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Aktion der Kampagne "Produzieren für das Leben - Rüstungsexporte stoppen"
"Entrüstet Daimler"
vonAm 1. September 89 startet die "Kampagne gegen Rüstungsexport" eine Informations- und Aktionskampagne zum Daimler-Benz-Konzern.
Diese zunächst auf 3 Jahre angelegte Schwerpunktkampagne richtet sich gegen Rüstungsexport und Rüstungsproduktion des Daimler-Benz-Konzerns und soll den politischen Druck zur Umstellung der entsprechenden Kapazitäten auf zivile, sozial nützliche Güter erhöhen.
An dieser Stelle sollen kurz Hintergründe, Ansatzpunkte, Zielsetzung und bisherige Planung der Schwerpunktkampagne erläutert werden.
Hintergründe:
Spätestens seit der - bis in konservative Kreise hinein - kontrovers geführten Debatte um die Übernahme von MBB durch Daimler-Benz und das Fusionsverbot des Kartellamtes, ist auch in Teilen der Friedensbewegung der rasante Umstrukturierungsprozess in der Rüstungsindustrie und seine Folgen stärker ins Blickfeld geraten. Wenn im September Wirtschaftsminister Hausmann - wie mit Sicherheit erwartet werden kann - durch eine Ministererlaubnis der Eingliederung von MBB in den Daimler-Benz-Konzern zustimmt, wird sich die FB einem erheblich gestärkten militärisch-industriellem Komplex gegenübersehen. Der Konzern, der in der Luft, zu Lande und im Wasser mit seinen "Töchtern" MBB, AEG, Dornier und MTU alles anbietet, was militärisch nutzbar ist, wird nicht nur den bundesdeutschen Rüstungsmarkt beherrschen, er wird auch auf europäischer Ebene - wo weitere Zukäufe anvisiert sind - und auf dem Weltrüstungsmarkt, ein erhebliches Gewicht bekommen.
Es ist kaum zu erwarten, daß diese Bundesregierung, ohne massiven ausserparlamentarischen Druck, den Aufrüstungs- und Rüstungsexportinteressen des mächtigsten Industriekonzerns der BRD wirklich etwas entgegensetzen wird. Daimler-Benz kann nicht nur ca. 400.000 Arbeitsplätze in die Waagschale werfen, hinter ihm steht auch noch der Großaktionär Deutsche Bank, die mächtigste und einflußreichste Großbank der BRD. Die Bundesregierung setzt zudem in ihrer industriellen Umstrukturierungspolitik voll auf Daimler, so daß die gegenseitige Abhängigkeit und weitgehende Interessensidentität eine reale Abrüstungspolitik und ein Verbot von Rüstungsexporten erheblich erschwert.
Für die Friedens- und Solidaritätsbewegung bedeutet dies u.E., daß der sich herausbildende militärisch-industrielle Komplex, mit dem Daimler-Benz-Konzern im Zentrum, mehr als bisher im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen muß.
Wenn wir ein Europa der Rüstungskonzerne mit aggressiver Aufrüstungs- und Rüstungsexportpolitik verhindern wollen, müssen wir jetzt reagieren.
Ansatzpunkte
Trotz dieser "trüben" Aussichten sehen wir eine Reihe von Möglichkeiten in diese bedrohliche Entwicklung offensiv einzugreifen:
- Daimler-Benz wird auch in absehbarer Zukunft in erster Linie seine Gewinne mit dem Verkauf von Pkw's machen. Als Produzent dieses "Markenzeichens" ist Daimler besonders auf sein gutes Image angewiesen. Hier kann der Konzern an seiner empfindlichsten Stelle, bei den Profiterwartungen, getroffen werden. Rüstungsgüter mit dem "guten Stern" in aller Welt fördern nicht gerade den guten Ruf bei den Konsumenten.
- Rüstungskonversion ist gerade bei Daimler-Benz ohne größere Schwierigkeiten möglich und durchführbar, da der Konzern über riesige finanzielle und technische Möglichkeiten zur Umstellung verfügt und der Rüstungsanteil am Gesamtumsatz - trotz der Zukäufe - bisher nicht über 15% liegen dürfte.
