Aktionen gegen Diskriminierung in Lo­kalen

von Norbert Gansel

Aus Hamburg, Berlin, Frankfurt, Stuttgart und vielen anderen Städten ist bekannt, daß vor allem ausländische Jugendliche, aber auch Er­wachsene immer wieder daran gehindert werden, eine Disco oder ein Tanzlokal zu betreten. Selbst wenn die jungen Ausländer weitaus bes­ser gekleidet sind als die sie begeitenden Deutschen, kommt es zu fa­denscheinigen Abweisungen mit Begründungen wie "Eintritt nur mit Klubausweis!" (während Deutsche ohne Klubausweis hineinkommen), "Nicht gut genug gekleidet","Nur für Stammgäste" (während Deutsche, die noch nie in den Lokal waren, anstandslos hinein können), "Wir ha­ben nichts gegen Ausländer, die Hälfte aller G„ste sind Ausländer" (allerdings nur Amerikaner, Engländer und Franzosen).

 

Natürlich besitz der Gastwirt in seinem Haus recht, und er kann aufgrund be­sonderer Vorkommnisse wie randalie­rendes Verhalten oder Belästigung an­derer Gäste Lokalverbote gegenber Personen aussprechen. Allerdings ist der willkürliche Ausschluß von Personen allein aufgrund ihrer Hautfarbe, Rasse, Herkunft oder Nationalität unzulässig. Das Bayerische Oberlandesgericht stellte am 7. März 1983 fest, daß der In­haber einer öffentlichen Gaststätte den Tatbestand der Beleidigung erfüllt, "wenn er einen Besuchswilligen ohne erkennbaren sachlichen Grund zurück­weist".

 

In Stuttgart machte zum Beispiel die "Initiative gegen Rassismus" mit mehre­ren ausländischen Jugendlichen an eini­gen Abenden einen Gang zu den ver­schiedensten Discos und Tanzlokalen. Die oben geschilderten Aussagen muß­ten sie dabei immer wieder erleben wie auch die Abweisung der ausländischen Jugendlichen. Damit dies nicht nur eine Aktion mit beschämendem Ergebnis war, hatte die Initiative zwei oder drei Journalisten der örtlichen Zeitungen eingeladen, die dies Vorfälle miterleben und in den darauf folgenden Tagen groß über den versuchten Nachtbummel der ausländischen Jugendlichen mit Nen­nung der Discos und Tanzlokale be­richtet. Zahlreiche Leserbriefe, auch von Betroffenen, schlossen sich ebenso an wie ein Einschreiten der Stadtverwal­tung aufgrund dieser Berichterstattung.

Wenn ausländische Jugendliche von solchen Vorkommnissen berichten, könnten sie Jugendliche am nächsten Abend beim nächsten Mal begleiten und zunächst einmal beobachten, was sich abspielt. Falls die ausländischen Ju­gendlichen in das Lokal hinein können die deutschen Jugendlichen dem Türste­her oder Besitzer gegenber erklären, daß sie nur mit ihren ausländischen Freunden zusammen in das Lokal gehen würden. Falls dies keinen Erfolg hat, haben die Betroffenen ausländischen Jugendlichen die Möglichkeit einer An­zeige bei der Staatsanwaltschaft gegen den Ladenbesitzer ( sofern sie entspre­chende Zeugen dafr haben). Außerdem sollten sie damit an die örtliche Presse gehen und die Fraktionen im Gemeinde­rat und den (ober-)Bürgermeister infor­mieren und um Abhilfe bitten. Da es die St„dte in der Regel nicht darauf anlegen, ein schlechtes Ansehen bezglich sol­cher Vorkommnisse zu bekommen, werden sie irgendwie reagieren. Wenn eine Gemeinderatsfraktion angeregt werden kann, eine Anfrage an die Ver­waltung zu richten, kann dies fr die betroffenen abgewiesenen Jugendlichen nur nützlich sein.

Die Stadtverwaltung hat auch in Fällen nachweisbarer Diskriminiierung, wenn sich Gastwirt trotz einer Belehrung un­einsichtig zeigen, durchaus die Mög­lichkeit, gewerberechtliche Maßnahmen zu ergreifen, zum Beispiel den Widerruf der Gaststättenerlaubnis wegen Unzu­verlässigkeit. Wenn Gastwirten, die Ausländer diskriminieren, klar wird, daß sie damit nicht weiter durchkommen, werden sie sich zwangsläufig moderater verhalten müssen - auch im Interesse der ausländischen Jugendlichen.

Informationen zum Thema zum Bei­spiel erhältlich bei: Initiative gegen Rassismus, Interssengemeinschaft "Ausländische Mitbürger in Baden-Württemberg" e.V., Haußmannstr. 6, 7000 Stuttgart 1, 0711/2637178

Für solche wie die hier geschilderten Vorfälle w„re ein Anti-Diskriminie­rungsgesetz auf der Grundlage von Ar­tikel von Artikel 3, Abs. 3 des Grundge­setzes sehr wichtig, selbst wenn ein Ge­setz letztendlich Diskriminierung nicht verhindern kann. Es kann jedoch den Betroffenen einen einklagbaren Rechtsanspruch verschaffen, was sich angesichts zahlreicher Urteile bezie­hungsweise niedergeschlagener Verfah­ren wegen Volksverhetzung  als durch­aus notwendig erwiesen hat. Ein solches Anti-Diskriminierungsgesetz könnte auch Ziel der oben geschilderten Initia­tiven sein.

Aus: Alle Menschen sind AusländerIn­nen fast überall, Hrsg. Manfred Budzin­ski, 1988, Lamuv-Taschenbuch 57, S.83-85, Lamuv-Verlag, Göttin­gen

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