Dankgottesdienst und Matinee zu Hildegard Goss-Mayrs 90. Geburtstag

Ein Leben im Dienst des Friedens

von Martin Arnold

Für die „Grand Old Lady of Nonviolence“, wie der Friedensforscher Reiner Steinweg sie nennt, gestaltete der Internationale Versöhnungsbund – Österreichischer Zweig – (ÖVB) am 15. Februar 2020 in der Wiener Pfarrkirche St. Josef Sandleiten eine würdige, bewegende Feier. Der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler, der für Pax Christi Österreich zuständig ist, hob in seiner Predigt (1) zur Feldrede Lukas 6,27-36 den Anfangssatz hervor: „Jesus sprach zu denen, die ihm zuhörten“. Menschen, die zuhören, die ihre Ohren und Augen nicht verschließen vor den Realitäten der Welt, an diese Menschen richtet Jesus, so der Bischof, die zu dieser Wirklichkeit gehörende Botschaft „Liebet Eure Feinde!“ Gott „pumpt … unablässig neuen Mut in unsere Adern – Langmut, Großmut, Demut und Sanftmut! … [Gehen] wir mit den großen Vorbildern, zu denen zweifelsohne auch Frau Goss-Mayr zu zählen ist, einen Weg der Sanftmut im Engagement für mehr Gerechtigkeit in unserer Welt.“

Die anschließende Matinee wurde von Flöten-, Geigen- und Gitarrenmusik und gemeinsamen Liedern schön bereichert. In einem Überblick über Stationen ihres Lebens wurden u.a. die Länder gezeigt, wo sie zusammen mit ihrem Mann Jean Goss wirkte.

Der Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel war mit einem Video-Grußwort präsent. Weitere Grußworte sprachen Heinz Spindler, Vorsitzender des ÖVB, Christian Renoux für den Internationalen Versöhnungsbund, dessen Ehrenpräsidentin die Jubilarin seit vielen Jahren ist. Ich grüßte aus Deutschland und hob hervor, dass sie stets auf die innere Haltung hinwies, von der die Methoden getragen sein müssen, damit gewaltfrei-gütekräftiges Vorgehen stark ist. Hubert Mayr, der Biograph von Hildegards Vater Kaspar Mayr (nicht verwandt), wies auf den geistigen Reichtum in dieser Familie sowie auf die Berufungen zum Friedensengagement hin: Dem Vater erwuchs diese Entschiedenheit aus seiner Front-Erfahrung im Ersten Weltkrieg, dem französischen Ehemann Jean kurz vor seiner Gefangennahme im Zweiten Weltkrieg und Hildegard nach diesem furchtbaren Geschehen. Lucia Hämmerle vom ÖVB-Büro überreichte ihr ein Buch mit Grüßen vieler Wegbegleiter*innen aus der ganzen Welt.

Mit fester Stimme sprach Hildegard Goss-Mayr, die Trägerin zahlreicher Ehrenpreise und viermal zum Nobelpreis Vorgeschlagene ein bewegendes Dankeswort: „… dass wir nicht nachgeben werden, in der Gegenwart das Zeugnis der Befreiungskraft der Gewaltfreiheit Jesu zu wirken, dort, wo wir hingestellt sind, jeder auf seinem Lebensweg, jeder nach den Möglichkeiten, die ihm gegeben sind. … Bleibt dran! Bleibt mutig! Gebt nicht nach! … Mögen wir wach und offen bleiben für die dringenden Probleme und das Unrecht in der Welt. Mögen wir dort, wo wir hingestellt sind, uns bemühen, Konflikte friedlich zu lösen und Wege der Vergebung und Versöhnung zu öffnen! Dafür ist uns die Liebesbotschaft Gottes geschenkt.“

In der freien und liebevollen, geradezu friedensschwangeren Atmosphäre, die ich auch heute wieder beim ÖVB erlebte, rundeten viele gute Gespräche bei vegetarischer Kost das schöne Treffen ab. Ich konnte der Hochbetagten einige persönliche Grüße von Freund*innen übermitteln, und ihr mit Freude von ihrem Analyse-Dreieck in dem Buch von Meike Maser-Plag „Bürgerinitiativen bewegen – Ein Leitfaden für die Praxis“ (erscheint bei Oekom) erzählen.

Der neue Film „Ein verborgenes Leben“ über den Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter, der im Zweiten Weltkrieg hingerichtet und inzwischen seliggesprochenen wurde, findet mit ganzseitigen Beiträgen in ausländischen Zeitungen weltweit große Beachtung. Er fußt auf den Biografien von Erna Putz. Sie wies im kleinen Kreis darauf hin, dass von den drei Fassungen des Films die deutsch gespielte Version viel besser als die deutsche Synchronfassung ist.

Wer eine Veranstaltung mit dem Film plant, kann und sollte sich vorher über Franz Jägerstätter genauer informieren, weil der Film einiges historisch nicht richtig wiedergibt, zum Beispiel hat der Bürgermeister des Dorfes eine Denunziation nicht weitergereicht und den aufrechten Mann so eine Zeitlang schützen können. Nicht nur das vergriffene Buch „Franz Jägerstätter – besser die Hände gefesselt als der Wille“, sondern auch das Internet bieten gute Informationen. (2).

Ich bin dankbar für das erhebende, das Friedensengagement kräftigende Beisammensein.

Anmerkungen
1 Wortlaut : http://www.paxchristi.at/wp-content/uploads/2020/02/Goss-Mayer-90-predig...
https://www.dioezese-linz.at/site/jaegerstaetter/home/news/article/49676...

Ausgabe

Rubrik

Friedensbewegung international