Rostocker Friedensbündnis

„Frieden schaffen ohne Waffen – trotz alledem!“

von Cornelia Mannewitz
Kundgebung in Rostock. Foto: DFG-VK
Kundgebung in Rostock. Foto: DFG-VK

Das war das Motto für die Kundgebung des Rostocker Friedensbündnisses am 9. Mai. Dieser Tag ist für die sowjetischen Befreier Deutschlands vom Faschismus 1945 der „Tag des Sieges“, an dem bedeutende Militärparaden stattfinden. Auf den ersten Blick nicht gerade ein logisches Datum für „Frieden schaffen ohne Waffen“! Wir nutzten es aber bewusst, um darauf hinzuweisen, dass damals russische und ukrainische Soldat*innen Seite an Seite kämpften. Wir kritisierten, dass dieses Erbe heute missachtet wird, wenn Russ*innen und Ukrainer*innen gegeneinander kämpfen und ihre Staaten sich, um ihre Kriegsziele attraktiver zu machen, gegenseitig Faschismus vorwerfen.

Wir äußerten auch unsere Überzeugung, dass andere Staaten die Ukraine mit Waffen ausrüsten, damit die Ukraine stellvertretend für sie an der internationalen Balance der Kräfte rütteln kann. Mit dem zweiten Teil unseres Kundgebungsmottos nahmen wir auf Karl Liebknecht Bezug: Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete verweigerte sich der Begeisterung für den Ersten Weltkrieg und stimmte Ende 1914 als Einziger gegen die Verlängerung der Kredite für das deutsche Militär. 1919, nach der Niederschlagung der Novemberrevolution und kurz vor seiner Ermordung, schrieb er über politische Wege zu Freiheit und Frieden. Aus dieser Schrift stammt sein Zitat „Trotz alledem!“

Vor diesem Hintergrund luden wir in die zentrale Rostocker Fußgängerzone ein, um unsere Meinung kundzutun und die verschiedenen aktuellen Initiativen der Friedensbewegung gegen den Ukrainekrieg bekannter zu machen: vom Offenen Brief „Deeskalation jetzt!“ vom 21. April über die Mailaktion gegen den Kauf der neuen Flugzeuge für den Transport von Atombomben bis zu den Beratungsangeboten für Kriegsdienstverweiger*innen. Eine unserer Freundinnen unterhielt sich mit Interessierten ausführlich über Bertha von Suttner. Unerwartete Mitstreiter*innen fanden wir in jungen Leuten, die Musik und ein riesiges selbstgemaltes Friedenstransparent in modernen Farben mitgebracht hatten. Und schließlich sollte auch der Spaß nicht zu kurz kommen: Per treffsicherem Wurf auf Dosen mit Bildern „beliebter“ deutscher Rüstungsexportgüter (aus dem DFG-VK-Shop, dort jetzt aber wohl ausverkauft) konnte man an unserem Tisch symbolisch Waffenausfuhrpläne zum Einsturz bringen. Begleitende Informationen lieferten das Factsheet Rüstung von IMI e.V. und die Broschüre „Argumente für ein Rüstungsexportkontrollgesetz“ der Aktion Aufschrei.    

Der Krieg in der Ukraine wühlt die Menschen auf. Das zeigte sich auch an diesem Tag. Obwohl wir eher „Laufkundschaft“ ansprechen wollten, kamen Menschen extra, um uns zu unterstützen. Manche von ihnen waren offensichtlich seit langer Zeit zum ersten Mal wieder auf einer Kundgebung. Für sie war es wohltuend, einmal etwas anderes zu hören als die offiziellen Formeln „Zeitenwende“, „Genozid“, „Selbstverteidigung“ oder „Diktatfrieden“. Einige dankten uns ausdrücklich. Auch Medien waren vor Ort und berichteten.

Nun haben wir eine Verpflichtung. Eigentlich wollten wir ab diesem Jahr kürzertreten. Unsere Aktiven sind alle nicht mehr die Jüngsten. Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Wir sammeln Ideen für weitere Aktionen. Unsere Statements zum Ukrainekrieg kann man hier nachlesen: www.rostocker-friedensbuendnis.de.

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Dr. habil. Cornelia Mannewitz ist Slawistin und Mitglied der Initiative Ilja Ehrenburg: http://www.rostocker-friedensbuendnis.de/initiative-ilja-ehrenburg