Erfahrungen der DFG-VK München mit ihrer Kampagne

B.o.A. - Kampagne für eine Bundesrepublik ohne Armee

von Tobias Ilka Henkel
Schwerpunkt
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Es hat uns sehr gefreut, dass das Friedensforum an uns herangetreten ist und nach einem Erfahrungsbericht bezüglich unserer Arbeit mit der Kampagne für eine BRD ohne Armee - kurz B.o.A. - gefragt hat. Im folgenden werde ich stellvertretend für die Gruppe unsere Ideen, unsere Mittel und dann unsere vielfältigen Erfahrungen darstellen.

Eine Kampagne entsteht
Die Idee, eine Kampagne "BRD ohne Armee" ins Leben zu rufen, entstand in den Jahren 1989/1990. Der Name orientierte sich an der Gruppe "Schweiz ohne Armee" (GSoA), die bei einer Volksabstimmung immerhin 35 Prozent der BürgerInnen für ihre Forderung nach Abschaffung der Armee gewinnen konnte.

Ohne Armee kein Krieg
Wir als PazifistInnen begreifen Militär und die Bereitschaft zur Anwendung militärischer Gewalt als eine Kriegsursache, die es zu beseitigen gilt. Wir fordern die Abschaffung aller Armeen und die allgemeine und vollständige Abrüstung aus der Überzeugung heraus, dass erst dann keine Kriege mehr geführt werden, wenn die Mittel der Kriegsführung, Waffen und Soldaten abgeschafft sind.

Armeen funktionieren nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Sie sind Instrumente zur Androhung und Ausübung von Gewalt. Militärische Strukturen stehen im Gegensatz zu freiheitlichen und selbstbestimmten Lebensformen.

Militär bedeutet nicht Schutz, sondern Bedrohung
Viele Menschen glauben, dass unser Land zur Not gegen einen Angreifer von außen verteidigt werden muss. Die Verteidigung einer modernen Industriegesellschaft durch eine Armee bedeutet aber nicht Schutz, sondern Bedrohung: Atomkraftwerke und chemische Fabriken, vom Gegner angegriffen, werden zu tödlichen Waffen gegen die Bevölkerung. Die Infrastruktur wird zu großen Teilen zerstört - Gas-, Wasser- und Stromversorgung sowie Straßen-, Schienen- und Kommunikationsnetze funktionieren nicht mehr. Jeder Krieg wird also zur Katastrophe, er muss verhindert werden. Dies zeigt sich auch wieder am Beispiel des NATO-Angriffs auf Serbien.
 

Militär schafft keinen wirklichen Frieden
Die Existenz der Bundeswehr wird zunehmend mit der angeblichen Notwendigkeit "friedensschaffender" Militäreinsätze im Ausland gerechtfertigt. Doch es hat sich überall gezeigt - ob in Somalia, Bosnien oder im Kosovo: Wirklichen dauerhaften Frieden kann das Militär nicht bringen.

Bundesrepublik ohne Armee - eine Utopie?
Die B.o.A.-Kampagne stellt Militär und militaristische Politik grundsätzlich in Frage. Dabei ist klar: Die Abschaffung der Bundeswehr muss gegen harten und vielfältigen Widerstand durchgesetzt werden. Aber sie ist möglich, wenn auch nur auf längere Sicht. Deshalb ist die B.o.A.-Kampagne langfristig und nicht auf schnell zu erreichende Erfolge hin orientiert.

Unsere Strategie
Wir versuchen momentan die Menschen, die sich klar gegen das Militär aussprechen zu mobilisieren. So suchen wir einerseits Menschen, die sich an der Erstellung und Verbreitung unseres Materials beteiligen, andererseits versuchen wir mit unserem Material und den Seminaren, die wir durchführen, Einfluss auf die Menschen zu nehmen, die generell militärkritisch eingestellt sind, aber sich noch nicht dafür einsetzen. Und natürlich versuchen wir Menschen, die das Militär immer noch für gut heißen von unserer Einstellung zu überzeugen.

