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Spanien
Besonderheiten sollen liquidiert werden
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Mit jeweils 25 - 30.000 stellen Menschen aus dem Maghreb und aus Lateinamerika heute die beiden größten Gruppen der in Spanien lebenden Ausländer, gefolgt von 12.000 Briten. Wer aus Lateinamerika kommt, braucht in aller Regel kein Visum, ausgenommen sind Kuba, Peru und die Dominikanische Republik. Nur etwa 6.000 der Ausländer sind anerkannte Asylbewerber oder Flüchtlinge, wobei in den letzten zwei Jahren ein Fünftel der anerkannten Anträge von Kubanern gestellt wurde. Im Vorjahr gab es insgesamt 10.000 Asylanträge, 94% wurden abgelehnt. Offiziellen Stellen zufolge nimmt die Zuwanderung aus den osteuropäischen Ländern, hauptsächlich aus Polen und Rumänien, immer stärker zu. Um nicht sofort wieder ausgewiesen zu werden, stellen diese Menschen meist unmittelbar nach dem Grenzübertritt einen Asylantrag. Doch die Chance auf Anerkennung ist heutzutage, da der Osten zur "demokratischen Welt" zählt, denkbar gering. Ein Asylantrag bietet längst keinen Schutz mehr vor Abschiebung. So machte Ende September der Fall von zehn marokkanischen Jugendlichen Schlagzeilen, die als blinde Passagiere auf einem Frachter in den Hafen von Valencia gelangt waren. Die Regionalregierung ließ sie nicht von Bord; das Schiff wurde nach Barcelona weitergeleitet, wo sie ungeachtet eines Asylantrages umgehend abgeschoben wurden. Für die Gewerkschaft UGT und die "Vereinigung marokkanischer Immigranten in Spanien" (ATIME) ein klarer Verstoß gegen internationales Recht.
Mittel zur Existenzgründung
Das spanische Asylrecht fußt auf einem Gesetz aus dem Jahre 1984, mit dem die Genfer Konvention umgesetzt werden sollte. Vor dem Hintergrund der 40jährigen Franco-Diktatur zählt es - wie das im Nachbarland Portugal - zu den fortschrittlichsten in Europa. Seine Besonderheit ist die Aufteilung in Asylsuchende und Flüchtlinge. Die Asylsuchenden genießen den Schutz des spanischen Staates, die Flüchtlinge den der Genfer Konvention. Einmal anerkannt, verfügt der Asylbewerber automatisch über Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, ohne diese gesondert beantragen zu müssen. Der Flüchtling nicht.
Wer in Spanien Schutz sucht, stellt den Antrag entweder direkt an der Grenze oder nach der Einreise mit Touristenvisum oder als "Illegaler" im "Büro für Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten" in Madrid. 90% der Asylbewerber wählen letztere Möglichkeit. Innerhalb von zehn Tagen muß sich die betroffene Person zu einem ausführlichen Gespräch in der Zentralen Informationsstelle melden. Die endgültige Entscheidung trifft dann eine Kommission, die sich aus Vertretern des Innen-, Justiz- sowie Sozial- und Arbeitsministeriums zusammensetzt. Bis zur Anerkennung vergeht oft ein Jahr. In diesem kann man auf eine Zuwendung in Höhe von 10.000 DM vom "Spanischen Hilfskomitee für Flüchtlinge" hoffen - zum Zwecke der Existenzgründung.
Wer anerkannt wird, hat das Recht, seine Familie nachzuholen. Im Falle einer Ablehnung wird legal Eingereisten das Visum verlängert. Damit erhält der Betroffene das Recht, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Wer illegal eingereist ist oder dessen Antrag abgelehnt wurde, muß innerhalb von zwei Wochen seine Papiere in Ordnung bringen, ein oft unmögliches Unterfangen.
Nach der Unterzeichnung der Abkommen von Schengen und Dublin versucht die sozialistische Regierung unter Ministerpräsident Felipe Gonzalez nun, das Asylgesetz zu reformieren. Die Unterscheidung in Asylsuchende und Flüchtlinge entfällt, was von COMRADE, einer Organisation zur Unterstützung von Flüchtlingen, kritisiert wird, weil das neue Gesetz beispielsweise Flüchtlingen aus Kriegsgebieten nur noch bedingt Schutz bieten würde. Am schärfsten kritisiert wird die neue Regelung für die Antragstellung. Der Schutzsuchende muß in Zukunft seinen Antrag direkt an der Grenze stellen. Innerhalb von 48 Stunden wird entschieden, ob er begründet ist und näher untersucht wird oder nicht. Verstreicht dieser Zeitraum ohne Entscheidung, hat die Regierung, so das Gesetz, "stillschweigend zugestimmt", der Antrag wird bearbeitet. Wird in der Vorprüfung negativ entschieden, ist gegen diesen Bescheid innerhalb von 24 Stunden Einspruch möglich. Innerhalb von weiteren 24 Stunden wird auch darüber entschieden. Die Unterstützung durch einen Anwalt ist nicht vorgesehen.
Der Verfahrensweg soll auf diese Art und Weise beschleunigt, "Missbrauch" verhindert und - so die Begründung des Gesetzesentwurfes vom 27. November 1992 - "diejenigen Anträge sollen ausgesondert werden, für die Spanien nicht zuständig ist, da bereits ein anderes Land den Schutz gewährt hat". Für das "Spanische Hilfskomitee für Flüchtlinge" (CEAR) ist diese Regelung verfassungswidrig: "Aufgrund der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag und nach der spanischen Verfassung sind die internationalen Zonen in Häfen und Flughäfen Bestandteil des spanischen Hoheitsgebietes und somit nicht von den Grundrechten und im speziellen vom Recht auf persönliche Freiheit ausgenommen. "Bei der ersten Lesung im Parlament geriet das Gesetz denn auch ins Kreuzfeuer der Kritik. Neben der kommunistisch orientierten "Vereinigten Linken" (IU) und CEAR reichten die beiden großen Gewerkschaften, die sozialistische UGT und die kommunistische CCOO, Änderungsvorschläge ein. Am liebsten wäre der Opposition die Beibehaltung des alten Gesetzes. Francisco Solns Puyuelo - CCOO-Anwalt - begründet diese Haltung: "Die Reform ist vollständig überflüssig. Der Mißbrauch, den es tatsächlich gibt, ist nicht dem Gesetz zuzuschreiben, sondern seiner ungenügenden Anwendung."