Großartiger Erfolg des Volksbegehrens gegen Abfangjäger

(Euro-)Fighter gegen Sozialstaat und Neutralität

von Gerald Oberansmayr
Friedensbewegung international
Friedensbewegung international

Nach langem Tauziehen bezüglich der Typenentscheidung hat sich die österreichische Regierung Anfang Juli für den Ankauf von 24 Eurofightern entschieden. Das ist zunächst ein sozialpolitischer Skandal. Seit zwei Jahren trommelt die Regierung das "Gürtel-enger-Schnallen", um das "Nulldefizit" für den EU-Stabilitätspakt zu erreichen: Studiengebühren werden eingeführt, Pensionen gekürzt, Unfallrentner besteuert, Arbeitslose schikaniert, Kranksein verteuert - und nun sind auf einmal viele Milliarden für neues Kriegsgerät kein Problem. Über die endgültigen Kosten wird zwar noch Stillschweigen gewahrt, aber alleine die Anschaffungskosten dürften auf 2,9 Milliarden Euro kommen, ein Betrag, der noch einmal verdoppelt werden kann, wenn man die Betriebs- und Infrastrukturkosten hinzunimmt. Anders gerechnet: Die geplanten Studiengebühren der nächsten 40 Jahre wandern in die Kassen der Rüstungsindustrie.

Eurofighter-Ankauf ist ein sozialpolitischer und neutralitätspolitischer Skandal
Keine Lüge rund um den Milliardendeal ist so dreist, wie die, dass der Ankauf der Kampfjets zum Schutz des österreichischen Luftraums erfolgt. Dieser ist von niemanden bedroht, es sei denn, man erwartet den Überfall durch Liechtenstein, die Schweiz oder durch die NATO. Tatsächlich werden die Eurofighter angekauft, damit Österreich bei den globalen Kampfeinsätzen der zukünftigen EU-Armee in der ersten Reihe mit von der Partie sein kann. Nach der Typenentscheidung hat Verteidigungsminister Scheibner bereits offen zugegeben, dass die österreichischen Eurofighter für EU-Einsätze abkommandiert werden sollen. In einem FPÖ-internen Strategiepapier wird als Vorzug des Eurofighters hervorgehoben, dass er ein "schweres Mehrkampfflugzeug" ist, mit der Fähigkeit "große Bombenlasten für Luft-Boden-Missionen über lange Strecken transportieren" zu können (Format, 5. 7. 2002). Auch die österreichische Generalität lässt deutlich anklingen, wozu die Eurofighter tatsächlich dienen werden: Generaltruppeninspektor Horst Pleiner zur zukünftigen Rolle des Bundesheeres: "Wir sehen uns jetzt eher als Instrument der Außenpolitik und weniger als Teil einer rein österreichischen Verteidigungspolitik, weil eine unmittelbare konventionelle Bedrohung Österreichs nicht gegeben ist." (Profil, 5. 8. 2002).

Der geplante Eurofighter-Ankauf ist ein weiterer Meilenstein in der Remilitarisierung Österreichs, die seit dem EU-Beitritt des Landes 1995 mit Riesenschritten vorankommt. 1998 wurde in die österreichische Verfassung mit dem Artikel 23f ein "Kriegsermächtigungsartikel" eingefügt. Dieser besagt nichts geringeres, als dass Bundeskanzler und Außenminister ermächtigt sind, in den entsprechenden EU-Gremien Österreich an EU-Kriegseinsätzen zu beteiligen - weltweit, auch ohne UN-Mandat. Jetzt wird die dafür notwendige "Hardware" angeschafft. Nach dem Ankauf von Militärhubschraubern und -transportflugzeugen sind die geplanten Eurofighter der bislang größte Brocken. Die österreichische Neutralität, d. h. die Verpflichtung zur Nicht-Teilnahme an Kriegen, wird damit mit Füßen getreten.