- Die Kooperationsmöglichkeiten mit den Gewerkschaften scheinen gerade hier besonders gut, nachdem sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat- mit ähnlichen Argumenten - gegen die Beteiligung an MBB ausgesprochen haben.
- Der Rüstungskonzern Daimler-Benz erzeugt nicht nur in der Bevölkerung großes Unbehagen, sondern auch bis in die Regierungsparteien hinein. Hier könnte es gelingen eine große Akzeptanz in breiten Teilen der Bevölkerung für unser Anliegen zu gewinnen.
- Ein solcher Aktionsschwerpunkt kann in der gesamten BRD konkret an Betrieben festgemacht werden, da es überall in der Republik Betriebe und Niederlassungen des Konzerns und/oder 'seiner Töchter' gibt.
- Die Verknüpfung mit vielen zentralen Punkten der Friedens- und Solidaritätsbewegung scheint am Beispiel Daimler-Benz geradezu idealtypisch möglich zu sein. Z.B.: Konzentration und Machtzusammenballung im rüstungsindustriellen Komplex; der militärisch-industrielle Komplex und seine Folgen; Jäger 90, Folgen für den Staatshaushalt, die Abrüstungsmöglichkeiten; Europäische Rüstungskooperation; Rüstungsexportpolitik im Europäischen Markt; Multinationale Konzerne und ihre "Dritte Welt"-Politik; Rüstung und Verschuldung; Unterstützung von Terrorregimen : Südafrika, Irak, Iran, Türkei, ...;
Zielsetzung
Ziel der Schwerpunktaktion ist die Einstellung jedweder rüstungsrelevanten Exporte und der Abbau der Rüstungsproduktion im Daimler-Benz-Konzern, sowie die Umstellung der Produktion auf zivile, sozial-nützliche Güter. Gelingt uns die Durchsetzung erster Schritte in diesem Bereich, so würden sich damit auch die Bedingungen für eine reale Abrüstungspolitik und eine solidarische "Dritte Welt"-Politik entscheidend verbessern.
Vorläufige Aktionsplanung 1989/90
Den bisherigen Überlegungen zur Aktion "Entrüstet Daimler" liegt das Modell einer über zunächst 3 Jahre laufenden und über mehrere Eskalationsstufen fortschreitenden "Gewaltfreien Aktion" zugrunde.
1.9.89 Antikriegstag
Start der Aktion "Entrüstet Daimler". Veröffentlichung des "Offenen Briefes" an Vorstand und Aufsichtsrat des Konzerns durch Anzeigen in Tageszeitungen. Aktionen vor der Konzernzentrale in Stuttgart und anderswo.
11. - 22.11.89 Friedensdekade
Dezentrale Informationsveranstaltungen und Aktionen im ganzen Bundesgebiet.
10.12.89 Tag der Menschenrechte
Bundesweiter Gebetstag für die Opfer des Rüstungsexports in Südafrika (Schwerpunkt Daimlers Rüstungsexporte).
9. - 11.2.90 Gruppentreffen der Kampagne im Raum Stuttgart
Auswertung der bisherigen Aktionen und Planung des weiteren Vorgehens.
14.- 16.4.90 Ostermärsche
Verstärktes Einbringen der Daimler-Benz Rüstungsexport-, produkions-, konversionsthematik. Eventuell: Aktionen vor den Niederlassungen des Konzerns im ganzen Bundesgebiet.
Juni 90 Hauptversammlung von Daimler-Benz
Eventuell: Erste direkte gewaltfreie Aktionen.
10.11. oder 17.11.90 Bundesweite Demonstration vor der Daimler-Benz Zentrale in Stuttgart.
All dies wird nur gelingen können, wenn möglichst viele Gruppen und Organisationen in dieser Kampagne mitarbeiten und damit eine breite und überall spürbare öffentliche Auseinandersetzung 'anzetteln'.
Wer an der Aktion "Entrüstet Daimler" Interesse hat, weitere Infos zur Aktion oder Referenten benötigt, der/die wende sich bitte an: Büro der Kampagne gegen Rüstungsexport, Bahnhofstr. 18, 6270 Idstein. Hier kann auch das Kampagnen-Info abonniert werden.