La’Onf - Gruppe für Gewaltfreiheit

Eine Kraft für Frieden im Irak

von Terry Rockefeller Valerie Lucznikowska

„Bitte verbreitet die Nachricht: Es gibt nicht nur Gewalt im Irak, sondern da ist noch mehr: Menschen schaffen Frieden und bemühen sich um wirklichen Wandel. Heute arbeitet La’Onf inmitten der polarisierten und gefährlichen Gesellschaft des Iraks, wo man, wenn man von Widerstand spricht, angeklagt wird, Terroristen zu unterstützen und zu Gewalt aufzurufen. Aber wenn Du von Gewaltfreiheit sprichst, dann wirst Du beschuldigt, die Besatzung zu unterstützen. La’Onf versucht, einen dritten Weg zu schaffen mit seiner Überzeugung, dass Gewaltfreiheit ein Werkzeug ist, der Besatzung, Terrorismus und Korruption zu widerstehen.“ Ismael Dawud, Gründungsmitglied von La’Onf, der Irakischen Gruppe für Gewaltfreiheit

Es gibt heute im Irak eine wachsende Bewegung von BürgerInnen, die ein Ende der Gewalt, der Besatzung und Korruption durch gewaltfreie Mittel anstreben. La’Onf („Keine Gewalt“ in Arabisch) ist ein Zusammenschluss von Organisationen und Individuen, die zusammen gekommen sind, um Gewaltfreiheit als das effektivste Mittel zu propagieren, für einen freien, demokratischen und friedlichen Irak zu kämpfen.

La’Onf begann in 2005, als eine Gruppe von AktivistInnen in Bagdad sich die Frage stellte:„Kann Gewaltfreiheit ein Werkzeug des Wandels mitten in der Besatzung, Gewalt und Leiden sein?“ Als Antwort gründeten sie La’Onf und organisierten 2006 Trainings in Gewaltfreiheit. Bis 2007 bekamen sie so viele Trainingsanfragen, dass sie anfingen, TrainerInnen auszubilden, die im ganzen Irak Gruppen in Gewaltfreiheit unterrichten.

In den Jahren seit seiner Gründung wuchs La’Onf von einer kleinen Handvoll von Visionären zu einem Netzwerk von mehr als 100 irakischen Organisationen in allen 18 irakischen Provinzen. Die Mitgliedschaft besteht aus einer Vielfalt von Männern, Frauen und Jugendlichen der vielen ethnischen und religiösen Gruppen des Irak. Sie sind verbunden durch ihre Verpflichtung gegenüber Gewaltfreiheit und Versöhnung als dem besten Weg zum Aufbau eines friedlichen Iraks, der frei von fremder Besatzung ist.

Unter den führenden Mitgliedern von La’Onf gibt es viele inspirierende Aktivisten. Azam (die Familiennamen werden weggelassen, um die Beschriebenen nicht zu gefährden) ist ein Mitglied des La’Onf Koordinierungskomitees in Tikrit, der Provinz Salah ad-Din. Als Azam seinen Job als Major in Saddam Husseins Armee nach der US-Invasion verlor, begann er Recht zu studieren anstatt sich irgendeiner Miliz anzuschließen. Heute arbeitet er für die Verbreitung der Kultur von Gewaltfreiheit und Kooperation insbesondere bei Mitgliedern der irakischen Polizei und Armee.

Thawar, die Koordinatorin von La’Onf in Najaf, ist eine entschlossene Verfechterin von Frauenrechten. Sie ist Oberschullehrerin und spricht von den Verbindungen dazwischen, wie eine Gesellschaft ihre Kinder behandelt und die Art der Gewalt, die eine Gesellschaft erfährt.

Ayad aus der Provinz Ninawa nahm Teil an der Demonstration zum Internationalen Tag der Vermissten in Bagdad, die eine Untersuchung der Fälle der mehr als 250.000 Irakis forderte, die seit 1980 verschwunden sind. Unter ihnen ist auch Ayads Bruder, ein Menschenrechtsanwalt.

