Aktion der Kampagne "Produzieren für das Leben - Rüstungsexporte stoppen"

"Entrüstet Daimler"

von Thomas Meinhardt

Am 1. September 89 startet die "Kampagne gegen Rüstungsexport" eine Informa­tions- und Aktionskampagne zum Daimler-Benz-Konzern.
Diese zunächst auf 3 Jahre angelegte Schwerpunktkampagne richtet sich gegen Rüstungsexport und Rüstungsproduktion des Daimler-Benz-Konzerns und soll den politischen Druck zur Umstellung der entsprechenden Kapazitäten auf zi­vile, sozial nützliche Güter erhöhen.

An dieser Stelle sollen kurz Hinter­gründe, Ansatzpunkte, Zielsetzung und bisherige Planung der Schwer­punktkampagne erläutert werden.

Hintergründe:
Spätestens seit der - bis in konservative Kreise hinein - kontrovers geführten Debatte um die Übernahme von MBB durch Daimler-Benz und das Fusions­verbot des Kartellamtes, ist auch in Teilen der Friedensbewegung der ra­sante Umstrukturierungsprozess in der Rüstungsindustrie und seine Folgen stärker ins Blickfeld geraten. Wenn im September Wirtschaftsminister Haus­mann - wie mit Sicherheit erwartet werden kann - durch eine Ministerer­laubnis der Eingliederung von MBB in den Daimler-Benz-Konzern zustimmt, wird sich die FB einem erheblich ge­stärkten militärisch-industriellem Komplex gegenübersehen. Der Kon­zern, der in der Luft, zu Lande und im Wasser mit seinen "Töchtern" MBB, AEG, Dornier und MTU alles anbie­tet, was militärisch nutzbar ist, wird nicht nur den bundesdeutschen Rü­stungsmarkt beherrschen, er wird auch auf europäischer Ebene - wo weitere Zukäufe anvisiert sind - und auf dem Weltrüstungsmarkt, ein erhebliches Gewicht bekommen.

Es ist kaum zu erwarten, daß diese Bundesregierung, ohne massiven ausserparlamentarischen Druck, den Auf­rüstungs- und Rüstungsexportinteres­sen des mächtigsten Industriekonzerns der BRD wirklich etwas entgegenset­zen wird. Daimler-Benz kann nicht nur ca. 400.000 Arbeitsplätze in die Waag­schale werfen, hinter ihm steht auch noch der Großaktionär Deutsche Bank, die mächtigste und einflußreich­ste Großbank der BRD. Die Bundes­regierung setzt zudem in ihrer indu­striellen  Umstrukturierungspolitik voll auf Daimler, so daß die gegenseitige Abhängigkeit und weitgehende Inter­essensidentität eine reale Abrüstungs­politik und ein Verbot von Rüstungs­exporten erheblich erschwert.
Für die Friedens- und Solidaritätsbe­wegung bedeutet dies u.E., daß der sich herausbildende militärisch-indu­strielle Komplex, mit dem Daimler-Benz-Konzern im Zentrum, mehr als bisher im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen muß.

Wenn wir ein Europa der Rüstungs­konzerne mit aggressiver Aufrü­stungs- und Rüstungsexportpolitik verhindern wollen, müssen wir jetzt reagieren.

Ansatzpunkte
Trotz dieser "trüben" Aussichten sehen wir eine Reihe von Möglichkeiten in diese bedrohliche Entwicklung offensiv einzugreifen:

