Frühjahrskonferenz der Anti-Atom-Bewegung

von Bernhard Clasen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Mit rund 150 TeilnehmerInnen ist am 4. Mai im westfälischen Ahaus die diesjährige Frühjahrskonferenz der deutschen Anti-Atomkraft-Bewegung zu Ende gegangen. Neben Umweltschützern aus Ungarn, Schweden, Russland, Frankreich und Finnland waren Aktivisten aus Gorleben, Morsleben, Hamm, Hamburg, Karlsruhe, Gronau, Jülich, Münster und Dresden angereist.

Vladimir Slivjak, Co-Vorsitzender der russischen Umweltgruppe "Ecodefense", gibt sich optimistisch. "Vier Jahre haben wir gebraucht, um zwei Eigner der Firma Urenco, die die Gronauer Urananreicherungsanlage betreibt und jedes Jahre mehrere Transporte mit hoch giftigem Uranhexafluorid (UF6) nach Sibirien schickt, E.ON und RWE, zu einem Ausstieg aus diesen Exporten zu bringen. Noch im letzten Jahr hatte man mir auf der Hauptversammlung von E.ON gesagt, man wüsste nicht, ob und wann man die Transporte von UF6 (Uranhexafluorid) einstellen werde. Und dieses Jahr erfuhr ich vom E.ON-Chef Bernotat persönlich, dass die Transporte 2009 eingestellt werden. Wir hoffen sehr, dass diese Zusage auch wirklich eingehalten wird. Und wenn dies geschieht, ist das ein großer Erfolg der Anti-Akw-Bewegung und sicherlich auf die vielen Aktivitäten von deutscher und russischer Anti-AKW-Bewegung der letzten vier Jahre zurückzuführen." so Slivjak.

Derzeit, so Slivjak, versuche die russische Atomwirtschaft die Akzeptanz der Atomenergie in der Bevölkerung dadurch zu erhöhen, dass man verbreiten lasse, deutsche und französische Firmen seien mit der Modernisierung der russischen Atomkraftwerke beauftragt. "Und deswegen bitten wir unsere Freunde der deutschen und französischen Umweltbewegung, uns in Zukunft auch in unserem Einsatz gegen Siemens und Arewa zu unterstützen.".

Der aus St. Petersburg angereiste Raschid Alimov von der norwegisch-russischen Umweltorganisation "Bellona" berichtet, dass die St. Petersburger Umweltschützer jedes Mal die Ankunft der deutschen Frachtschiffe mit dem giftigen Atommüll mit Protestaktionen begrüßten. "Wir protestieren in der Innenstadt von St. Petersburg, vor dem Stadtparlament, gegen die deutschen Atommüllimporte. Und wir gehen mit unseren Geigerzählern auf die Gleise, wenn die giftige Fracht vom Schiff für den Weitertransport zum Ural und in das ferne Sibirien in Züge verladen worden ist." so Raschid Alimov.

Und Olga Podosenova aus dem sibirischen Ekaterinburg, Co-Vorsitzende von "Ecodefense", berichtet, dass man auch in Ekaterinburg am Ural die Züge mit der giftigen Ladung aus Deutschland gebührend empfange. "Nur 50 km von meiner Stadt Ekaterinburg entfernt befindet sich die geschlossene Stadt Novouralsk, wohin deutscher Atommüll transportiert wird. Doch wir haben keine Möglichkeit, uns vor Ort ein Bild zu machen, wie der Müll gelagert ist. Für mich ist es einfacher, ein deutsches Visum zu erhalten, als eine Besuchserlaubnis für die benachbarte Stadt Novouralsk", so Olga Podosenova.In mehreren Vorträgen hörten die Konferenz-Teilnehmer wichtige Informationen.

Professorin Schmitz-Feuerhake äußerste sich zur Kinderkrebsstudie, der Wissenschaftler Peter Diehl sprach über die verheerenden Folgen des Uranabbaus. Da sich immer mehr Länder vor dem Hintergrund explodierender Uran-Preise entschließen, Uran zu fördern, hatte dieses Thema eine besondere Aktualität.

