Zivilklausel

Friede, Freude, Eierkuchen? – Zivilklauseln in NRW

von Marvin Mendyka

Über eine Zivilklausel auf Landesebene freuten sich vor einem Jahr viele engagierte StudentInnen, als das Hochschulzukunftsgesetz von der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) beschlossen wurde. Binnen eines Jahres sollten sich die Hochschulen in NRW eine neue Grundordnung geben und darin festhalten, dass sie friedlichen Zielen verpflichtet seien. Das Jahr ist nun vorüber, aber was hat sich geändert?

Was zunächst wie ein Erfolg für die Zivilklausel-Bewegung erschien, entpuppte sich  bei genauerem Hinsehen als Papiertiger. In § 3 Absatz 6 des Gesetzes heißt es: „Die Hochschulen entwickeln ihren Beitrag zu einer nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt. Sie sind friedlichen Zielen verpflichtet und kommen ihrer besonderen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung nach innen und außen nach. Das Nähere zur Umsetzung dieses Auftrags regelt die Grundordnung.“ Den einzelnen Hochschulen blieb damit entsprechend viel Spielraum, um sich vor einer effektiven Zivilklausel zu drücken.

Dementsprechend sehen die Ergebnisse nach dem Ablauf des Jahres aus. Die neuen Grundordnungen der Unis in Köln, Siegen, Düsseldorf und der FernUni Hagen beteuern, dass sie „friedlichen Zielen verpflichtet“ seien und zur Völkerverständigung beitrügen. Dass Formulierungen wie diese mehr als bloße Worthülsen sind, ist kaum vorstellbar. Dafür sind sie zu unkonkret, und es fehlt ihnen an Verbindlichkeit. Ganz zu schweigen sei an dieser Stelle von den vielen Hochschulen, die bei der Überarbeitung ihrer Grundordnung überhaupt nicht festgehalten haben, dass sie sich friedlichen Zielen verpflichten.

Positiv fällt hingegen die überarbeitete Grundordnung der Hochschule Bochum auf. Diese besagt nun, dass „die Hochschule […] ihren Beitrag zu einer friedlichen und demokratischen Welt [leistet], indem sie ihre Mitglieder, insbesondere die Lehrenden, dazu anhält, friedensstiftende und -erhaltende Aspekte in Lehre und Studium zu betonen sowie demokratisches Bewusstsein und demokratisches Verhalten gezielt zu fördern. In ihrer Forschung unterstützt sie ausschließlich Vorhaben und Projekte, die dem Beitrag nicht entgegenstehen.“ Gerade der letzte Satz ist für eine effektive Zivilklausel wichtig.

Was folgt daraus? Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass die „Zivilklausel auf Landesebene“ kein direkter Erfolg ist, da sie in ihrer jetzigen Form nicht dazu beitragen kann, Militärforschung zu verhindern. Das liegt zum einen daran, dass sie in ihrer Formulierung mehr als vage ist. Was genau unter der Formulierung „friedlichen Zielen verpflichtet“ zu verstehen ist, wird nicht weiter erläutert. Zum anderen wurde selbst diese „schwammige“ Zivilklausel nicht an allen Hochschulen in NRW umgesetzt. Ob seit dem Beschluss des Hochschulzukunftsgesetzes auch nur ein einziges Rüstungsforschungsprojekt abgesagt werden musste? Höchstwahrscheinlich nicht.

Dennoch sollte die Entwicklung des letzten Jahres keineswegs als Niederlage wahrgenommen werden. Schließlich zeigt sich, dass die Bemühungen von Zivilklausel-AktivistInnen in der Politik wahrgenommen werden. Außerdem bietet die Passage aus dem Hochschulzukunftsgesetz einen weiteren Bezugspunkt für zukünftige Aktivitäten. Ein Jahr nach dem Beschluss des Gesetzes ist die Gelegenheit da, erneut auf die Landesregierung zuzugehen und nachzubohren, inwiefern sie gedenkt, ihre eigenen Vorhaben in die Tat umzusetzen.

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Referent für Social-Media und Öffentlichkeitsarbeit beim Netzwerk Friedenskooperative.