Unsere Mittel
Die B.o.A.-Kampagne stützt sich auf die Strukturen der DFG-VK. Es gibt momentan zwei B.o.A.-Agenturen. Die eine gehört zur DFG-VK Flensburg und dem Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein, die andere ist der DFG-VK München und dem Landesverband Bayern angesiedelt. Die Arbeit wird von anderen Gruppen und Einzelaktiven unterstützt.

Ich stelle im folgenden die Erfahrungen des LV Bayern und der Gruppe München dar, weiß aber aus vielen Gesprächen, dass sich dies mit den Erfahrungen anderer Aktiver deckt.

Wir erstellen Material, verschicken, verteilen und verkaufen dieses: Flugblätter mit grundsätzlichen und/oder aktuellen Informationen. Mindestens zweimal jährlich geben wir den B.o.A.-Rundbrief heraus. Dieser dient der Vernetzung der InteressentInnen und gibt wichtige Informationen an grundsätzlich interessierte weiter. Es gibt eine Ausstellung zum Thema, die wir immer wieder an verschiedenen Orten zeigen und wir haben verschiedene Broschüren zu Themen wie Wehrpflicht, Zivile Konfliktlösungsstrategien, Auswertung des Kosovo-Krieges.

Außerdem führen wir Seminare durch. Dabei geht es natürlich grundsätzlich um die Darstellung unserer pazifistischen Sichtweise, im Kontext aktueller Themen. So haben wir bspw. ein Tagesseminar mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der AntifaschistInnen zum Thema: "Gibt es einen gerechten Krieg!?" durchgeführt und dazu eine Dokumentation herausgebracht. Wir haben Menschen aus den USA und Russland eingeladen, die etwas über ihre Arbeit im ehemaligen Jugoslawien, bzw. zu ihrer Sicht bezgl. der Tschetschenienkriege sagten.
Bei all dieser Arbeit stoßen wir auf Interesse, auf Zustimmung und natürlich auf Kritik.

Unsere Erfahrungen
Das Interesse an unserer Arbeit ist momentan so groß wie das Interesse an politischen Themen allgemein.

Beim Infostand hört mensch oftmals: "Da kann man eh nix machen". "Keine Zeit". etc. Die nächste Stufe ist dann die, dass einem die Menschen ihr persönliches Schicksal erzählen, und es kommt nur selten zu einer wirklich guten Diskussion. Einfach Flugblätter verteilen ist zwar nicht schlecht, aber dass die Wirkung allzu groß ist, wage ich zu bezweifeln. Anders ist es mit gut gestaltetem Material zu aktuellen Themen, bei der richtigen Gelegenheit. Da waren wir schon des öfteren positiv erstaunt, wie gut dieses Material ankam und wie viele Materialien verkauft wurden.

Abendveranstaltungen werden schlecht besucht, es sei denn mensch schafft es, ein aktuelles und als wichtig eingestuftes Thema am richtigen Abend zu machen und vorher das Zielpublikum anzusprechen. Da sind wir schon froh, wenn 20 bis 30 Leute zu unseren Veranstaltungen kommen. Damit sind wir allerdings nicht alleine. Auch andere "hochoffizielle" Veranstaltungen zum Thema Frieden werden nicht immer gut besucht, auch wenn "hochrangige" ReferentInnen eingeladen sind.

Zustimmung
Auf den B.o.A.-Rundbrief gibt es immer wieder erstaunlich viele Rückmeldungen und Materialbestellungen. Wir gehen deshalb davon aus, dass er gelesen wird und - was die ein oder andere Rückmeldung auch bestätigt - gut ankommt.

Unser zuletzt erstelltes Material ist ein etwas ausführlicheres Flugblatt zum Kosovokrieg und unserer Einschätzung ein Jahr später. Das Blatt ist optisch ansprechend und inhaltlich sehr gut. Aufgrund einer Versendung zusammen mit dem B.o.A.-Rundbrief haben wir mehrere tausend Stück davon verkauft.

Natürlich hören wir auch an Infoständen und von Leuten, die wir kennen, dass unsere Arbeit gut ist und sie unser Ziel unterstützen.