Und die Anti-Atom-Bewegung hat Pläne. Wenn die Atomkraftwerke Brunsbüttel im Juni und Krümel im August ihren Betrieb wieder aufnehmen, werden Atomkraftgegner aus dem ganzen Bundesgebiet anreisen und vor Ort protestieren.

In einem gemeinsamen Aktionstag will man am 20. September europaweit auf die Bedrohung der Uran-Wirtschaft hinweisen.

Verstärkt werde man beobachten, welche Banken den Bau und die "Modernisierung" von Atomkraftwerken finanzieren, und die kritische Bevölkerung aufrufen, Energieanbieter und Banken zu wechseln, wenn diese Atomenergie verkaufen und sponsern.

International will man die Anti-AKW-Bewegung noch stärker vernetzen, um so der ebenfalls international agierenden Atomwirtschaft etwas entgegensetzen zu können. Die gute Zusammenarbeit mit den russischen KollegInnen macht an Umweltschützern Mut, hier weiter am Ball zu bleiben.

Die Anti-AKW-Bewegung hat Pläne.
Die Anti-AKW-Bewegung in Deutschland und anderen Ländern Europas hat viel vor. So will man u.a. an einer Demonstration gegen den EPR-Reaktor in Paris am 12. Juli mit einem Bus aus Deutschland teilnehmen (Anmeldung an: buero [at] bi-luechow-dannenberg [dot] de), einen gemeinsamen Online-Terminkalender der europäischen Anti-AKW-Bewegung erstellen, an den Aktionstagen in Frankreich vom 4. - 9. August mitwirken.

In der Abschlusserklärung der Konferenz von Ahaus formulieren die TeilnehmerInnen die Pläne der Bewegung für die nächsten Monate. Hierzu heißt es in der Erklärung:

1. Konkret ruft die Anti-Atom-Konferenz dazu auf, am 26./27. Mai in Hamburg gegen die Tagung des Deutschen Atomforums zu demonstrieren.

2. Geplant sind Aktionen, um die Wiederinbetriebnahme des AKW Krümmel bei Hamburg zu verhindern. Das AKW liegt nach dem schweren Störfall im Juni 2007 noch immer still. Das AKW Krümmel und auch das AKW Brunsbüttel dürfen nicht wieder ans Netz!

3. Am 20. September findet ein europaweiter Uranaktionstag statt. Schwerpunkte sind neue Uranabbauprojekte in Schweden, Finnland und Ungarn sowie Urantransporte von Frankreich nach Gronau und von Gronau nach Russland. Anstatt die Urananreicherungsanlage in Gronau auszubauen, muss diese umgehend stillgelegt werden.

4. Die internationale Vernetzung der Anti-Atomkraft-Bewegung soll durch regelmäßige Treffen und gemeinsame Aktionen ausgebaut werden. Ziel ist es u. a. zu verhindern, dass EON und RWE in Finnland, Bulgarien, im Baltikum und in Großbritannien neue AKW bauen. Wir werden auch den Kampf gegen das französische AKW-Projekt Flamanville unterstützen.

5. Wir rufen zum Stromwechsel mit konsequenter Nutzung regenerativer und dezentraler Energieversorgung auf.

6. Gegen den nächsten CASTOR-Transport ins Wendland im Herbst sowie gegen die geplanten Atommülltransporte nach Ahaus wurde ebenfalls bunter und vielfältiger Widerstand angekündigt.

7. Eine sichere Endlagerung ist nicht möglich. Das zeigt sich in Deutschland am Schacht Asse II und in Morsleben besonders deutlich. Wir lehnen die Endlagerprojekte Gorleben und Schacht Konrad entschieden ab, da sie eine sichere Entsorgung des Atommülls vorgaukeln sollen. Das gilt auch für die weltweiten Endlagerprojekte weltweit.

8. Die anwesenden Initiativen unterstützen die Aktion des zivilen Ungehorsams "Gemeinsam für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland" am 30. August 2008 am Fliegerhorst Büchel.

9. Wir fordern, auch die stillgelegten Atommeiler und alle anderen Atomanlagen die Kinderkrebsstudie einzubeziehen.

Aufgrund der derzeitigen scharfen Atomdebatte findet die nächste bundesweite Anti-Atomkonferenz bereits vom 5.-7. September 2008 in Braunschweig statt."
 

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