Friedenspreis

Atomwaffentestopfer wehren sich

von Reiner BraunIngeborg Breines

Das International Peace Bureau (Internationales Ständiges Friedensbüro) verleiht den diesjährigen Sean MacBride Friedenspreis an die Menschen und die Regierung der Republik Marshallinseln (RMI), weil sie den mutigen Gang vor den Internationalen Gerichtshof gewagt und die neun  nuklearwaffenbesitzenden Staaten verklagt haben, um sie zur Einhaltung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und des Völkergewohnheitsrechts zu zwingen. Die kleine Pazifikinsel hat parallel ein Gerichtsverfahren gegen die USA vor dem Bundesgericht eingeleitet. Die RMI argumentiert, dass die nuklearwaffenbesitzenden Staaten gegen ihre Verpflichtung aus Artikel VI des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) verstoßen, indem sie ihre Atomwaffenarsenale kontinuierlich modernisieren und sich nicht nach Treu und Glauben für die nukleare Abrüstung einsetzen.

Annähernd 70 Kernwaffenversuche wurden von den USA auf den Marshallinseln von 1946 bis 1958 durchgeführt. Diese Tests führten zu dauerhaften Gesundheits- und Umweltproblemen auf den Marshallinseln. Die Erfahrung der nuklearen Verwüstung aus erster Hand und die persönliche Betroffenheit legitimieren die Inselbewohner zu diesen Klagen und machen es besonders schwierig, ihren Fall einfach zurückzuweisen. Momentan arbeitet die RMI mit aller Kraft an beiden Gerichtsverfahren, deren abschließende Anhörungen für 2016 erwartet werden.

Eigentlich bräuchte die RMI, mit ihren ca. 53000 Einwohnern, von denen der Großteil junge Menschen sind, jede Art der Entschädigung und Unterstützung, denn nirgends zeigen sich die Auswirkungen eines militarisierten Pazifiks schlimmer als auf den Marshallinseln. Das Land trägt die Last einer der höchsten Krebsraten in der Region, resultierend aus 12 Jahren Nukleartests der USA. Daher ist es auch umso bewundernswerter, dass die Inselbewohner tatsächlich keine Entschädigung für sich selbst einfordern, sondern entschlossen sind, die Bedrohung durch Atomwaffen für die gesamte Menschheit zu beenden.

IPB hat eine lange Kampagnentradition für Abrüstung und für das Verbot von nuklearen Waffen (www.ipb.org). Die Organisation war z.B. aktiv daran beteiligt, das Thema Atomwaffen 1996 vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen. Das IPB erhofft sich mit der Verleihung des Sean MacBride Friedenspreises an die Menschen und die Regierung der Republik Marshallinseln, dabei zu helfen, die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Gerichtsverfahren, die diesen Fall betreffen, zu lenken. IPB hofft aufrichtig, dass die Initiative der Marshallinseln ein deutlicher und entscheidender Schritt ist, um das atomare Wettrüsten zu stoppen und für eine Welt ohne Atomwaffen.

IPB verleiht den MacBride Friedenspreis jedes Jahr an eine Person oder Organisation, die herausragende Arbeit für Frieden, Abrüstung und/oder Menschenrechte geleistet hat. Dies waren auch die Hauptanliegen von Sean MacBride, des angesehenen irischen Staatsmannes, der von 1968-74 Vorsitzender und von 1974-85 Präsident vom IPB war. MacBride begann seine Karriere als ein Kämpfer gegen die britische Kolonialherrschaft, studierte Jura und bekleidete hohe Ämter in der unabhängigen Irischen Republik. 1974 erhielt er den Friedensnobelpreis. Außerdem startete er den MacBride Aufruf gegen Nuklearwaffen, welcher von über 11.000 Juristen aus der ganzen Welt unterschrieben wurde. Dies ebnete den Weg für das Projekt Weltgerichtshof (World-Court-Projekt), bei dem der Einsatz von Atomwaffen vor dem Internationalen Gerichtshof geprüft wurde.

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Friedensbewegung international

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Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).
Ingeborg Breines ist Co-Vorsitzende des International Peace Bureau.