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Behinderung der Militärsonderzüge
Nach der Anti-Golfkriegsbewegung tut sich - vielen Unkenrufen zum Trotz - weiterhin etwas. Zum Rekruteneinzug der Bundeswehr am 2. April fanden Aktionen in dreißig Städten der Bundesrepublik statt. Dreißig St„dte, in denen Öffentlichkeitswirksam deutlich gemacht wurde, daß das Militär kein geeignetes Mittel zur Lösung von Konflikten ist.
Die meisten der 56.000 Rekruten, die an diesem Tag dem Stellungsbefehl folgten, sammelten sich an Bahnhöfen, um gemeinsam an ihren Einsatzort gebracht zu werden. Die Bahnhöfe sind ein markanter Ort, denn sie sind für die Rekruten die letzte Station vor ihrem Eintritt ins Militär. An den Reaktionen der jungen Männer zeigte sich, daß den wenigsten wohl dabei zumute war.
Die AktivistInnen gaben ihnen Stoff zum Lesen und Nachdenken mit, die "Informationen fr unzufriedene Soldaten", in denen sie ber die legalen (und illegalen) Wege, die Bundeswehr zu verlassen, informiert wurden. Die Freundinnen und Mütter der Rekruten wurden ebenfalls mit Informationen derber bedacht, wie Frauen für Kriegsdienste eingeplant sind und der Aufforderung, diese zu verweigern.
Die Verteilaktion gehört in manchen Städten schon zur gewohnten Begleiterscheinung eines jeden Einzugstermins. Dieses Mal jedoch entschlossen sich einige Aktionsgruppen zu einer härteren Gangart. Das Aktionsbndnis "Kein Krieg am Golf!" hatte dazu aufgerufen, die Abfahrt der Bundeswehr-Sonderzge zu blockieren. Und genau dies gelang auch in einigen Städten, zum Beispiel in Berlin:
Im Ostberliner Hauptbahnhof konnte ein Zug, in dem hauptsächlich Rekruten saßen, erst mit zweistündiger Verspätung abfahren. Dreihundert BlockiererInnen standen auf den Gleisen. Zwölf mobile Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung waren im Einsatz. Und das mit Erfolg. Während der zweistündigen Wartezeit entschlossen sich zwei der Rekruten, ihrem Stellungsbefehl nicht Folge zu leisten.
In Freiburg hatte die Polizei hingegen zwei Hundertschaften aufgeboten, die alle Eingänge zum Bahnhof abriegelten. Der Zug, der deshalb unbehelligt abfuhr, wurde später auf offener Strecke doch noch angehalten. Zwischen Emmendingen und Offenburg hingen Transparente ber den Bahngleisen und die Weiterfahrt des Zuges dadurch um einige Zeit verzögert.
Die Zahl der TeilnehmerInnen an den Aktionen war sehr unterschiedlich. Während in Lüneburg jeweils zwei Menschen die ankommenden Rekruten "begrüßten", waren es wie erw„hnt in Berlin dreihundert, in Hannover einhundert und in Köln vielleicht fünfzig.
Mit den Aktionen wurde die geplante Umstrukturierung der Bundeswehr kritisiert. Diese zielt darauf ab, die Bundeswehr unter UNO-Befehl, im Rahmen der Westeuropäischen Union oder der NATO einzusetzten. Darberhinaus werden auch Einsätze allein unter bundesdeutscher Hoheit ins Auge gefaßt. In den Ländern der sog. "Dritten Welt" sind die nächsten Kriegsschauplätze zu erwarten. So sollen westliche Interessen mit militärischer Gewalt durchgesetzt werden. Bei den Aktionen zum Rekruteneinzug wurde statt der Umstrukturierung der Bundeswehr deren Abschaffung gefordert.
Die AktionsteilnehmerInnen machten deutlich, daß sich die Aktionen in keinerlei Weise gegen die Rekruten richteten. Im Gegenteil, Fokus der Kritik war die Wehrpflicht und der in ihr vollzogene Herrschaftsanspruch des Militärs, Menschen für seine Zwecke zu beanspruchen. In den Flugblättern wurden alle Formen von Kriegsdiensten kritisiert, insbesondere die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht.
Das Aktionsbündnis "Kein Krieg am Golf" kündigte an, daß die Aktionen an den Bahnhöfen und die Blockaden der Sonderzüge an diesem Tag nur der Auftakt zu weiteren gewaltfreien Aktionen gegen die Bundeswehr sein werden.
Mehr ist darber in der Graswurzelwerkstatt zu erfahren (Scharnhorststr. 6, 5000 K”ln 60, Tel. 0221-76 58 42).