Präambel

Frieden Regional

Der Rat der Stadt Minden hat im Sommer 1990 den folgenden Friedensbeschluß gefaßt. Wir geben den Text - als Anregung - wider.

Der Rat der Stadt ... ist sich als politi­sches Organ der kommunalen Selbst­verwaltung seiner Verantwortung fr die Gewinnung, Erhaltung und Gestaltung des inneren und „ußeren Frie­dens bewußt. Aus dieser Verantwortung hat er am 22.4.1983 einen Beschluß ge­faßt, mit dem das Gebiet der Stadt Min­den zur "atomwaffenfreien Zone" erklärt wurde.

Angesichts veränderter politischer Ver­hältnisse, die zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg reale Chancen fr eine ernst­hafte Abrüstung in Europa, für den Ab­bau traditioneller Feindbilder, fr eine Überwindung der politischen und mili­tärischen Feindschaften sowie fr die Errichtung des gemeinsamen europäi­schen Hauses eröffnen, bekräftigen Aussagen. ... Der Rat ist sich darber im klaren, daß Gewinnung und Erhaltung des inneren und „äußeren Friedens nicht von selbst geschehen, sondern daß sie der aktiven stetigen Mitarbeit aller Br­gerinnen und Bürger sowie aller poli­tisch Verantwortlichen bedürfen. In die­sem Sinne erklärt er seinen Willen, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, damit diese Ziele erreicht werden können. Insbe­sondere wird er friedenspolitisch akti­ven Bürgerinnen und Bürgern sowie Gruppen jede mögliche Unterstützung ihrer wichtigen Arbeit gewähren. Er wird auch selbst Maß­nahmen treffen und Aktivitäten entfal­ten, die geeignet sind, das Denken in militärischen Kategorien und Lösungs­versuchen zu überwinden und den Frie­densprozeß voranzubringen.

Der Rat der Stadt ... leitet seine Verant­wortung für kommunale Friedenspolitik aus der Präambel der ... Verfassung ab, in der der Wille zum Ausdruck gebracht wird, dem "inneren und „äußeren Frieden zu dienen", und aus dem in Art. 7 for­mulierten Auftrag, die Jugend "im Geiste der Menschlichkeit ... zu Völkergemein­schaft und Friedensgesinnung" zu erzie­hen. Er geht von einem Friedensver­ständnis aus, das national und interna­tional den Abbau offener und struktu­reller Gewalt und die Zunahme sozialer Gerechtigkeit umfaßt. Er setzt sich fr den Aufbau von Vertrauen, Partner­schaft und Solidarität zwischen Men­schen und Völkern der ganzen Welt ein.

1. Kommunalpolitiker wissen aus eigener Erfahrung, daß jede fr Rüstung ausge­bene Mark zur Lösung drängender und ständig zunehmender sozialer Probleme und anderer kommunaler Aufgaben fehlt.

Der Rat der Stadt ... fordert die Bundes­regierung auf,

  1. den Militärhaushalt drastisch zu kr­zen
  • die Truppenstärke zu reduzieren und umfassende Umschulungsmaßnah­men fr Soldaten vorzusehen
  • eine gründliche Militäranalyse zu er­stellen und die Konversion von R­üstungsbetrieben und von militärab­hängigen Arbeitsplätzen fr sozial und ökologisch verträglichen Pro­duktion und Dienstleistung zu erar­beiten und die Kommunen in ihren Bemühungen um Konversion zu un­terstützen
  • auf die Nato-Verbündeten einzuwir­ken, daß schnellstens weitere kon­krete Abrstungsmaßnahmen getrof­fen und alle neuen Aufrüstungs­schritte, auch die "Modernisierung" von bestehenden Waffensystemen und die Militarisierung des Weltrau­mes, unterlassen werden
  • nicht-militärische Verteidigungskon­zepte (z.B. der Sozialen Verteidi­gung) in ihre Planung zu übernehmen
  • militärische Veranstaltungen, die durch die Präsentation von Waffen Werbecharakter haben, nicht mehr zu gestatt

2. Der Rat der Stadt ... unterstützt alle An­strengungen mit dem Ziel, die Militär­bündnisse durch eine europäische Frie­densordnung abzulösen.