EU-Kriegswaffenindustrie macht Druck
Die europäische Kriegswaffenindustrie rund um EADS hat keine Mühen gescheut, diese Kaufentscheidung zu pushen: über die hiesige Medienlandschaft ist ein wahrer Millionenregen von EADS-Werbegeldern niedergegangen, die Werbeagentur des ehemaligen FPÖ-Generalsektretärs Rumpold bekam den Großauftrag zur Organisierung der PR-Arbeit; der Autozulieferer-Konzern Magna von Frank Stronach - de facto abhängig von Aufträgen des EADS-Hauptaktionärs Daimler-Chrylser - hat eine kaum mehr zu überbietende Eurofighter-Kampagne inszeniert. Diese konnte auf umso fruchtbareren Boden fallen, da einflussreiche Politiker unterschiedlicher Coleurs mit ihm verbandelt sind: Finanzminister Grasser (FPÖ) kommt direkt aus dem Magna-Konzern (inkl. Rückkehrrecht), der ehemalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) sitzt ebenso im Aufsichtsrat von Magna wie sein Parteifreund und Bank-Austria-Chef Gerhard Randa (der mittlerweile auch schon bayrische Vorgesetzte hat). Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Rudas wurde von Stronach als Kommunikationschef angeworben. Auch Jörg Haider dürfte sich sein Wohlwollen für den Eurofighter durch EADS-Gelder für sein Prestigeprojekt - den Klagenfurter "Lakeside Software-Park" - versüßen lassen. Belegt ist auch, dass sowohl Schröder als auch Stoiber bei der österreichischen Regierung für die Milliardenjets intervenierten.

625.000 Unterschriften gegen die Abfangjäger - Chance für die Friedensbewegung
Der Ankauf von Abfangjägern ist in der Bevölkerung überaus unpopulär. Praktisch ohne organisatorischen Hintergrund hat es der Einzelkämpfer Rudolf Fussi geschafft, die notwendigen Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens gegen den Abfangjägerankauf zu sammeln. Obwohl die Eintragungswoche vom Innenministerium mitten in die Sommerzeit verbannt wurde (29. 7. bis 5. 8.), war das Ergebnis sensationell: 625.000 ÖsterreicherInnen unterschrieben dieses Volksbegehren. Das ist ein einmaliges Resultat für ein Volksbegehren, das keine Großorganisationen hinter sich hatte. Denn die Unterstützung von Seiten der Oppositionsparteien war - gelinde gesagt - spärlich. SPÖ-Chef Gusenbauer erlärte öffentlich, dass er nicht unterschreiben werde, Grünen-Chef Van der Bellen wollte seine Unterschrift davon abhängig machen, "ob er gerade in Wien sei". Diese mangelhafte Unterstützung durch die Führungsspitzen der rot-grünen Opposition hat einen einfachen Grund. Zwar lehnen sie den Ankauf von Abfangjägern ab, sind aber mittlerweile vollends auf die Unterstützung der "Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität", d.h. der EU-Militarisierung eingeschwenkt. Die Neutralität trägt in dieser Hinsicht für sie bereits ein klares Ablaufdatum.

Diese Ambivalenz schlägt auch auf die Friedensbewegung durch. Die verschiedenen Friedensgruppen haben es bislang nicht geschafft, zu einem gemeinsamen Widerstand gegen Abfangjäger und EU-Militarisierung zu finden. Dabei tut sich auf regionaler Ebene einiges: Initiativen in der Obersteiermark, wo die Abfangjäger stationiert werden sollen, trommeln bereits seit einiger Zeit - mit beachtlicher Verankerung in der Bevölkerung - gegen die neuen Kriegsgeräte; in Oberösterreich hat die Mobilisierung der regionalen Friedensbewegung dazu beigetragen, dass in diesem Bundesland das Volksbegehren das deutlich beste Ergebnis zustandegebracht hat. Der Erfolg des Volksbegehrens muss für die österreichische Friedensbewegung Ansporn sein, wieder gemeinsam handlungsfähig zu werden: gegen die Anschaffung von neuem Kriegsgerät und die Teilnahme Österreichs an der EU-Armee. Die große Unterstützung, die die österreichische Neutralität in der Bevölkerung genießt, ist eine hervorragende Grundlage dafür.

Ausgabe

Rubrik

Friedensbewegung international
Gerald Oberansmayr lebt und arbeitet in Linz/Österreich. Er ist Aktivist der Werkstatt Frieden & Solidarität, Redakteur der antimilitaristischen Zeitschrift „guernica“ und Autor des Buches „Auf dem Weg zur Supermacht – Die Militarisierung der Europäischen Union“ (Promedia, 2005).