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Buchbesprechung
Die vierzehn Aufsätze von ExpertInnen unterschiedlicher Arbeitsbereiche in dem Buch „Friedenspädagogik und Gewaltfreiheit“ über eine differenzsensible Konfliktkultur behandeln vorrangig interdisziplinäre Grundlagen und pädagogische Trends und weniger die unmittelbare pädagogische Praxis. Jedem Beitrag ist eine ausführliche Literaturliste angefügt. Einführend stellen die beiden Herausgeber Frieters-Reermann und Lang-Wojtasik ihre Absicht dar, u.a. zum Nachdenken über die vielfältigen Zusammenhänge von Friedenspädagogik und Gewaltfreiheit anzuregen, eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Bedingungsfaktoren vor dem „Horizont der Weltgesellschaft“ möglich zu machen und das visionäre Potenzial einer gewaltfreien Gesellschaft und einer konstruktiven Friedenspädagogik aufzuzeigen (S. 7ff).
Das gelingt in besonderem Maß. Obschon kritischen LeserInnen von Anfang an bewusst sein wird, dass das im Haupttitel umrissene Feld nicht durch eine Publikation allein abgedeckt werden kann, wird der skizzierte Selbstanspruch in den ausgewählten Segmenten durchgehend eingelöst. Für diejenigen, denen die Inhalte von „Gewaltfreier Kommunikation“ und „Gütekraft“ nicht vertraut sind, werden vermutlich die instruktiven Arbeiten von Julia Lang und Gregor Lang-Woitasik und von Martin Arnold eine persönliche Herausforderung darstellen (S. 151ff; S. 93ff). LeserInnen, die gewöhnt sind, auch spirituelle Dimensionen mitzudenken (das Buch erscheint als Schrift der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Band 21), mögen vermissen, dass zwar die Friedensvorstellungen und das Bemühen der Kirchen um Dialog, aber wenig deren partiell noch immer wirkmächtiges Vertrauen in Gewalt und die wenig entwickelte Friedenspraxis thematisiert werden (ein nicht unwesentlicher struktureller Gesichtspunkt) (S. 79ff).
Von besonderem Gewicht erscheinen dem Rezensenten die einführenden Erörterungen der Herausgeber sowie die Überlegungen von Norbert Frieters-Reermann über zwei relevante Aspekte der Thematik: (1) über Konsequenzen aus der Einsicht in Konfliktdynamiken und über die Herausforderung, friedenspädagogisches Lernen neu zu denken; (2) über gewaltsensible Bildung und negative Nebenwirkungen, wie sie der Do-no-harm-Ansatz in Entwicklungszusammenarbeit und Konfliktbearbeitung erkennbar macht. Dass dabei Widersprüche und begrenzte Wirkungsmöglichkeiten klar benannt werden, erhöht den Erkenntniswert und verweist auch auf ein offenbar gering erforschtes Gebiet: die Widerstände, die der Friedenspädagogik und der Beschäftigung mit gewaltfreien Perspektiven entgegenwirken. Die insgesamt klar strukturierten und gut lesbaren Aufsätze weiten das Blickfeld und bieten auch für die praktische Arbeit Hinweise zur didaktischen Reflexion. Ein Manko der denkstimulierenden Veröffentlichung: unter den 13 Beitragenden befinden sich nur zwei Frauen.
Es sieht so aus, als könnte diese differenzierende, vielschichtige Veröffentlichung den Diskurs der Akteure in den verschiedenen Bereichen von Wissenschaft und schulischen wie außerschulischen Handlungsfeldern beleben und damit die Entwicklung der Friedenspädagogik bereichernd vorantreiben. Sie könnte beitragen zu mehr Kompetenz in der Gestaltung einer Gesellschaft, die immer mehr lernt, auch unsichtbare Gewaltstrukturen ebenso wie indirektes Gewalthandeln ohne Furcht wahrzunehmen und konstruktiv zu verringern.
Frieters-Reermann, Norbert und Lang-Wojtasik, Gregor (Hrsg.) (2015) Friedenspädagogik und Gewaltfreiheit. Denkanstöße für eine differenzsensible Kommunikations- und Konfliktkultur, Opladen: Barbara Budrich, 228 Seiten, ISBN 978-3-8474-0190-2, 29,90 €