Europäisches Netzwerk gegen Rüstungshandel

von Andrea Kolling
Friedensbewegung international
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Bereits im Februar fand das diesjährige Frühjahrstreffen des europäischen Netzwerkes gegen Rüstungshandel (European Network against Arms Trade - ENAAT) statt. Kernstück der ENAAT-Treffen sind die Länderberichte der einzelnen ENAAT-Mitgliedsgruppen. Wie Teile eines Puzzles setzen sich nationale Berichte über einzelne Rüstungsexporte und ihre Hintergründe und Rahmenbedingungen zu einem europäischen Bild zusammen. Erhellend für die eigenen Arbeitszusammenhänge

Zum Beispiel der Umgang mit der Forderung nach Transparenz im Zusammenhang mit Rüstungsexporten. In Deutschland formulierte die Rot-Grüne Bundesregierung erstmalig ein Gebot der Transparenz in ihren Koalitionsvereinbarungen. In Finnland hingegen wird jede Regierungsentscheidung über den Handel mit Waffen sofort öffentlich bekanntgegeben. Seit neustem findet man die Entscheidungen über die Vergabe von Lizenzen auch auf der Website der finnischen Regierung.

Ein anderes Beispiel sind chilenische Waffenkäufe in Europa. 1997 kaufte Belgien 67 gebrauchte Leopard 1-Panzer. 120 Ex-Bundeswehr Leopard 1-Panzer sollen von Deutschland aus nach Chile gehen. Für die Niederlande war Chile einer der Hauptwaffenkäufer 1998. Die niederländische Regierung verkaufte neben Artillerie 200 Leopard Panzer an Chile. Der Import lief über die FAMAE Organisation, deren Direktor Pinochet ist. Zur Erinnerung: der ehemalige chilenische Diktator Pinochet war in England auch, um Waffen zu kaufen. Mitglieder des niederländischen Komitees gegen die Straflosigkeit von Pinochet initiierten eine Arbeitsgruppe zum Waffenhandel mit Chile, und sie baten die Mitglieder des ENAAT um Unterstützung.
 

Neben den Berichten aus den einzelnen Ländern waren die Themen diesmal: eine Kampagne gegen den südafrikanischen Rüstungsauftrag an vier europäische Staaten, die internationale Kampagne gegen den Handel mit Kleinwaffen, sowie Initiativen auf der Ebene der europäischen Union im Zusammenhang mit dem Waffenhandel.

Das ENAAT-Sekretariat initiierte einen Workshop zur kritischen Reflexion des Netzwerkes: Aufgaben, Grenzen und Möglichkeiten angesichts veränderter Rahmenbedingungen seit der Gründung des Netzwerkes 1984. Die Aktionen gegen die größte europäische Rüstungsmesse Eurosatory in Paris im letzten Jahr war die letzte gemeinsame ENAAT-Aktion. Federführend waren niederländische und englische ENAAT-Mitglieder. Die Protestaktionen gegen die Waffenmesse bewerteten die involvierten Grupppen als Erfolg. Die letzte große von allen getragene Kampagne des ENAAT war eine Kampagne: "Stoppt den Waffenhandel mit Indonesien" u.a. mit einer Rundreise eines indonesischen Militärkritikers und der Herausgabe eines gemeinsamen Buches "Indonesia - Arms Trade to a military regime" (1997). Einstimmig wurde die Wichtigkeit eines europäischen Anti-Rüstungsexport-Netzwerkes vor dem Hintergrund der zahlreichen Fusionen im Rüstungssektor betont. Angesichts dessen sind die ENAAT-Mitglieder noch zu stark im nationalen Kontext verhaftet. Begrüßenswert ist, dass das ENAAT-Netzwerk immer mehr Mitglieder umfasst. Das ENAAT-Netzwerk ist somit im Kleinen ein Spiegelbild der EU. Ein Problem des ENAAT ist die schwache Präsenz von östlichen Gruppen. Die Ausdehnung der Rüstungsindustrie nach Osten läuft hingegen schon lange.

Südafrika: Der größte afrikanische Rüstungsauftrag aller Zeiten mit ca. 10 Mrd. DM ging im November letzten Jahres an vier europäische Staaten. Südafrika bestellte U-Boote und Fregatten in Deutschland, Flugzeuge in England und Schweden und Hubschrauber in Italien (Vgl. Rundbrief der BUKO-Kampagne No. 54).

Auf dem ENAAT-Treffen wurden die verschiedenen Argumentationen gegen den Rüstungsdeal mit Südafrika diskutiert und wir kamen überein, angesichts der gigantischen Aufrüstung, die Frage nach legitimen nationalen Sicherheitsinteressen zu stellen. Es bestand Interesse an einer gemeinsame ENAAT-Kampagne zu Südafrika. Als erster Schritt wurde die verstärkte Zusammenarbeit der beteiligten Staaten verabredet.

Eine Vertreterin von BASIC stellte die aktuellen Entwicklungen der internationalen Kleinwaffen-Kampagne vor und bat die Mitglieder des ENAAT, das neu gegründete Sekretariat der Kampagne in London mit Informationen zu unterstützen und die Web-Site als Kommunikationsforurm zu nutzen. Die englische Kampagne CAAT (Campaign against Arms Trade) stellte ihre neueste Kampagne vor: "Clean Investment Campaign". CAAT hinterfragt die Investitionen der kleinen und großen Hilfsorganisationen, kirchliche Gruppen und Einzelpersonen in Fonds zu denen auch Rüstungsfirmen gehören. Humanitäre Hilfe auf der einen Seite und wissentlich oder unwissentliche Anteile in Rüstungsfonds sind ein Widerspruch. Ziel der Kampagne ist, dass die Hilfsorganisationen ihr Geld nur in "clean" Investmentfonds anlegen.
 

Die belgischen Aktionen gegen die AFCEA (Armed Forces Communication and Elektronics Association) - eine Computerwaffenmesse - im letzten Jahr wurden erläutert. Diese Messe, offiziell als Symposium und Ausstellung angemeldet, findet vom 20.-21. April erstmals in Deutschland statt. In München.

Weitere Themen waren die Umsetzung und Verbesserung des europäischen Code of Conduct, die Beteiligung des ENAAT in La Hague im Mai 99, sowie Informationen zur englischen Aktionswoche gegen Waffenhandel. Das nächste ENAAT-Treffen wird Ende des Jahres in Finnland stattfinden.

Buchtstr. 14/15, 28195 Bremen, Tel. 0421/326045, Fax 0421/ 3376177, eMail: rexbuko [at] oln [dot] comlink. apc.org, website ENAAT Amsterdam: http: //www.antenna.nl/~ennat, e-mail: amokmar [at] antenna [dot] nl
 

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