Büchel

Die Strafprozesse wegen gewaltfreier Aktionen

von Martin Otto
Schwerpunkt
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Über einzelne Fälle hat das FriedensForum immer wieder berichtet. Hier soll ein Überblick über die Prozesse gegeben werden.

Die "Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen – GAAA" (seit 1997), verschiedene "atomwaffenfrei"-Kampagnen (seit 2013), die Initiativen "büchel65" und "FriedensfreundInnen" (2015), eine Gruppe des  "Jugendnetzwerks für politische Aktionen – JunepA" (2016) und einzelne AktivistInnen haben zusammen mehr als 80 Aktionen des Zivilen Ungehorsams aus Protest gegen die Atombomben von Büchel unternommen.

Etliche Male sind Leute angeklagt worden und vor Gericht erschienen, weil sie an solchen Aktionen  teilgenommen hatten.

Welche Aktionen wurden angeklagt?
Verbreiten von Flugblättern (19x), Go-Ins mit und ohne Aufschneiden des Militärzauns (13x), Bewerben von Aktionen des Zivilen Ungehorsams auf Homepages (2x), Sitzblockade mit Anketten (1x), Aufschneiden des Militärzauns ohne Go-In (1x).

Übrigens: Sitzblockaden ohne Anketten gab es in Büchel mehr als 55, und es wurden deswegen auch etliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Aber die wurden alle eingestellt, bevor es zu Strafbefehlen oder Anklageschriften kommen konnte.

Wie viele Male waren bisher Leute wegen solcher Aktionen im Gefängnis?
Zehnmal. Davon waren vier Freiheitsstrafen ohne Bewährung (zwischen 27 und 49 Tagen) und sechs Ersatzfreiheitsstrafen (zwischen 4 und 8 Tagen). Letztere wurden verhängt, weil die Verurteilten sich geweigert hatten, ihre Geldstrafen zu bezahlen. Die nächste Ersatzfreiheitsstrafe wird der Verfasser dieser Zeilen voraussichtlich im Frühjahr oder Sommer 2018 anzutreten haben.

Wie viele AktivistInnen sind inhaftiert worden?
Sieben. Drei von ihnen waren jeweils zwei Mal im Knast.

Wie viele Strafbefehle gab es bisher wegen gewaltfreier Büchel-Aktionen?
Bis zum Februar 2018 mindestens 54. Neun davon wurden rechtskräftig, das heißt: In diesen neun Fällen gab es Verurteilungen ohne Gerichtsverhandlung.

Und Anklageschriften?
Wegen mindestens 37 Aktionen wurden von der Staatsanwaltschaft Anklageschriften bei Gericht eingereicht (Stand Februar 2018).

Wie viele Atomwaffen-Gegner*innen waren von diesen Strafbefehlen und Anklageschriften betroffen?
67.

Wie viele rechtskräftige Freisprüche gab es hierbei?
Sieben. Dazu kamen zwei rechtskräftige Verfahrenseinstellungen ohne Gerichtsverhandlungen, obwohl Strafbefehle ergangen waren, sowie acht Rücknahmen von Anklageschriften durch die Staatsanwaltschaft.

Und rechtskräftige Verurteilungen?
55. Davon sechs zu Freiheitsstrafen (wobei zwei Mal je zwei Strafen zusammengezogen wurden, so dass es "nur" vier Inhaftierungen auf Grund von Freiheitsstrafen gab).

Gab es auch Begnadigungen?
Zwei. Eine wegen einer Geldstrafe, und bei der anderen hatte der Aktivist bereits 27 Tage im Knast "gesessen".

Gab es auch Hausdurchsuchungen?
Zwei. Beide Male wegen Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. Beim ersten Mal wurden ein Computer, mehrere Ordner, Plakate und T-Shirts beschlagnahmt. Nachdem beim zweiten Mal Flugblätter mit einem Aufruf zur Befehlsverweigerung beschlagnahmt worden waren, entschied ein Gericht, die Beschlagnahme sei nicht rechtmäßig gewesen.

In welchen Gerichten wurden die angeklagten Aktionen verhandelt?
Amtsgericht Cochem (27 Verhandlungstage, Stand Februar 2018), Landgericht Koblenz (13 Tage), Oberlandesgericht Koblenz (2 Verhandlungstage plus 11 weitere Revisionsentscheidungen ohne mündliche Verhandlung), Amtsgericht Koblenz (1 Tag), Amtsgericht Tübingen (1), Amtsgericht Ludwigsburg (1), Amtsgericht Leonberg (1), Landgericht Stuttgart (1), Verwaltungsgericht Koblenz (4 Verhandlungstage plus 1 Entscheidung ohne mündliche Verhandlung).

Und im Bundesverfassungsgericht?
Dort wurde noch nicht wegen Aktionen in Büchel verhandelt, obwohl schon dreimal Verfassungsbeschwerden durch rechtskräftig verurteilte Go-In-AktivistInnen eingelegt wurden. Jedes Mal entschied "Karlsruhe", sich wegen mangelnder Erfolgsaussichten inhaltlich nicht mit den Beschwerden befassen zu wollen.

Ebenso erging es einem anderen Aktivisten, der schon vor seiner Verurteilung eine Verfassungsbeschwerde gegen einen rechtskräftigen Beschluss eingelegt hatte. Mit dem Beschluss war die Beschlagnahme seiner Flugblätter für rechtmäßig befunden worden war.

Wer mehr zum Thema "Büchel und Justiz" lesen will, sehe sich die Menüpunkte "Chronik" und "Aktuelles" auf der Internetseite "gaaa.org" an.

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