Nachruf

Der Friedensaktivist Ulli Thiel ist gestorben

von Renate Wanie

"Einige hielten mich wohl ernsthaft für verrückt!", titelte die Frankfurter Rundschau kürzlich und zitierte damit Ulli Thiel, den Ideengeber und Organisator der Menschenkette von Stuttgart nach Ulm. Am 22. Oktober 1983 hatten sich 400.000 Menschen entlang der Bundesstraße 10 versammelt. Sie bildeten zwischen der europäischen Kommandozentrale in Stuttgart-Vaihingen und den atomar bestückten Wiley-Barracks in Neu-Ulm eine 108 km lange lückenlose Menschenkette gegen die Stationierung der Pershing-Raketen - bis heute die längste Menschenkette, die es je in Deutschland gab. Doch nicht nur diese organisatorische Meisterleistung ist ihm zuzuschreiben. Wenig bekannt ist, dass Ulli Thiel den Slogan "Frieden schaffen ohne Waffen!" für die westdeutsche Friedensbewegung und gegen die Aufrüstung unter der Regierung Kohl kreierte.

Stets gemeinsam mit seiner Frau Sonnhild engagierte sich der Pädagoge sein ganzes Leben überzeugend gegen Militarismus und Gewalt, beriet tausende Kriegsdienstverweigerer, organisierte zahllose Aktionen, Kundgebungen und Podien und war bei jedem Ostermarsch dabei. In seinen Redebeiträgen positionierte er sich eindeutig pazifistisch, immer die Würde des politischen Gegners achtend. Die DFG/VK war seine politische Heimat, das Karlsruher Friedensbündnis der Bezugspunkt für lokale Aktivitäten, als Vorstandsmitglied beriet er viele Jahre die Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden. Dass nur mit Gewaltfreiheit und Pazifismus eine friedlichere und gerechte Welt möglich sei, war seine gelebte Überzeugung. Im April ist Ulli Thiel nach langer schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren gestorben. Die Stuttgarter AnStifter haben Sonnhild und Ulli Thiel für den Friedenspreis 2014 vorgeschlagen.

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