  • Daimler-Benz wird auch in absehba­rer Zukunft in erster Linie seine Gewinne mit dem Verkauf von Pkw's ma­chen. Als Produzent dieses "Markenzeichens" ist Daimler besonders auf sein gutes Image angewiesen. Hier kann der Konzern an seiner empfind­lichsten Stelle, bei den Profiterwartun­gen, getroffen werden. Rüstungsgüter mit dem "guten Stern" in aller Welt fördern nicht gerade den guten Ruf bei den Konsumenten.
  • Rüstungskonversion ist gerade bei Daimler-Benz ohne größere Schwierigkeiten möglich und durch­führbar, da der Konzern über riesi­ge finanzielle und technische Mög­lichkeiten zur Umstellung verfügt und der Rüstungsanteil am Gesamt­umsatz - trotz der Zukäufe - bisher nicht über 15% liegen dürfte.
  • Die Kooperationsmöglichkeiten  mit den Gewerkschaften scheinen ge­rade hier besonders gut, nachdem sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat- mit ähnlichen Argu­menten - gegen die Beteiligung an MBB ausgesprochen haben.
  • Der Rüstungskonzern Daimler-Benz erzeugt nicht nur in der Bevölke­rung großes Unbehagen, sondern auch bis in die Regierungsparteien hinein. Hier könnte es gelingen eine große Akzeptanz in breiten Teilen der Bevölkerung für unser Anliegen zu gewinnen.
  • Ein solcher Aktionsschwerpunkt kann in der gesamten BRD konkret an Betrieben festgemacht werden, da es überall in der Republik Be­triebe und Niederlassungen des Konzerns und/oder 'seiner Töchter' gibt.
  • Die Verknüpfung mit vielen zentra­len Punkten der Friedens- und Solidaritätsbewegung scheint am Bei­spiel Daimler-Benz geradezu ideal­typisch möglich zu sein. Z.B.: Kon­zentration und Machtzusammen­ballung im rüstungsindustriellen Komplex; der militärisch-industri­elle Komplex und seine Folgen; Jä­ger 90, Folgen für den Staatshaus­halt, die Abrüstungsmöglichkeiten; Europäische Rüstungskooperation; Rüstungsexportpolitik im Europäi­schen Markt; Multinationale Kon­zerne und ihre "Dritte Welt"-Politik; Rüstung und Verschuldung; Unter­stützung von Terrorregimen : Süd­afrika, Irak, Iran, Türkei, ...;

Zielsetzung
Ziel der Schwerpunktaktion ist die Einstellung jedweder rüstungsrelevanten Exporte und der Abbau der Rüstungsproduktion im Daimler-Benz-Konzern, sowie die Umstellung der Produktion auf zivile, sozial-nützli­che Güter. Gelingt uns die Durchset­zung erster Schritte in diesem Bereich, so würden sich damit auch die Bedin­gungen für eine reale Abrüstungspoli­tik und eine solidarische "Dritte Welt"-Politik entscheidend verbessern.

Vorläufige Aktionsplanung 1989/90
Den bisherigen Überlegungen zur Ak­tion "Entrüstet Daimler" liegt das Modell einer über zunächst 3 Jahre lau­fenden und über mehrere Eskalations­stufen fortschreitenden "Gewaltfreien Aktion" zugrunde.

1.9.89 Antikriegstag
Start der Aktion "Entrüstet Daimler". Veröffentlichung des "Offenen Brie­fes" an Vorstand und Aufsichtsrat des Konzerns durch Anzeigen in Tagesz­eitungen. Aktionen vor der Konzern­zentrale in Stuttgart und anderswo.

11. - 22.11.89 Friedensdekade
Dezentrale Informationsveranstaltun­gen und Aktionen im ganzen Bundesgebiet.

10.12.89 Tag der Menschenrechte
Bundesweiter Gebetstag für die Opfer des Rüstungsexports in Südafrika (Schwerpunkt Daimlers Rüstungsex­porte).

9. - 11.2.90 Gruppentreffen der Kam­pagne im Raum Stuttgart
Auswertung der bisherigen Aktionen und Planung des weiteren Vorgehens.

14.- 16.4.90 Ostermärsche
Verstärktes Einbringen der Daimler-Benz Rüstungsexport-, produkions-, konversionsthematik. Eventuell: Aktio­nen vor den Niederlassungen des Kon­zerns im ganzen Bundesgebiet.

Juni 90 Hauptversammlung von Daimler-Benz
Eventuell: Erste direkte gewaltfreie Aktionen.

10.11. oder 17.11.90 Bundesweite De­monstration vor der Daimler-Benz Zentrale in Stuttgart.

All dies wird nur gelingen können, wenn möglichst viele Gruppen und Organisationen in dieser Kampagne mitarbeiten und damit eine breite und überall spürbare öffentliche Auseinan­dersetzung 'anzetteln'.
Wer an der Aktion "Entrüstet Daim­ler" Interesse hat, weitere Infos zur Aktion oder Referenten benötigt, der/die wende sich bitte an: Büro der Kampagne gegen Rüstungsexport, Bahnhofstr. 18, 6270 Idstein. Hier kann auch das Kampagnen-Info abon­niert werden.

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Initiativen
Thomas Meinhardt, Diplom- Soziologe, Pax Christi, Präsidiumsmitglied und Mitglied im Geschäftsführen den Ausschuß der Kampagne "Produ zieren für das Leben - Rüstungsexporte stoppen!"