Vom 11.-16. Oktober 2008 veranstaltete La’Onf seine dritte jährliche Woche der Gewaltfreiheit, an der lokal organisierte Aktivitäten in allen 18 Provinzen stattfanden. Das Thema der Aktion letztes Jahr war, die bevorstehenden Wahlen in den Provinzen sicher, frei und wahrlich demokratisch zu machen. La’Onfs auffälliges blaues Poster, dass eine weiße Friedenstaube im Flug mit einer Wahlurne in den Klauen zeigte, wurde auf Laternen an Schnellstraßen, an Zäune, Gebäude und sogar bei militärischen Checkpoints geklebt. In einer intensiven Woche von Aktivitäten gab La’Onf die Poster an Soldaten, Ladenbesitzer, Schulkinder, Polizei, Politiker, Jugendliche und Frauengruppen aus zusammen mit Literatur, die die Lehren von Mahatma Gandhi und Martin Luther King Jr. beschreibt.

Irakis aus allen gesellschaftlichen Bereichen versammelten sich in Seminaren und öffentlichen Treffen, um Gewaltfreiheit als einen entscheidenden Weg zu politischem, sozialem und wirtschaftlichem Wandel zu diskutieren. Mitglieder von La’Onf organisierten Gedichtlesungen, Kunstausstellungen, Fernsehprogramme und Filme, Tanzaufführungen, Sportereignisse und sogar eine Kinder-Operette zum Thema Frieden. Friedenstauben und Luftballons flogen als Symbole des Friedens am Himmel des kriegsmüden Landes.

Gewehre: Spielzeuge und wirkliche
Kinder wurden besonders von der Gewalt in Mitleidenschaft gezogen. Manche wurden durch nervöse Soldaten getötet, die echt aussehende Spielzeuggewehre für echte Waffen hielten. La’Onf hat erfolgreich Druck für eine Gesetzgebung ausgeübt, die Kriegsspielzeug in der Provinz von Muthanna verbietet und versucht gleiche Gesetzesänderungen auch in anderen Regionen durchzusetzen. Jugendliche in der Provinz Salah ad-Din (Tikrit) organisierten ein Fußballspiel, das von führenden lokalen Behördenvertretern besucht wurde und bei dem sie T-Shirts trugen, auf denen stand „Gewaltfreiheit ist unsere Wahl“.

Frauen sind ebenfalls durch Krieg, Gewalt und Ungleichbehandlung hart betroffen. La’Onf ist strikt im Hinblick darauf, dass Frauen ihre Rechte zugestanden werden und sorgt dafür, dass mindestens 30% seiner eigenen Koordinierungskomitees Frauen sind. Frauengruppen im ganzen Land treffen sich, um Gewaltfreiheit zu diskutieren und an einer Reihe von Aktivitäten während der Woche der Gewaltfreiheit  teilzunehmen. Sie klagten Gewalt gegen Frauen an und besuchten Frauenvereinigungen, -Clubs und Institutionen für Opfer häuslicher Gewalt.

Fernsehen, Radio und Zeitungen berichteten über die Ereignisse. Sie zusammen mit der weit verbreiteten Anwendung von Postern brachten die Kunde der Gewaltfreiheit zu Tausenden im ganzen Irak. Viele neue Mitglieder haben sich La’Onf als Ergebnis der Aktivitäten angeschlossen. Durch persönliche Interaktion, kulturelle Ereignisse, politisches Organisieren und Diskussion bringt Gewaltfreiheit den Menschen des Irak Hoffnung.

Quelle
War Resisters’ League USA (http://www.warresisters.org/node/508). Die Website von La’Onf ist www.laonf.net. Übersetzung: Redaktion

Im März war ein Mitglied von La’Onf, Haider Jaseb, Gast auf der Jahrestagung des Bund für Soziale Verteidigung in Minden und bereiste anschließend einige gewaltfreie Gruppen in Deutschland.

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Terry Reockefeller ist Mitglied der Friedensgruppe, die sich aus Angehörigen der Opfer des 11. September gebildet hat (September Eleventh Families for Peaceful Tomorrows, www.peacefultomorrows.org.)
Valerie Lucznikowska ist Mitglied der Friedensgruppe, die sich aus Angehörigen der Opfer des 11. September gebildet hat (September Eleventh Families for Peaceful Tomorrows, www.peacefultomorrows.org.)