Die Anti-Castor-Bewegung

Ein Lehrstück für Soziale Verteidigung

von Christine Schweitzer
Initiativen
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Wenn die diesjährige Mitgliederversammlung des Bundes für Soziale Verteidigung sich mit der Anti-Castor-Bewegung befasst, dann ist das nicht in "historischem" Sinne gemeint. "Historisch" ist diese Bewegung schon deshalb nicht, weil sich derzeit (Ende Januar 1999) überhaupt nicht absehen lässt, ob nicht tatkräftiger Widerstand gegen Atommülltransporte angesagt ist, um unsere Bundesregierung dazu zu bringen, trotz der Drohung mit Entschädigungsklagen in der Frage der Atommülllagerung hart zu bleiben. Aber der Bund für Soziale Verteidigung als Friedensorganisation verknüpft in erster Linie noch zwei weitere Interessen mit dieses Thema:

1. Wenn die Friedensbewegung sich den Herausforderungen stellen will, die sich durch die neuen militärpolitischen Entwicklungen ergeben (siehe den Schwerpunkt in diesem Friedensforum), dann muss es ihr gelingen, wieder Momentum als Bewegung zu finden. Die Anti-Castor-Bewegung hat in den letzten Jahren eindrucksvoll gezeigt, "wie sowas geht". Wie keiner Bewegung der letzten Jahre ist es ihr gelungen, konkrete und durchdachte politische Forderungen zu formulieren und durch entschlossene gewaltfreie Aktionen zu dokumentieren, dass sie nicht bereit ist, hinzunehmen, was die Politiker vorhaben.

2. Im Zusammenhang mit der Entwicklung und Propagierung von Alternativen zu Rüstung und Militär hat Soziale Verteidigung - verstanden als Verteidigung der Institutionen und Werte der (internationalen) Zivilgesellschaft mit gewaltfreien Mitteln - einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert. Zwar besteht derzeit kaum eine militärische Bedrohung Westeuropas, aber dafür gibt es genügend gewaltsame Krisen und Konflikte in anderen Teilen der Erde, von Südosteuropa bis Indonesien und Papua Neuguinea, vom südlichen Afrika bis Mexiko. Die Propagierung von gewaltfreien Methoden der Konfliktaustragung und die Unterstützung von Bewegungen in diesen Ländern, die nach Alternativen zu Krieg und Gewalt suchen, ist daher eine wichtige Aufgabe.
 

Gewiss: Zwischen Atommülltransporten und Bedrohung durch Bürgerkrieg liegen Welten. Aber trotzdem kann der Widerstand gegen Castor wertvolle Lehren dafür liefern, welche gewaltfreien Alternativen es bei "großräumigen" Konflikten gibt.

Programmauszug:

Freitag 5.3.99

19.00 Zum Zusammenhang von Atommüll-Lagerung und Sozialer Verteidigung (Dr. Barbara Müller, Wahlenau/Hunsrück)

Konkreter Widerstand im Rahmen von X-tausendmal quer: Dokumentar-Filmausschnitte /

Berichte von Beteiligten verschiedener Generationen /

Sammeln von Fragen und Prioritäten-Setzung

20.30 Wir feiern "10 Jahre BSV"

Sonnabend 6.3.99

9.00 Zur Entwicklung und Problemen der Anti-Castor-Bewegung (Silke Kreusel, Oldenburg)

Zu politischen Perspektiven dieser Bewegung (Jochen Stay, Lüchow-Jeetzel / Wendland)

11.00 Gespräche zum Thema in Kleingruppen

14.30 Parlamentarische Arbeit und Außerparlamentarische Opposition:

Widerspruch oder wechselseitige Verstärkung?

Streitgespräch mit VertreterInnen kontroverser Positionen

16.00 Arbeitsgruppen:

* Fortsetzung des Streitgesprächs

* Anti-Castor-Bewegung: Lehrstück für SV?

* Was ergibt sich für die politische Strategie des BSV?

17.00 Abschließendes Plenum: Offene Fragen

19.30 Beginn Mitglieder-Versammlung (die bis Sonntag-Mittag dauert)

Die Mitgliederversammlung findet im Haus Venusberg in Bonn statt. Information und Anmeldung: Bund für Soziale Verteidigung, Ringstr. 9 1, 32427 Minden, Tel 0571-29 456, Fax 0571-23 019, Email: BSV [at] bionic [dot] zerberus [dot] de

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Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.