Ein gutes Geschäft: Der Iranisch- Irakische Krieg

Die bundesdeutsche Öffentlichkeit geht mit dem "Krieg am Golf“ genauso um, wie sie es früher mit dem Vietnam-Krieg oder mit den Bürgerkriegen in Lateinamerika umzugehen pflegte: Sie ist schockiert über die jeweils gemeldeten Grausamkeiten (die von vor zwei Jahren sind hingegen meist vergessen), gestopft mit Pauschalurteilen und Sympathien für die eine oder andere Seite, als ob es um ein Meisterschaftsspiel im Fußball ginge und vor allem mit dem guten Gewissen des anständigen Bürgers, der "mit diesen Wahnsinnigen dort" ja glücklicherweise nichts zu tun hat. Die USA "Schützen unsere Rohstoffe", "unsere Jungs" entlasten sie dafür im Mittelmeer, "die Mullahs" schicken Kinder in den Krieg und zwingen die Frauen, Schleier zu tragen - da kann sich jede Frau hier so richtig frei fühlen-, der Irak wirft Giftgas, die Städte werden bombardiert und Tanker beschossen und den USA passieren schon manchmal Mißgeschicke wie der Abschuß eines Passagierflugzeugs Anfang Juli. Schlimm, das alles, aber wir haben ja nichts damit zu tun.

Darauf gibt es nur eine Antwort:

Doch, wir haben damit zu tun. Die Bundesrepublik ist, wie etliche andere Industrie- und Schwellenländer, über Rüstungsexporte an beide kriegführende Staaten an dem Krieg direkt beteiligt. Offiziell natürlich nicht, schließlich ist es verboten, Waffen an Spannungsgebiete zu liefern. Aber es gibt genügend Wege, diese Vorschrift zu umgehen.

Die Methoden

Die beliebteste Methode ist es, Rüstungsgüter als Zivilgüter zu deklarieren, was das Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn, das für die Kontrolle der Exportbestimmungen zuständig ist; immer gerne glaubt. So können dann z.B. vierhundert mit Tarnfarbe gestrichene und mit einer als "Belüftungsklappe" bezeichneten Schießluke versehene Panzertransporter der Fa. FAUN und die dazugehörigen Auflieger der Fa. Blumenhardt 1982 an den Irak verschifft werden. Insgesamt sind aus der BRD von 1981 bis 1985 "zivile" Fahrzeuge im Wert von mehr als 6,3 Mrd DM an den Irak und für mehr als 6,1 Mrd DM an den Iran geliefert worden (J.Reents, "Wer braucht, der kriegt", in Konkret 1/87).

Ein zweiter erprobter Weg ist die Lieferung über Drittländer. So gelangten z.B. 1984 sechs Hubschrauber der Firma MBB über den Umweg Österreich in den Irak.

Weitere häufig praktizierte Möglichkeiten sind die der Zusammenarbeit mit ausländischen Firmen, die dann die Geräte liefern oder die Lizenzvergabe an solche Unternehmen. Zum Beispiel verkaufte die französische Firma Euromissille, die zur Hälfte MBB gehört, dem Irak 150 Roland - Flugabwehrsysteme für 4 Mrd DM (Spiegel vom 21.11.83). Zu den an Iran oder Irak gelieferten Rüstungsgütern gehören u.a. verschiedene Militärfahrzeuge (Laster, Unimogs, Zugmaschinen, Tieflader), Panzer und Panzertransporter, Hubschrauber, Exocet - Raketen, Flakabwehrraketen, Sprengstoff und Munition, elektronische Ausrüstungen und Laboranlagen für Pestizide, sprich Giftgas. Außerdem haben Dornier und Krupp Atlas Elektronik 1983 und 1986 Angehörige der irakischen Armee in ihren Produktionsstätten ausgebildet; die Carl - Duisberg - Gesellschaft und die Bundeswehrhochschule erteilten Nachhilfeunterricht.

Internationale Interessen

Das internationale Milliardengeschäft "Golfkrieg" ist natürlich nur einer der Hintergründe, aus denen dieser Krieg, der bereits über eine Million Todesopfer gekostet hat, sich am 23. September zum achten Male jähren dürfte. Die direkten Kriegsgründe für den Angriff des Iraks auf den Iran waren der Streit um irakische Hoheitsrechte an der Grenze zum Iran, die Herrschaft über den Schatt - El Arab (die Flußmündung des persisch-arabischen Golfes) und die Rückgabe von drei Inseln in der Straße vom Hormuz, die der Iran 1971 annektiert hatte. Außerdem wird wohl zu Recht vermutet, daß es dem Irak um die Eroberung der iranischen Provinz Chusistan an der Grenze zum Irak ging, in der 90 % des iranischen Erdöls gewonnen wird. Erdöl ist auch das Stichwort, ohne dass der politische Ringelreihen der Großmächte um den Krieg am Golf nicht zu verstehen ist. Beide Großmächte scheinen daran interessiert zu sein, das gegenwärtige Kräftegleichgewicht am Golf zu bewahren - weder der sozialistische Irak noch der fundamentalistische Iran dürfen, geht es nach den internationalen Interessen, die wesentlich durch die Sicherung von Rohstoffen bestimmt werden, den Krieg mit einem eindeutigen Vorteil beenden. Und da er ein gutes Geschäft ist, bräuchte er, geht es nach diesen Kräften, überhaupt nicht so bald beendet zu werden. Diverse UNO-Resolutionen, zuletzt die des Sicherheitsrates vom 20. Juli 1987, haben bislang nichts bewirkt. Oder wie verträgt sich die Zustimmung der Vereinigten Staaten mit dem Paragraph fünf der Resolution:

"(Der Sicherheitsrat) fordert alle anderen Staaten auf, größte Zurückhaltung zu üben und alles zu unterlassen, was zu einer weiteren Eskalation und Ausweitung des Konfliktes führen kann"?

Es handelt sich bei diesem Krieg, in dem jeder jeden unterstützt, nicht um einen klassischen Stellvertreterkrieg. Sehr informativ ist hingegen die US - Studie "Discriminate Deterrence",  in der u.a. dargelegt wird, daß die USA in Zukunft mehr Gewicht auf die sog. "Konflikte niedriger Intensität" legen sollten, also solche Konflikte, die unterhalb der Schwelle der Entsendung eigener Truppen bleiben. Neben anderen Methoden gehören dazu auch die Belieferung der kriegführenden Parteien mit Kriegsmaterial und kriegswichtigen Informationen, was beides seit Jahren praktiziert wird. US-Geheimdienste versorgten je nach Kriegserfolg stärker den Iran oder den Irak mit Informationen über die militärische Stärke des Gegners, mit Satellitenaufnahmen und ähnlichem, wobei man auch vor gezielten Falschinformationen nicht zurückschreckte. Wird dieser Krieg erst dann zu Ende sein, wenn er kein profitables Geschäft mehr ist? Selbst falls dies so sein sollte, könnten wir in der BRD einiges zum Kriegsende beitragen, wenn wir die beteiligten bundesdeutschen Firmen und Institutionen in die Verantwortung nehmen.

Quellen: "Der profitable Krieg: Iran Irak", BUKO-Kampagne STOPPT DEN RÜSTUNGSEXPORT, März 1987

"Iran/Irak: Kampagne gegen den Golfkrieg", Graswurzelrevolution 119, 1987, s. 4ft

 

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt