Zur Europawahl 2019

Europa am Scheideweg?

von Redaktion FriedensForum
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Vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 steht die EU am Scheideweg: Hält sie am Friedensprojekt fest oder wird sie Schritt für Schritt zur Militärmacht? Ab 2021 sind Milliardeninvestitionen für die europäische Rüstungsindustrie, gemeinsame Militäreinsätze und noch mehr Grenzsicherung geplant. Die Förderung von Frieden und Menschenrechten droht der Abwehr von Migration und Flucht zum Opfer zu fallen.

Ende Januar, dem Zeitpunkt, an dem die redaktionelle Arbeit an dieser Ausgabe des Friedensforums beendet wurde, gibt es zwei Aufrufe, sich mit friedenspolitischen Forderungen in die im Mai bevorstehenden Wahlen zum europäischen Parlament einzumischen. Wir dokumentieren hier beide:

Ein friedliches Europa ist das Tor zu einem anderen Europa

Appell der Kooperation für den Frieden

Die Kooperation für den Frieden fordert anlässlich der Wahlen zum EU-Parlament ein friedliches, gerechtes, demokratisches, gastliches, soziales und ökologisches Europa. Dazu gehört auch, dass die Konflikte, inneren Zerwürfnisse und Spannungen in Europa und darüber hinaus friedlich gelöst werden. Verbindungen zwischen den Menschen und zwischen den Staaten in Europa müssen gestärkt werden.

Aus der Geschichte zweier Weltkriege haben wir gelernt, wie wichtig die Bewahrung des Friedens ist. Auf den europäischen Kontinent zu blicken bedeutet zugleich zu erkennen, dass das Ziel eines friedlichen Europas mehr umfassen muss, als die jetzige politisch-wirtschaftliche Europäische Union. Dazu ist die Möglichkeit, ein Europa für die Menschen zu entwickeln, zu wichtig. Wir sind überzeugt, dass es ein Europa geben kann, das auf der Grundlage partizipativer Demokratie und sozialer Gerechtigkeit sowohl im Inneren als auch nach außen Auseinandersetzungen und Konflikte mit zivilen Mitteln bearbeitet. Statt mit Konfrontation, Abschottung und Sanktionen, muss es eine den Kontinent umfassende Entspannungspolitik im Sinne eines zweiten Helsinki-Prozesses geben. Unsere Kritik an politischen und strukturellen Mängeln der Europäischen Union enthält Vorschläge für eine EU und ein Europa des Friedens.

Die europäische Währungsunion und eine restriktive Finanzpolitik haben soziale Spaltungen vertieft. Eine aggressive EU-Handelspolitik fördert Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Das und die Missachtung des Klimaschutzes veranlassen viele Menschen weltweit zur Flucht. Wir wollen kein auf neoliberale Dominanz zugeschnittenes Europa, das zu Oligarchie, Reichtum für wenige, zum Abbau demokratischer Rechte und zur Marginalisierung ganzer Gruppen führt.

Ein Europa, das Aufrüstung betreibt, das seine Rüstungsexporte immer wieder über Menschenrechte stellt und eine eigene EU-Armee schaffen will, läuft Gefahr, Krieg als Mittel der Politik immer wieder in Betracht zu ziehen. Der mit 13 Milliarden Euro geplante Europäische Verteidigungsfonds, die Aufstockung der Rüstungshaushalte sowie die Verpflichtung zu ständiger Militärzusammenarbeit stehen einem Europa des Friedens entgegen. Es ist zudem bedenklich, dass die Mittel für zivile Krisenprävention, Friedensförderung und Versöhnungsprozesse zukünftig um etwa zwei Drittel gekürzt werden sollen. Ebenso fehlen entscheidende europäische Abrüstungsinitiativen, etwa für ein atomwaffenfreies Europa.

Wir erheben als Bürgerinnen und Bürger und als Organisationen der Friedenbewegung den Anspruch, uns aktiv und kontinuierlich in die europäischen Angelegenheiten einzumischen. In unserem Bemühen für ein friedliches Europa lassen wir nicht nach!

