Die Proliferation an der Quelle stoppen!

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Die Herstellung und die Verwendung von spaltbarem Mate­rial verbieten

In den letzten 50 Jahren ist so viel spalt­bares Material produziert worden, um etwa 100.000 Atomwaffen zu bauen. Das ist das Ergebnis des atomaren Wettrüstens und dem Werben der Ato­mindustrie für die Verwendung von waffentauglichem Material als Brenn­stoff in »zivilen« Stromreaktoren.

Die Proliferation von Atomwaffen wäre nicht möglich gewesen, wenn ein Ver­bot bestünde, Plutonium und hoch ange­reichertes Uran zu produzieren bzw. an­zureichern. Der Atomwaffensperrver­trag hat aber die Produktion von Atom­waffenmaterial in den Atomwaffen­staaten stillschweigend gebilligt und die kommerzielle Erzeugung des gleichen Materials ausdrücklich gefördert, indem er die »zivile« Entwicklung der Atom­energie zum Ziel erhob (Artikel IV).

Obwohl Artikel I den Atomwaffenstaa­ten verbietet, anderen Parteien die Mit­tel zum Bau von Atomwaffen zur Ver­fügung zu stellen, haben alle Atomwaf­fenstaaten Ländern ohne Atomwaffen­status zu Plutonium oder hochangerei­chertem Uran verholfen. Die explizit positive Haltung des NPT gegenüber der Atomenergie bedeutet, daß diese Mate­rialien trotz IAEA-Kontrollen verbreitet werden können, wenn sie nur mit dem Etikett »zivil« versehen sind.

Ein wirkliches Non-Proliferationsre­gime muß daher die Herstellung und Verwendung von Plutonium und hoch­angereichertem Uran generell und un­abhängig von ihrem Verwendungs­zweck verbieten. Ein umfassendes Ver­bot von spaltbarem Material hat auch Regelungen dafür zu treffen, daß dieses der Verfügungsgewalt einzelner Staaten entzogen und schnellstmöglich in eine Form umgewandelt wird, in der es für Atomwaffen unbrauchbar und die Um­welt vor ihm geschützt ist.

Gegenwärtige Verhandlungen über ein Verbot von spaltbarem Material

Im Dezember 1993 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Natio­nen die Resolution 48/75L. Diese ver­langt von der Genfer Abrüstungskonfe­renz, einen "nicht-diskriminierenden, multilateralen und international verifi­zierbaren Vertrag" auszuhandeln, der "die Herstellung von spaltbarem Mate­rial für Atombomben und andere ato­mare Sprengsätze verbietet".

Die Atomwaffenstaaten und die weni­gen Nationen, die am Brennstoff-Kreis­lauf für Plutonium beteiligt sind, versu­chen, die Gespräche auf solches Mate­rial einzugrenzen, das eigens für Waffen hergestellt wird. Doch ein Produktions­verbot für spaltbares Material, das nur die Plutonium- und HEU-Erzeugung der Militärs stoppte, könnte nicht verhin­dern, daß die vorhandenen »zivilen« Vorräte später für Waffen verwendet werden.

Hinzukommt, daß Staaten mit einer mächtigen privaten Atomindustrie pro­pagieren, auch die »zivile« Produktion von waffentauglichen spaltbaren Mate­rialien aus den Gesprächen auszuklam­mern. Unterbleibt eine Regelung des Problems der anwachsenden »zivilen« Plutonium- und HEU-Bestände, die zweifelsohne für Atomwaffen verwen­det werden können, so hätte dies ein höchst unwirksames Verbot zur Folge. Non-Proliferation und Verfizierungen wären unmöglich, da waffentaugliches Material ständig im Umlauf sein bzw. verwendet werden würde. Entsprechend einfach wäre es für den Bau von Atom­waffen zu beschaffen. Ein solches Her­stellungsverbot würde vielleicht den politischen oder wirtschaftlichen Inter­essen einiger Staaten dienen, ganz be­stimmt aber nicht dem Anliegen der Nicht-Verbreitung von Atomwaffen.

Schlussfolgerungen

Um rasch ein wirkliches Non-Prolifera­tionsregime aufzubauen, muß die inter­nationale Gemeinschaft in verbindliche Verhandlungen über ein umfassendes Verbot von spaltbarem Material eintre­ten, das unverzüglich die Wiederaufbe­reitung von Plutonium, die Anreiche­rung von hochangereichertem Uran und beider Verwendung untersagt.

Um dies zu erreichen, muß sich die in­ternationale Gemeinschaft - unter voll­ständiger Beteiligung betroffener Be­völkerungen - ihrer gemeinsamen Ver­antwortung dafür bewusst werden:

-     daß vorhandenes Plutonium und HEU einem Kontrollregime und Si­cherheitsauflagen unterstellt wird, de­ren Bedingungen in künftigen inter­nationalen Vereinbarungen festgelegt werden;

-     daß die Kontrolle sämtlicher Pluto­nium- und HEU-Bestände der recht­lichen oder materiellen Verfügungs­gewalt einzelner Staaten oder regio­naler Staatenbündnisse entzogen und einer unabhängigen internationalen Aufsicht unterstellt wird;

-     daß der Transport dieser Materialien nur zu dem Zweck erlaubt wird, daß sie in sichere Verwahrung unter in­ternationaler Kontrolle gegeben wer­den, und nur dann, wenn es mit der Zustimmung der Öffentlichkeit und unter den strengsten und gründlich­sten Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der allgemeinen Gesundheit und der Umwelt geschieht;

-     daß das Material von der Umwelt isoliert und zugleich für jede Ver­wendung unbrauchbar gemacht wird; unter solchen Bedingungen wäre es solange zu lagern, bis bessere Me­thoden zum Schutz der Umwelt und der Weltsicherheit gefunden sind.

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