Der Protest gegen Daimler-Minen wächst

von Stefan Schneider
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Am 1. September startete die Kampagne "Daimler-Minen-stoppen". Bis zur 101. Aktionärsversammlung im Mai 1997 arbeitet die Kampagne mit Nachdruck für das Ziel, in der Öffentlichkeit das Bewußtsein dafür zu schärfen, daß die Daimler-Benz AG Landminen produziert.

Zunehmender öffentlicher Druck soll Daimler-Benz bewegen, aus der Minenproduktion ganz auszusteigen. Dafür soll der Konzern einen Fonds für die Rehabilitation von Minenopfern einrichten.

Ist Daimler-Benz ein Minenproduzent?
Neben der Dynamit Nobel gehört in Deutschland nur der Daimler-Benz Konzern zum illustren Kreis der Minenproduzenten. Im Tochterunternehmen TDA/TDW (Thomson-Daimler Armements/Thomson-Daimler Wirksysteme") in Schrobenhausen/Bayern, an dem der französische Rüstungskonzern Thomson-Brandt zu 50% beteiligt ist, baut Daimler die Panzerabwehrrichtmine PARM 1. Die Elektronik dieser sog. "intelligenten" Mine erkennt ein herannahendes Fahrzeug und schießt automatisch ein panzerbrechendes Geschoß darauf ab. Sie kann jedoch einen Panzer nicht von einem zivilen Fahrzeug unterscheiden.

Zur Zeit arbeitet Daimler-Benz an einem verbesserten Nachfolgemodell, der Panzerabwehrrichtmine PARM 2. In einem englischsprachigen Werbeprospekt preist Daimler diese Waffe als ein "modernes und effektives Element im Minenkampf und in der automatisierten Panzerabwehr ... Aufgestellt in Minuten, aktiviert in Sekunden, tötet PARM 2 in Millisekunden." Angeblich soll die Elektronik der PARM 2 einen Panzer von einem anderen Fahrzeug unterscheiden können. Solange der Nachweis über ein zuverlässiges Unterscheidungsvermögen der PARM 2 nicht geführt ist, gilt jedoch weiterhin, was die evangelischen und die katholischen Bischöfe Deutschlands im Herbst 1995 erklärten:

"Nach wie vor ist auch mit modernster Technologie nicht sicherzustellen, daß High-Tech-Minen zwischen einem Panzer und einem Schulbus unterscheiden können. ... Die Problematik der Landminen darf nicht auf eine Frage der Technologie verkürzt werden. Wir halten langfristig ein generelles Verbot dieser Waffengattung für notwendig."

Die hilflose Reaktion von Daimler-Benz
Als Reaktion auf die Proteste gegen die Minenproduktion behauptete Daimler-Benz, daß die Panzerabwehrrichtminen gar keine Minen seien, sondern "Produkte im Programm (...), die den Beinamen Mine führen und trotzdem nicht unter dem Begriff Landmine oder Mine subsumiert werden dürfen."

Eine Daimler-Mine ist keine Mine, sie heißt nur so. Offensichtlich versucht Daimler-Benz die Minenproduktion im eigenen Hause mit "definitorischen Maßnahmen" zu verschleiern und so drohendem Imageschaden vorzubeugen. Der Versuch wirkt hilflos und wenig überzeugend. Denn das Minenprotokoll der Vereinten Nationen vom 3. Mai 96 definiert "Landminen" wie folgt: "Landmine meint eine Munition, die unter, auf oder nahe des Erdbodens plaziert und so konstruiert wird, daß sie durch die Gegenwart, Nähe oder den Kontakt eines Menschen oder eines Fahrzeugs explodiert." Genau diese Eigenschaften zeichnen jedoch die PARM aus. Zweifellos handelt es sich also um eine Mine.

Gute Gründe sprechen gegen "intelligente" Daimler-Minen:
- Nicht nur die veralteten Anti-Personen-Minen, auch "intelligente" Minen bedrohen die Zivilbevölkerung und töten Menschen.

- Intelligente Minen können mit einem Aufhebeschutz ausgestattet werden. Bei "unsachgemäßer" Berührung der Mine explodiert ein daran angebrachter Sprengkörper. Spielende Kinder werden in höchste Gefahr gebracht.

- Daimler-Benz hat die Minenproduktion in ein deutsch-französisches Gemeinschaftsunternehmen (Joint-venture), die TDA/TDW, eingebracht. Dieser geschickte Schachzug wirkt sich für Daimler-Benz in zweifacher Hinsicht positiv aus. Zum einen läßt sich damit die Verwicklung des Unternehmens in die Minenproduktion trefflich verschleiern. Zum anderen lassen sich die Exportchancen der Minen drastisch erhöhen. Sofern die Endmontage in einem französischen TDW-Werk stattfindet, kann Daimler die Minen nach den laxen französischen Rüstungsexportbestimmungen exportieren.

Solange ein Weltkonzern wie Daimler-Benz nicht auf die Produktion von intelligenten High-Tech-Minen verzichtet, werden auch die Produzenten der besonders grausamen, billigen Anti-Personen-Minen in der Zwei-Drittel-Welt nicht zum Verzicht auf die Minenproduktion bereit sein. Die Caritas international hat zu diesem Problem im September 1995 erklärt: "Die armen Länder werden einer Regelung über die alleinige Nutzung intelligenter Minen nicht zustimmen, weil es auf diese Weise zu einem High-Tech-Monopol der industrialisierten Staaten (im Minenbereich) kommen würde." Die unbefriedigenden Ergebnisse der Verhandlungen über eine verschärfte UN-Minenkonvention im Frühjahr 1996 in Genf haben dieser Einschätzung nachträglich Recht gegeben.

Aktiv werden gegen Daimler-Minen!
Die Kampagne will den Druck auf Daimler-Benz zur Beendigung der Minenproduktion mit ganz unterschiedlichen, aber gewaltfreien Aktionen steigern. Dem Daimler-Benz Konzern hat die Kampagne von Anfang an einen Dialog über die Beendigung der Minenproduktion angeboten.

Der Trägerkreis der Kampagne hat in den letzten Monaten 110.000 Protestpostkarten an Daimler-Chef J. Schrempp verteilt. In den nächsten Wochen geht die Postkartenaktion in die zweite Runde: "Sehen Sie Ihren Mercedes mit anderen Augen", so lautet der Titel einer neuen dreiteiligen Falt-Postkarte, mit der die Fahrer von Mercedes-PKW "ihr" Unternehmen zum Ausstieg aus der Minenproduktion auffordern können. In der "Aktion Scheibenwischer" werden die Aktiven der Kampagne diese Karte Mercedesfahrzeugen unter die Scheibenwischer klemmen.

Friedensgruppen organisierten in ganz Deutschland in den Friedenswochen Mahnwachen vor Daimler-Benz-Niederlassungen und in den Fußgängerzonen. Am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember, findet in Stuttgart eine Lichterkette gegen Daimler-Minen statt.

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Stefan Schneider ist Referent für Friedensarbeit bei der Pax Christi Bistumsstelle Rottenburg-Stuttgart.