Bonn, 21.01.2019, Kooperation für den Frieden*
Weitere Informationen zum Europa und Frieden: www.koop-frieden.de/europa

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Aufruf an das Europäische Parlament

„Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.“ (Art. 3, Vertrag von Lissabon)

Rettet das Friedensprojekt Europa!
Für Frieden. Für Menschenrechte. Für Europa.

Initiatoren: Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, Bund für Soziale Verteidigung, Church and Peace, Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD), Ohne Rüstung Leben, Ökumenische Konsultation Gerechtigkeit und Frieden, pax christi Deutsche Sektion

Die Europäische Einigung brachte nach dem Zweiten Weltkrieg Versöhnung zwischen Feinden. Damit wurde die Europäische Union weltweit zum Friedensprojekt mit Vorbildcharakter.

Heute brauchen wir dringender denn je eine Europäische Union, die für Frieden und Menschenrechte eintritt – zu Hause und jenseits ihrer Grenzen.

Doch ab 2021 sind Milliardeninvestitionen für die europäische Rüstungsindustrie, gemeinsame Militäreinsätze und noch mehr Grenzsicherung geplant. Die Förderung von Frieden und Menschenrechten droht der Abwehr von Migration und Flucht zum Opfer zu fallen.

Wir sind überzeugt, dass die Europäische Union die Herzen ihrer Bürgerinnen und Bürger nur als Friedensprojekt und nicht als Militärmacht gewinnen wird.

Darum fordern wir die Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf: Setzen Sie sich für eine Europäische Union ein, die bedingungslos für Frieden und Menschenrechte eintritt.

  • Setzen Sie sich dafür ein, dass die Europäische Union am Friedensprojekt Europa festhält und nicht zur Militärmacht wird.

Wir fordern, dass die Europäische Union ihre Stärken als Vermittlerin in Konflikten und als Bündnis für Frieden durch Kooperation und Zusammenarbeit in der Welt ausbaut. Einen Europäischen Verteidigungsfonds lehnen wir ab. Der Vertrag von Lissabon verbietet die Finanzierung von Rüstungsprojekten und Militäreinsätzen aus dem Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union. Diese Grundsätze sollten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments verteidigen und stärken.

  • Lassen Sie nicht zu, dass die Europäische Union zur Abwehr von Flüchtenden und Migration Staaten aufrüstet, die Krieg führen oder Menschenrechte verletzen.

Wir fordern, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten keine Gelder zur Aufrüstung der Armeen und Milizen von Drittstaaten einsetzen. Das Europäische Parlament muss sich gegenüber den Regierungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für die Verschärfung und strikte Einhaltung der europäischen Kriterien für Rüstungsexporte einsetzen.

  • Stärken Sie die Mittel der Europäischen Union zur Förderung der gewaltfreien Konfliktbearbeitung und der Menschenrechte.

Wir fordern für den nächsten EU-Finanzrahmen (2021–2027) 7 Milliarden Euro für gewaltfreie Konfliktbearbeitung und Friedensförderung und 3 Milliarden Euro für die Förderung von Menschenrechten und Demokratie.

Der vollständige Text, der hier nicht dokumentierte Hintergründe und Argumente zur Erläuterung der genannten Punkte sowie eine Liste aller den Aufruf mittragenden Organisationen enthält (das waren bis zum 28.1. über 30 weitere Organisationen nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa), ist auf den Websites der beteiligten Organisationen zu finden. Es sollen jetzt bis zum Wahltermin am 26. Mai 2019 Unterschriften von Einzelpersonen und Organisationen für den Aufruf gesammelt werde. Sie sollen dann noch vor der Sommerpause an Abgeordnete des neuen Europäischen Parlaments übergeben werden. Alternativ kann der Aufruf auch als Online-Petition unterzeichnet werden: www.rettetdasfriedensprojekt.eu

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