Ablehnung
Selbstverständlich stoßen auch die "tollsten Ideen" auf Widerspruch, Kritik und Ablehnung. So passiert dies auch uns immer wieder. Hier gibt es drei Seiten von denen unterschiedliche Kritik und Ablehnung kommen.

Die erste Seite ist der Mensch auf der Straße. Er hört oder liest von unserer Idee - am Infotisch, auf einem Flugblatt, im Internet: www.dfg-vk.de bzw. www.bundeswehrabschaffen.de - und findet die Idee einfach nicht gut, denn "Wir brauchen halt die Bundeswehr für die Arbeitsplätze" oder "gegen die Russen, Chinesen, kleinen grünen Männchen".

Die zweite Seite sind Veranstaltungsorte mit denen wir zusammenarbeiten wollen, um dort beispielsweise unsere Ausstellung zu präsentieren. Ablehnung heißt dann, dass die Räume bis 2033 ausgebucht sind oder es gibt Kritik von: "Die Ausstellung ist zu einfach" bis "Die Ausstellung ist zu intellektuell und daher von den BesucherInnen nicht zu verstehen".
 

tDie selbe Kritik kommt von anderen Friedensgruppen, denen wir unsere Ausstellung anbieten.

Die dritte Seite sind andere Friedensgruppen - auch andere DFG-VK-Gruppen. Diese kritisieren, dass mensch mit der Forderung B.o.A. die Leute nur erschrecken würde, da diese Forderung zu radikal sei. Eine Diskussion wäre dann nicht mehr möglich.

Andere Organisationen sind zwar für die Abschaffung von "imperialistischen Armeen", finden aber, dass der Einsatz von Waffengewalt manchmal wichtig ist, um z. B. gegen die "Kapitalisten" oder eine Diktatur vorzugehen - Stichwort: Revolution.

Auf all diese Kritik versuchen wir einzugehen. Wir stellen uns gerade auf die Straße, um mit den Leuten zu reden, die sich eine Abschaffung der Bundeswehr nicht vorstellen können. Wir versuchen Verantwortliche von Veranstaltungsräumen wenigstens dazu zu bringen, dass sie die Wahrheit sagen und zugeben, dass ihnen einfach das Thema nicht zusagt, andererseits gibt es noch genügend Möglichkeiten, unsere Arbeit und die Ausstellung zu zeigen, wie z. B. auf dem ev. Kirchentag, auf verschiedenen Open-air-Veranstaltungen, etc., von bundesweiten Möglichkeiten ganz zu schweigen, die wir nicht wahrnehmen können, da wir nicht bundesweit aktiv sein können, dafür bräuchten wir schon die Gruppen vor Ort.

Wir sehen nicht, dass wir die Leute abschrecken. Vielmehr ergeben sich gute Diskussionen. Und Leute, die die Idee ablehnen, tun dies auch, wenn sie ihnen anders präsentiert wird.

Zum letzten Kritikpunkt lässt sich nur sagen, dass wir nun mal PazifistInnen sind und jegliche Waffen-Gewalt ablehnen. Von diesem Standpunkt werden wir auch in Zukunft nicht abweichen.

Unsere Arbeit halten wir für gut und sinnvoll. Wenn wir wenig(e) erreichen, liegt dass daran, dass wir wenig(e) sind. Im Vergleich zu anderen Organisationen erreichen wir aber eine ganze Menge Leute und das mit einer konkreten Forderung.

Die jetzige Kleinarbeit sehen wir als notwendige Voraussetzung für eine künftige, größere Kampagne. Laut einer Umfrage im Stern sind immerhin 10% der BundesbürgerInnen für die Auflösung der Bundeswehr.

Wir freuen uns über jedeN, der sich aktiv an der B.o.A.-Kampagne beteiligt und vielleicht haben wir gerade jemanden gefunden, oder liebe Leserin/lieber Leser?

Wer mehr Informationen über die B.o.A.-Kampagne haben möchte, wende sich bitte an die DFG-VK LV Bayern, Alte Allee 48, 81245 München, Tel: 089/89623446, Fax: 089/8341518, e-mail: bayern [at] dfg-vk [dot] de.

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Tobias Ilka Henkel arbeitet für die DFG-VK München.