Deutsche Minenindustrie

von Rainer Kahrs
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Wer sich an einem Tag, der ohnehin versaut ist, das zweifelhafte Ver­gnügen auferlegt, die Patentschauen der wehrtechnischen "Fach"­zeitschriften durchzusehen, stößt sofort auf das Thema "Minen". Da ist dann von "intelligenten Minen" die Rede und von "Minenkampf­systemen", dann von Minen, die "schwer detektierbar sind, von "Flächenverteidigungsminen mit vergrößertem Wirkungsfeld" und von "auf Räummaßnahmen und natürliche Ereignisse unempfindlich reagierende Minen". Die Erfindernamen sind Kroschel oder Heinemeyer oder Rüdiger und sie wechseln. Die Firmennamen aber, für die die Er­finder erfinden, bleiben immer dieselben: Rheinmetall, Dynamit Nobel, Diehl, MBB.

In Deutschland werden Landminen er­forscht, entwickelt und produziert. Es gibt mehrere Großforschungen für Mi­nenkampfsysteme "der Zukunft", wie zum Beispiel das Minenkampfsystem "David 2000" (vermutlich der Gegen­part zu Goliath).

Die erste Adresse

Dynamit Nobel ist nicht nur in der Forschung, Entwicklung und Produktion von Minen die "erste Adresse", auch in der Detektion und Entschärfung von Minen will sich die Firma einen Namen machen. Gemeinsam mit dem Rü­stungskonzern Rheinmetall üben sich die Troisdorfer auf einem riesigen und militärisch abgesicherten Areal bei Lü­neburg im Aufspüren und Entschärfen von vorher gelegten Minen.

Die zu 33,33% zu Dynamit Nobel gehö­rende holländische Firma Eurometaal stellt sogenannte Springminen, die in der Höhe von einem Meter explodieren und das Opfer zerreißen, her.

Die zweite Adresse

Mindestens die zweite Adresse in der Minenproduktion ist die bayrische im Familienbesitz befindliche Firma Diehl. Diehl produziert eigene Minen und ist an mehreren laufenden Minenprogram­men beteiligt. Darüber hinaus liefert die zu Diehl gehörende "Uhrenfirma" Junghans mechanische und elektroni­sche Zünder für Minen. Junghans ar­beitet in diesem Bereich eng mit Ho­neywell Deutschland zusammen.

50% hält Diehl auch an der bayrischen RTG (Raketen Technik Gesellschaft). Die andere Hälfte der Anteile an RTG hält MBB, also Daimler Benz. RTG produziert alle möglichen Arten von Minen. Verkaufsschlager ist u.a. die Mine "MUSA", eine Mine mit "Splitterladung zur Bekämpfung halb­harter Ziele". (Eigenwerbung RTG). Schließlich gehört zu Diehl die Bremer­havener Firma Comet, die Räumgeräte für Landminen entwickelt und produ­ziert. Diehl kann also beides liefern: zunächst die Minen, dann das Räumge­rät.

Weitere Adressen

Auch die Düsseldorfer Firma Rheinme­tall ist Mitglied in der deutschen "Minenmafia". Rheinmetall liefert u.a. für die erwähnte Splittermine "MUSA" von RTG die Submunition, das Tochter­unternehmen Nico-Pyrotechnik stellt Minensysteme für den Trainingsbereich her.

Der Daimler Benz Konzern macht ebenfalls Geschäfte mit Minen: Wäh­rend in den minenverseuchten Gebieten Kurdistans Minensuchtrupps mit alter­tümlichen Gerät auf die lebensgefährli­che Suche nach Minen gehen, hat sich die zu DASA gehörende Firma CMS mit Sitz in den USA einen 134 Mio $ US-Auftrag an Land gezogen. Auftragsge­genstand: Die Entminung des "Sektors 2" südlich und südwestlich von Kuweit City.

In der ehemaligen DDR produzierten of­fensichtlich die Firmen VEB Chemie­werk Kapen (heute Dessora Industrie­park, Dessau) sowie die Sächsische Kunststoffverarbeitung Minen und Teile für Minenzünder.

In den sehr detaillierten Listen der NVA-Bestände tauchen Minen nicht be­sonders ausgewiesen auf. Gerüchte, nach denen auch Minen aus NVA-Be­ständen exportiert worden sind, haben sich nach unseren Informationen bisher nicht bestätigen lassen.

Rainer Kahrs

 

Länder, die Landminen- und gegen Perso­nen gerichtete Minen produzie­ren

 

Ägypten     Niederlande

Argentinien Österreich 

Belgien     Pakistan   

Brasilien   Polen

CSFR  Portugal   

Chile Rumänien   

China Singapur   

Dänemark    Spanien    

Deutschland Schweden   

Frankreich  Schweiz    

Großbritannien    Südafrika  

Indien      Taiwan     

Israel      Türkei     

Italien     Ungarn     

Japan UDSSR/GUS  

Jugoslawien USA  

Kanada      Vietnam    

 

Quelle: Janes Military Vehicles and Logistics 1990

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Rainer Kahrs arbeitet bei der BUKO Kampagne "Stoppt die Rüstungsexporte" in Bremen.