Gefechtsübungszentrum Altmark

August 2014: Platzbesetzung in der „Offenen Heide“

von Berthold Keunecke

Der Truppenübungsplatz „Altmark“ nördlich von Magdeburg ist zu einem Kristallisationspunkt der antimilitaristischen Bewegung geworden – ein Ort der Auseinandersetzung mit den Kriegsvorbereitungen der Bundeswehr, aber auch über den zukünftigen Weg der Friedensbewegung. In dem „War-starts-here-Camp“ und der „Gewaltfreien Aktion GÜZ abschaffen“ arbeiten dort in diesem August Aktivistinnen und Aktivisten aus recht unterschiedlichen Spektren zusammen.

Das „Gefechtsübungszentrum Heer“ (GÜZ) bei Letzlingen ist mit seinen 232 km² und der genutzten Technik vermutlich der modernste Truppenübungsplatz Europas. Jährlich werden bis zu 15.000 Soldatinnen und Soldaten auf dem Gelände für Krieg und Kampfeinsätze geschult. Die Übungswaffen arbeiten mit Laserstrahlen, und aufgrund modernster Übertragungstechnik kann vom Befehlsstand jede Übungssituation genau überwacht werden.

Zurzeit werden im nördlichen Zentrum des Platzes ein Feldflughafen und die Kampfstadt „Schnöggersburg“ gebaut. Für diese Stadt, die nur den Kriegsübungen dient, sollen Hochhäuser und Villen wie auch Elendsviertel, eine U-Bahn-Anlage, ein Industriegebiet mit Hafen, Kirche, Moschee usw. errichtet werden. Eine Kriegsspiel-Stadt, die in jedem Teil der Welt stehen könnte – auch in Deutschland.

Vor Ort ist die  Bürgerinitiative „OFFENe HEIDe“ aktiv . Sie hat mit dem Ostermarsch 2014 schon die 250. Protestwanderung gegen den Truppenübungsplatz organisiert (www.offeneheide.de). Sie hat es in dem strukturschwachen Gebiet jedoch schwer, gegen die Bundeswehr anzukommen, die mit Arbeitsplätzen wirbt.  

Doch in Reaktion auf die immer offener zutage tretende Militarisierung der deutschen Außenpolitik reisen Protestierende auch aus weiterer Entfernung an.

Zum dritten Mal werden sich vom 17.-24. August diesen Jahres mehrheitlich jüngere Aktivistinnen und Aktivisten zum „War-starts-here-Camp“ treffen. Sie planen Workshops und Diskussionen, und einen Aktionstag, an dem „wir den Normalbetrieb des Gefechtsübungszentrums mit vielen verschiedenen Aktionsformen stören und in kollektiver Widerständigkeit unsere Praxis erproben“ - so ein Aufruf, der von der Gruppe vorgelegt wurde, die sich die Camp-Organisation zur Aufgabe gemacht hat.

Verschiedene Spektren der Friedensbewegung werden eingeladen, mitzugestalten und eigene Schwerpunkte zu setzen. Verschiedene Aufrufe zum Camp sollen dabei nebeneinander stehen. Dabei ist es der Organisationsgruppe aber wichtig, dass „dies ohne faule Kompromisse, ohne Aktionskonsens und ohne inhaltliche politische Weichspülung geschieht“ .

Die Diskussionen auf dem Camp werden vermutlich auch die Frage thematisieren, wie weit Aktionen gehen können. Denn auf dem letztjährigen Camp war es zu keinem Konsens darüber gekommen, wie ein Brandanschlag auf die Bundeswehrkaserne im weiter nördlich gelegenen Havelberg zu bewerten gewesen sei. Eine Presseerklärung lehnte eine Distanzierung von diesem Anschlag bewusst ab und unterstützte ihn damit implizit.

Demgegenüber will sich die neugegründete „Gewaltfreie Aktion GÜZ abschaffen“ mit einer Aktion, die von einem Aktionskonsens getragen wird,  an dem Camp 2014 beteiligen. Sie schreibt auf ihrer Homepage: „Wir werden das Gelände des Truppenübungsplatzes betreten und uns dort niederlassen. Unsere gewaltfreie Besetzung ist ein Akt Zivilen Ungehorsams. Gesetze, die dazu dienen, den ungestörten Ablauf des Tötungstrainings zu gewährleisten, werden wir bewusst nicht beachten. Durch Verbote und juristische Verfolgung lassen wir uns nicht abschrecken.

Wir streiten für das Leben und eine lebenswerte Zukunft. Daran orientiert sich auch unser Handeln. Wir werden keinen Menschen bedrohen oder verletzen. Wir zeigen Gesicht und begegnen allen Menschen mit Aufrichtigkeit, Respekt und Gesprächsbereitschaft. SoldatInnen, Wachdienst und Polizei sind als Menschen nicht unsere GegnerInnen, auch wenn wir ihr Handeln und ihre Rolle kritisieren. Durch unser Verhalten werden wir dies zum Ausdruck bringen.

Entscheidungen treffen wir nach dem Konsensprinzip. Wir sprechen uns gut ab, kennen unsere Ängste und Grenzen und achten aufeinander. Wir gestalten unsere Aktion so überschaubar wie möglich und schaffen für alle Beteiligten gute Bedingungen für ein selbstbestimmtes Handeln. Wir werden gewaltfrei und entschlossen das Gelände des GÜZ beleben.“

Dieser Aktionskonsens macht deutlich, dass da eine intensiv vorbereitete und explizit gewaltfreie Aktion in der Tradition Gandhis und Martin Luther Kings geplant wird. Insofern wird es auf dem Camp Trainings in Gewaltfreier Aktion geben -  und eben auch die Diskussionen mit jenen, die dieser Tradition skeptisch gegenüberstehen. Dass sich die Diskussionen gegenseitig befruchten und nicht blockieren, hoffen wohl alle.

Mehr Informationen: http://www.gewaltfreie-aktion-guez-abschaffen.de. Zum Camp generell. https://www.warstartsherecamp.org/de/

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Berthold Keunecke ist Gemeindepfarrer, arbeitet im Bund für Soziale Verteidigung und Versöhnungsbund mit und in der Organisation der "Gewaltfreien Aktion GÜZ abschaffen".