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Die Bundeswehrverwaltung stören?!
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Jährlich werden zwischen drei- und fünfhunderttausend Jugendliche erstmals durch die Militärverwaltung geschleust. Hinzu kommt das Verwalten von mehreren hunderttausend "Altfällen". Die Militärverwaltung hat also viel zu tun. Sie könnte noch viel mehr zu tun haben, wenn sie konsequent behindert, gestört und getäuscht würde. Denn genauso wie die Militärs benutzen die Bundeswehrverwalter die militärischen Mittel der Täuschung und der Lüge. Warum also sollen ihre Opfer allzeit ehrlich und überdies gehorsam sein?
Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Wehrpflicht ab, und immer mehr wollen drastische Abrüstungsmaßnahmen. Die meisten Wehrpflichtigen jedoch wehren sich nicht gegen die vorbereitenden Maßnahmen zur Einberufung. Selbst die Kriegsdienstverweigerer lassen gedankenlos die Erfassung, die Musterung und manchmal gar die Eignungs- und Verwendungsprüfung über sich ergehen. Jeder aber kann sich wehren, seine eigene Würde verteidigen und eine kleine Abrüstungsmaßnahme einleiten. Eine breite Verweigerungswelle könnte die Rekrutierungskosten drastisch in die Höhe treiben.
Nehmen wir z. B. die Erfassung. Mit Hilfe der Erfassungsdaten werden die Wehrpflichtigen vorsortiert und nach dem Zeitpunkt Einberufbarkeit bearbeitet. In Berlin reagierte über die Hälfte des ersten Jahrganges nicht auf die zugeschickten Erfassungsbögen. Die Erfassungsbehörde verschickte Mahnungsschreiben, doch auch hierauf meldeten sich nur wenige. Wer nun erwartete, daß die Behörden zu Zwangsmitteln greifen, der irrte sich: Aufgrund der hohen Erfassungsverweigererzahl wurde auf Sanktionen verzichtet, stattdessen auf die weniger informativen Datensätze der Meldebehörden zurückgegriffen ("Zwangserfassung"). Wegen fehlender Informationen, welche Ausbildungen wann begonnen und beendet wurden, schlug die Vorsortierung fehl. Das volle Debakel offenbarte sich aber erst bei der Musterung, denn hier ist die faktische Anwesenheit der Wehrpflichtigen bei der Musterung vonnöten - und ohne Musterung kann nicht einberufen werden. Das machten sich diese zunutze: Zunächst wurden ihnen Ladungen zur Musterung per Postkarte geschickt. Es folgten Briefe mit Bußgeldandrohungen, unfreundlichere Drohbriefe und dann Einschreiben. Die beantworteten die Betroffenen mit zahlreichen Entschuldigungsgründen, worauf wieder einfache Briefe kamen, die antimilitaristisch verlorengingen. Deshalb folgten niedergelegte Schriftstücke, die jedoch wieder nur zu Entschuldigungen führten. Die Kreiswehrersatzämter warteten mit einer neuen Methode auf und boten zuerst wochenweise, später sogar monatsweise ihren Musterungsdienst an. Diese Dauermusterungstermine erschreckten zunächst einige, doch bald war auch dieses Mittel entschärft: Der Wehrpflichtige läßt sich Zeit bis zur letzten Woche, und da bricht z. B. ganz plötzlich der Zahnschmerz aus, der genau den letztvorgeschlagenen Musterungstermin vernichtet. Da reichte es dem Kreiswehrersatzamt, es schickte "letztmalige Ladungen" mit Androhung der polizeilichen Vorführung. Aber, aber! Ein letztmaliger Termin ist im Gesetz nicht vorgesehen! Allerdings sollte nun qualifiziert entschuldigt werden, denn für juristische Überprüfungen der Vorführungsanordnung braucht es triftige Gründe. Panikartig versuchten die Kreiswehrersatzämter, mit waghalsigen Anordnungen der polizeilichen Vorführung dennoch ihr Ziel zu erreichen. In vielen Fällen mußten sie zunächst aufgeben, da die Verwaltungsgerichte die Entschuldigungen anerkannten. Die Polizei mußte sich zurückziehen, das Spiel von vorne beginnen. Tausende aus jedem Jahrgang beteiligten sich an diesem Spielchen. Die Militärs wiegelten vor der Presse ab, konnten aber die ersten Einberufungen erst mit einundeinhalbjähriger Verspätung vornehmen. Inzwischen waren die nacherfassten Jahrgänge 1968 bis 71 hinzugekommen, die sich noch vehementer als die jüngeren Jahrgänge wehrten, und nur so gelang die völlige Befreiung des Jahrgangs 1968, der ursprünglich ebenfalls eingezogen werden sollte. Momentan wird hauptsächlich um die Jahrgänge 1969 bis 71 gekämpft. Alle 69er, die sich wehren, werden sich befreien können, und auch die 70er und 71er haben gute Chancen.
Die Musterungsverweigerung verursacht viel Arbeit, das Personal der Wehrbehörden muß aufgestockt werden, was extreme Kosten verursacht. Auch die Kosten für die Postzustellung, Amtshilfeersuchen an die Polizei und juristische Überprüfungen belasten den Militärhaushalt. Sie werden aber von der Allgemeinheit zwangsweise mitgetragen. Auch deswegen kann durch massenhafte Behinderungen des Rekrutierungsprozesses der stetig sinkende Rückhalt der Bundeswehr in der Bevölkerung eindrucksvoll verdeutlicht werden.
Gerade die Kriegsdienstverweigerer sollten überlegt handeln, kein ernsthafter Kriegsdienstverweigerer sollte sich dem Militär unterwerfen, um erst dadurch die Berechtigung zur Kriegsdienstverweigerung zu erhalten. Nicht jeder kann und will total verweigern, aber jeder kann wenigstens die Erfassung boykottieren und die Musterung und die Eignungs- und Verwendungsprüfung verweigern.
Diese Verweigerungshandlungen sind - wenn nachgewiesen! - keine Straftaten sondern lediglich Ordnungswidrigkeiten, also für das spätere Berufsleben folgenlos. Das Risiko einkommensangepaßter Geldbußen ist allerdings in Kauf zu nehmen.
Sicher ist, daß der Zivile Ungehorsam deutliche Wirkungen zeigt. Würde es gelingen, alle Kreiswehrersatzämter zu überlasten, würde das die Diskussion um die Abschaffung der Wehrpflicht stark befördern und am Image der Bundeswehr kratzen.