Erfolg für Versammlungsrecht

Clown-Verbote widerrechtlich!

von Peer StolleSven Richwin
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Am 13. und 14. Februar fand in Dresden eine Reihe von Demonstrationen gegen den zeitgleich stattfindenden Neonazi-Aufmarsch statt. Unisono wurden alle Gegendemonstrationen mit folgender Auflage beschieden:

„13. Sollten sich Teilnehmer, die in der Aktionsform der Rebel Clowns Army auftreten und diese Aktionsform anwenden, an der Versammlung beteiligen und aus dieser heraus durch ihr spezifisches Auftreten agieren, werden nachfolgende Auflagen festgelegt:

Das Mitsichführen von Wasserpistolen, Sprühgeräten, Pumpen oder sonstigen Gegenständen, die geeignet sind, Polizeibeamte mit Seifenlaugen, Säuren oder anderen Flüssigkeiten zu bespritzen, wird untersagt.

Teilnehmer, die in der Aktionsform der Rebel Clowns Army auftreten und diese Aktionsform anwenden, ist es untersagt, die Einsatzkräfte zu behindern. Es ist ihnen insbesondere untersagt, sich den Einsatzkräften weiter als bis auf drei Metern zu nähern.

Kleidungsstücke, die geeignet sind, die Identität zu verschleiern, dürfen nur dann getragen werden, wenn dadurch keine dem Friedlichkeitsgebot entgegenstehende Wirkung erzeugt wird. Das Gleiche gilt für Verdeckungen oder Verfremdungen der Gesichtspartie durch maskieren oder Schminken.“

Begründet wurden diese Auflagen für Demonstrationen mit einer Scheingefahr bzw. einem Gefahrenverdacht, der von der Clowns Army ausginge. Wörtlich heißt es dazu im Auflagenbescheid.

„(…) Einsatzkräfte werden bei den unter dem Begriff „Rebel Clowns Army“ bekannten Aktionsformen an der Wahrnehmung ihrer durch das Gesetz übertragenen Aufgaben insbesondere durch tatsächlichen und angetäuschten Körperkontakt vorsätzlich behindert. Im Falle einer solchen Behinderung besteht die Gefahr, dass Einsatzkräfte weder die Grundsätze der Eigensicherung einhalten noch die unter dem Schutz des Art. 8 GG stehenden Versammlungsteilnehmer begleiten (…).“

Verwiesen wird seitens des Ordnungsamtes der Stadt Dresden auf die Möglichkeit eines Freisetzens von gesundheitsgefährdenden Flüssigkeiten. Fazit der Behörde: „Die Anwendung der unter dem Namen „Rebel Clown Army“ genannten Aktionsformen würde eine unmittelbare Gefahr für den Schutz der angemeldeten Versammlung darstellen.“

Diese Auflage kann als Folge der Desinformationspolitik der Polizei während des G8-Gipfels in Heiligendamm gesehen werden. Während der Proteste im Juni 2007 wurde seitens der Polizei die Behauptung verbreitet, dass Clowns säurehaltige Flüssigkeiten verspritzt hätten, die zu Verletzungen bei Polizeibeamten geführt haben sollen. Später hat sich dann herausgestellt, dass es sich dabei um handelsübliche Seifenlauge gehandelt hat (dazu RAV/Legal Team (Hrsg.): Feindbild Demonstrant. Der G8-Gipfel aus Sicht des Anwaltlichen Notdienstes. Berlin 2007).

Mit ihr wären faktisch alle Aktivitäten, die zentraler Bestandteil der Clowns Army sind, auf Versammlungen verboten. Das gesamte dahinter stehende Konzept würde ins Leere laufen.

Diese Auflage wurde von den Anmeldern angegriffen und konnte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Dresden gekippt werden. Die Richter haben sich dazu mit knappen aber deutlichen Worten geäußert:

„Die vom Antragsteller angegriffene Auflage Nr. 13 ist hingegen nicht gerechtfertigt. Sie beruht auf keiner hinreichenden Gefahrenprognose. Die Antragsgegnerin konnte weder aufgrund eigener Erkenntnisse aus vergangenen Jahren konkrete Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der den Aufzug begleitenden Polizeibeamten oder anderer Teilnehmer mitteilen noch sind dem Gericht solche Anhaltspunkte aus Veranstaltungen an anderen Orten bekannt.“

Der Versuch, die Rebel Clowns Army mit Instrumenten des Versammlungsrechts auszugrenzen, ist vorerst gescheitert. Abzuwarten bleibt, wie die Polizei und Ordnungsbehörden in Zukunft mit Formen des kreativen Straßenprotestes umgehen werden, die nicht in das herkömmliche „Störer“-Raster der Sicherheitsbehörden passen.

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Peer Stolle ist Rechtsanwalt in Berlin.
Sven Richwin ist Rechtsanwalt in Berlin.