debatte zurückstehen hinter den Machtinteressen einiger weniger.

Die Bundeswehr erfährt derzeit den einschneidendsten Umbau in den 45 Jahren ihres Bestehens. Sie wird umgebaut zu einer hoch effektiven, hoch technisierten Angriffsarmee. Sie wird kleiner aber schlagkräftiger, um Kriege führen zu können mit der NATO oder der EU-Truppe, denn zukünftig soll angegriffen werden. Daß das für den bisherigen Verteidigungsetat nicht zu haben ist, liegt auf der Hand. Das merkt man auch am haushaltspolitischen Gejammer von Scharping. Und die CDU steht ihm bei der Geldbeschaffung mit ihrem Genörgel über die veraltete Bundeswehr großartig zur Seite. Die Bundeswehr ist aber nicht veraltet, sondern einfach nicht für Interventionskriege aufgestellt worden. Die Umstrukturierung der Bundeswehr zur Interventionsarmee soll in den nächsten 14 Jahren mehr als 200 Milliarden Mark verschlingen.

Die herrschende Politik ist auf dem Weg den Krieg als legitimes Mittel der Politikführung zu etablieren. Denn Mazedonien ist nun schon der zweite Einsatz der NATO in 2 Jahren.

Daß dies auch innenpolitisch nicht ohne Folgen bleibt, zeigt die Wahl zur Hamburger Bürgerschaft. Wenn nach Außen verdeutlicht wird, daß es vollkommen legitim ist, Konflikte mit Gewalt zu lösen, so muß man sich nicht wundern, wenn einige meinen, daß sich auch innen der Stärkste durchsetzen muß, notfalls auch mit Gewalt, wie dies im Programm des Richters gnadenlos Schill zu lesen ist.

Wir wollen zurück zu zivilen Konfliktlösungen, die damit beginnen, daß man Konflikte gar nicht erst forciert. Nur entmilitarisierte, demokratische Bedingungen, sinnvolle Arbeits- und sozial abgesicherte Lebensverhältnisse, Kultur und Bildung für Alle können ein friedliches Zusammenleben garantieren. Nur wenn wir uns dafür einsetzen, kann die Losung von 1945 doch noch wahr werden: "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg".

NATO raus aus Mazedonien!


Sibylle Kirstein ist aktiv beim Hamburger Forum
Internet: http://www.hh19.de/hin!/hhf/
 zum Anfang

 vorheriger

 nächster
  
Artikel

       
Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema
Antikriegstag
Antikriegstag - Übersicht
Aktag 1999 - Rheingau
Aktag 1999 - FR: Egon Bahr ...
AKtg2000 Offenburg
Antikriegstag 2000 Hagen
AKtg2000 PM Friedenskooperative

Bereich

 Netzwerk 

Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
         
 Themen   F-Forum  Termine  Jugo-Hilfe Aktuell