Streitfragen

Auswertung des Friedenswinters

von Wiltrud Rösch-Metzler

Dieser Text ist der Vortrag, den Wiltrud Rösch-Metzler auf der Frankfurter Aktionskonferenz am 13.3.2015 gehalten hat.

pax christi trägt den Appell zum Friedenswinter mit, weil uns die derzeitigen Kriege an so vielen Stellen auf der Erde aufrütteln und wir uns nicht damit abfinden möchten. Wir wehren uns gegen die zunehmende Militarisierung der deutschen und EU-Außenpolitik. pax christi unterstützt den Friedenswinter, was intern immer wieder in Frage gestellt wird.

In einer Friedensorganisation bilden sich dieselben Konflikte ab, die es auch in der Gesellschaft gibt. Fallen diese heftig aus, wie in den Medienbeiträgen gegen den Friedenswinter geschehen, werden sie auch intern umso streitbarer ausgetragen. Das gilt nicht nur für Friedenswinter-Aufruf und -Aktionen, das gilt auch für Positionen zu Israel/Palästina, zu Waffenlieferungen gegen den IS oder zu Russland. Gelingt es nicht, diesen Konflikt intern auszutragen, eine gemeinsame Position zu finden, kann dies zu einer Lähmung führen. Die Mitglieder sind sich unsicher und werden im Zweifelsfall nicht aktiv. Fakt ist, dass wir nur einen kleinen Teil unserer Mitglieder zu den Friedenswinter-Demos motivieren konnten.

Was lief im Fall des Friedenswinters falsch?

1. Die Analyse hat zu wenig gezogen: Das Interesse an „Frieden“ wächst zwar wieder. Festzumachen ist das für uns an: wieder mehr Friedensgebete und mehr Info-Veranstaltungen über „Was ist pax christi?“  Und es gab allgemein auch wieder mehr Angst vor Krieg und eine diffuse Alarmiertheit. Gaza, Ukraine und IS haben die Menschen aufgewühlt. Aber: Der Gazakrieg ging nach 51 Tagen zu Ende, für die Ukraine gab es im September einen Waffenstillstand und der IS wurde laut Medien erfolgreich militärisch zurückgedrängt. Der Friedenswinter-Aufruf geht darauf nicht wirklich ein und bleibt im Alarmmodus.

2. pax christi arbeitet mit in der Kooperation für den Frieden. Sich in diesem Bündnis auf gemeinsame Positionen und Aktionen zu verständigen ist uns wichtig. Dadurch erhält ein Thema in der Öffentlichkeit mehr Gewicht. Positiv ist das Thema Zivile Konfliktbearbeitung zu nennen, wo das gelingt. Im Fall des Friedenswinters gab es aber Veto-Positionen, die sich gegenseitig ausschlossen. Die Kooperation für den Frieden stand vor einer Zerreißprobe. Sowohl die Position für die Durchführung des Friedenswinters wie auch die Position gegen die Durchführung des Friedenswinters hätte die Kooperation für den Frieden, wo nicht mehrheitlich sondern im Konsens abgestimmt wird, blockiert. Deshalb wurde der Friedenswinter leider außerhalb der Kooperation für den Frieden geplant. Die Distanz blieb. Immerhin unterstützte die Kooperation für den Frieden die Forderungen und Aktionen des Friedenswinters.      

3. Der Stellenwert des ersten Aufrufs bleibt unklar: Es gab zwar einen Friedenswinter-Aufruf, als es jedoch zu den Veranstaltungen kam, wurden regionale Aufrufe verfasst. Auch jetzt für die kommenden letzten Aktionen im Mai hat der Anfangs-Aufruf keinen Stellenwert mehr. Dadurch ergibt sich für eine bundesweite Organisation wie pax christi auch keine Aufgabe mehr. Denn es macht für uns, anders als für regionale pax christi Zusammenschlüsse keinen Sinn, sich einem regionalen Aufruf anzuschließen.  

4. Die unterschiedlichen Unterzeichnungsmöglichkeiten haben Verwirrung gestiftet. Es ist üblich, dass eine kleine heterogene Gruppe einen Aufruf schreibt. Dieser wird dann in die einzelnen Organisationen eingespeist und diese melden zurück, ob sie unterschreiben und machen mögliche kleinere Änderungswünsche geltend. Dadurch, dass die Namen derer, die am Aufruf mitgewirkt hatten, veröffentlicht wurden, wurde schon früh über einzelne Namen (und ihre politische Verankerung) diskutiert und der Friedenswinter personalisiert, statt dass er von Anfang an auf die Beine der Organisationen und Initiativen gestellt worden wäre.

5. Besonders verwirrend war der regionale Aufruf für Berlin, den auch wieder Personen unterzeichnen konnten. Die Medien haben diese Veranstaltung nicht als regionale Veranstaltung gesehen, sondern als bundesweite.

6. Bedenken und Anfragen gab es intern vor allem zu den Mahnwachen, die sich erstmals beteiligt hatten. Regionale pax christi Zusammenschlüsse und Einzelpersonen haben unterschiedliche Erfahrungen mit Mahnwachen gemacht. Im Bundesvorstand stellten wir fest, dass die Aktionen und Ausrichtungen der örtlichen Mahnwachen sich stark unterscheiden und jeweils differenziert Stellung bezogen werden muss. pax christi trägt die Position der Kooperation für den Frieden zu Friedenswinter und Montagmahnwachen mit. Dies bedeutet: Keine generelle Diffamierung, klare Abgrenzung nach rechts, keine Kooperation auf Bundesebene.

7. Die eingangs beschriebene Lähmung hat auch die Kooperation für den Frieden angesichts des Friedenswinters erfasst.  Es ist nicht gelungen, dass sie, mit Ausnahme von IPPNW, Teile aus anderen Friedensorganisationen und den SprecherInnen der Kooperation für den Frieden, einen aktiveren Part im Friedenswinter übernimmt. Die Diskussion in der Kooperation für den Frieden um den Friedenswinter ist noch nicht zu Ende. Sie ist wichtig, damit wir wieder als Bündnis zusammenfinden. Pax christi wird sich in diesem Sinn in der Kooperation für den Frieden beteiligen.

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Wiltrud Rösch-Metzler ist Journalistin und pax christi Bundesvorsitzende.