Bis dahin hat die Bundeswehr ihren Platz im Konzept gemeinsamer Sicher­heit.

Ihr Auftrag ist Kriegsverhütung durch Verteidigungsfähigkeit bei struktureller Angriffsunfähigkeit.

-              Die Stadt ... wird für Region eine sorgfältige Militäranalyse erstellen: denn es muß damit gerechnet werden, daß im Zuge weiterer Abrstungs­maßnahmen auch die Garnisonen in ... verkleinert und zwangsläufig zivile und militärische Arbeitsplätze verlo­rengehen werden. Daher ist auf der Grundlage dieser Militäranalyse ein Konversionskonzept zu erstellen. Die Stadt ... wird bei der Umsetzung die­ses Konzepts durch geeignete Stadt­planungs- und Wirtschaftförde­rungsmaánahmen helfen und mitwir­ken,

  1. daß sie Maßnahmen zur Bereitstel­lung von gengend Arbeitsplätzen im zivilen Bereich vorbereitet.
  2. für bisher militärisch genutzte Ge­bäude und Flächen ein Konzept zur zi­vilen Verwendung entwickelt und
  3. daß gegebenenfalls Produktion und Dienstleistungen im milit„rischen Be­reich in zvile und sozial und ”kologisch sinnvolle Nutzung umgewandelt wer­den.
  •  Die Stadt ... lehnt alle militärischen Veranstaltungen ab, die durch die Präsentation von Waffen Werbecha­rakter haben. Dies laufen dem Ent­spannungs- und Friedensprozeß und dem Geist dieses Friedensbeschlusses zuwider.
  • Die Stadt ... wird die Bedeutung und die Aufgabe des Zivildienstes und die Arbeit der Zivildienstleistenden in geeigneter Weise würdigen.
  • Die Stadt ... wird den Versöhnungs­gedanken dadurch fördern, daß sie die Partnerschaft mit weiteren Städ­ten in Ländern anstrebt, deren Bevöl­kerung besonders unter dem Naziter­ror gelitten hat.
  • Die Stadt ... wird prfen, in welcher Weise sie aktive Hilfe zur Linderung der Not in der sogenannten 3. Welt leisten kann. Denkbar ist eine Zu­sammenarbeit mit dem Kreis ... und den Partnerstädten der Stadt ...
  • Die Stadt ... wird die Zusammenar­beit mit friedens- und entwicklungs­politischen Gruppen suchen und ver­tiefen.
  • Die Stadt ... fordert alle Einrichtun­gen der Kinder-, Jugend- und Er­wachsenenbildung auf, den Friedens­gedanken zu fördern und Methoden der gewaltfreien Konfliktlösung (z.B. der Sozialen Verteidigung) in ihre Arbeit mit einzubeziehen.
  • Die Stadt ... wird einen ständigen In­formations- und Erfahrungsaustausch mit Gemeinden anstreben, die im Be­reich kommunaler Friedenspolitik engagiert sind. Die Verwaltung der Stadt ... wird beauftragt zu überpr­fen, welchem Amt die kommunale Friedensarbeit zugeordnet werden kann.

Der Rat der Stadt ... wird seine frieden­spolitischen Zielsetzungen bei seinen künftigen Haushaltsberatungen berck­sichtigen, um die finanziellen Grundla­gen für kommunale Friedensarbeit zu schaffen.

Der Rat der Stadt ... wird diesen Frie­densbeschluß den Räten der Partner­st„dte mit dem Ziel übermitteln, ge­meinsam in naher Zukunft einen Kon­greß in Minden ber die Möglichkeiten kommunaler Friedenspolitik durch­zuführen.

Alle friedenspolitisch engagierten Bür­gerinnen und Bürger, Gruppen, freien Wohlfahrtsverb„nde, Kirchen, Gewerk­schaften usw. sind aufgerufen, dieses Handlungsfeld durch eigene Beiträge und Aktivitäten auszufllen.

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