Aufruf zur Demonstration am 5.7.2008 in Berlin:

Für ein globales Recht auf Migration

Solidarität ohne Grenzen

Gegen Rassismus, soziale Ausgrenzung und Überwachungsstaat

Ein Gespenst geht um in Europa und nennt sich Migration. Gerufen, geflohen oder einfach gekommen, leben MigrantInnen seit Jahren hier. 1993 wurde das Grundgesetz geändert und die so genannte Drittstaatenregelung und das Konzept der sicheren Herkunftsländer eingeführt. Flüchtlinge, die über ein »sicheres Dritt-Land« in die BRD einreisen, müssen dort Asyl beantragen, andere Länder werden als »verfolgungsfrei« definiert. Damit wurde eine der zentralen Lehren aus dem deutschen Faschismus - das Grundrecht auf politisches Asyl - abgeschafft.

Verfassungsänderung und Asylbewerberleistungsgesetz waren Resultate einer in Medien und Politik inszenierten Kampagne gegen vorgebliche »Asylantenfluten«, die ihre Fortsetzung in pogromähnlichen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge und Angriffen auf lange in der Bundesrepublik lebende MigrantInnen fanden.

Gegen den Einbruch in Grund- und Menschenrechte und die Bedrohung von Leib und Leben auf der Straße protestierten damals 100 000ende; Flüchtlinge und radikale Linke, Liberale und Grüne, Kirchen, GewerkschafterInnen, BürgerrechtlerInnen, MigrantInnenverbände, Einzelpersonen und viele mehr. Der offene Angriff von damals findt seine Fortsetzung in einem schubweisen Abbau von Menschen-, Freiheits- und BürgerInnenrechten auf vielen Ebenen - für die SozialdemokratInnen und Grüne genauso viel politische Verantwortung tragen wie die CDU.

Es ist höchste Zeit, dieser Entwicklung gemeinsam Widerstand entgegen zu setzen.

Europa schottet sich ab
Die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl in der Bundesrepublik wurde zum Grundpfeiler des heutigen EU-Grenzregimes. Die rigide EU-Abschottungspolitik, mit der Anfang der 90er Jahre auf die Öffnung des »eisernen Vorhangs« reagiert wurde, hat die Bundesrepublik federführend entwickelt und durchgesetzt.

Die Ertrunkenen an Oder und Neiße wurden abgelöst von den angespülten Leichen an den Stränden des Mittelmeers und den Erschossenen an den spanischen Enklaven Ceuta und Melilla.

Gelangen Flüchtlinge dennoch ins deutsche Hoheitsgebiet, werden sie in entrechteter Position (Lager, Residenzpflicht, keine Arbeitserlaubnis etc.) festgehalten und zumeist abgeschoben.

Gleichzeitig zieht der globalisierte Kapitalismus in seinem Siegeszug eine Schneise der Zerstörung hinter sich her: weltweit werden Lebensgrundlagen zerstört und immer neue Menschen Armut und Hunger ausgesetzt. Auch die ökologischen Folgen tragen vor allem die Länder des Südens. Dürren und Überschwemmungen vertreiben Menschen ebenso wie geschürte Konflikte um die Ausbeutung der wenigen Ressourcen.

Für ein globales Recht auf Migration - Lager und Abschiebeknäste schließen!

MigrantInnen: Entrechtet, ausgebeutet und sozial ausgegrenzt
Obwohl die EU für viele eine tödliche Festung ist und viele in den Lagern der Vorposten enden, kommen jährlich 1000nde nach Europa. MigrantInnen haben einen festen Platz in der Ökonomie der kapitalistischen Zentren und ihrer Metropolen; vor allem in den arbeitsintensiven Branchen (Landwirtschaft, Bau) und in schlecht bezahlten persönlichen Dienstleistungen (Pflege, Kinderbetreuung, Prostitution).

Gleichzeitig ist das alltägliche Leben von Illegalisierten in der Bundesrepublik von ihrer rechtlichen Ausgrenzung bestimmt: Sie leben ohne medizinische Grundversorgung, ohne Papiere, ohne Arbeitsschutz, ohne Recht auf Bildung für sich und ihre Kinder. Sie sind der ständigen Gefahr von polizeilichen Kontrollen, Internierung und Abschiebung ausgesetzt.

Migration ist nicht nur Flucht vor Zerstörung, Folter und Massaker, sondern zugleich Aufbruch, Abstimmung mit den Füßen gegen die globalen Herrschaftsverhältnisse und Suche nach einem sicheren und besseren Leben. Papierlose MigrantInnen durchkreuzen die Abschottungsmaßnahmen und haben das Potenzial, die Verhältnisse in Frage zu stellen. Auch wenn ihre Kämpfe häufig unsichtbar bleiben wie sie selbst, finden sie täglich statt: gegen Abschiebungen, Lagerunterbringung, gegen Residenzpflicht, gegen Sachleistungen, gegen die rassistischen Schikanen auf den Behörden und im Alltag.

Gleiche Rechte für Alle! Rassistische Sondergesetze abschaffen!

Überwachung wird ausgebaut
Vor allem seit dem 11. September 2001 werden verstärkt Grund- und BürgerInnenrechten abgebaut. Austauschbare Bedrohungsszenarien des »internationalen Terrorismus« oder eine »Gefahr durch MigrantInnenströme« schaffen die Grundlage für den immer weiteren Ausbau von Kontroll- und Überwachungsmethoden.

Innerhalb Europas findet ein Umbau in der Sicherheitspolitik statt, während die europäischen Außengrenzen immer weiter abgeschottet werden. Ein Rassismus vor allem gegenüber islamischen Communities dient als Begründungsmuster sowohl für die Militäreinsätze von Afghanistan bis zum Horn von Afrika als auch für die Durchsetzung eines autoritären Sicherheitsapparates im Innern. Vorratsdatenspeicherung, elektronisch lesbare Pässe mit digitalen Fingerabdrücken und automatisierte Gesichtserkennung sind eine qualitativ neue Stufe des Überwachungsstaats.

Die Kontrolltechniken werden verfeinert, sie rastern und selektieren automatisch und unsichtbar. Die im quasi-militärischen EU-Grenzapparat entwickelten Technologien finden so ihre Anwendung in der Aushöhlung der BürgerInnenrechte im Innern. Viele der Techniken der Datenerfassung und ihrer elektronischen Vernetzung werden zuerst an MigrantInnen erprobt, ihre Erfassung ist allumfassend.

Gegen Überwachung und für ein selbstbestimmtes und unkontrolliertes Leben!

15 Jahre Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl
Der 15. Jahrestag der Grundgesetzänderung ist für uns Anlass, unsere Forderungen lautstark auf die Straße zu bringen. Wir leben im Herzen der Festung Europa und es reicht längst nicht mehr, das deutsche Grundrecht auf Asyl zurückzufordern. Alle Menschen müssen die Möglichkeit haben, vor Verfolgung und Armut zu fliehen. Alle Menschen müssen die Möglichkeit haben, dort zu leben, wo sie es möchten und wie sie möchten. Mit allen Rechten, die dazugehören.

Für ein globales Recht auf Migration - for freedom of movement and de*fencing the nations

14 Uhr Schlossplatz, Samstag, 5. Juli 2008
(U/S-Bahn Alexanderplatz, Berlin Mitte)

Mehr Infos: http://www.recht-auf-migration.de.vu

ErstunterzeichnerInnen

Aktionsbündnis »Live Queer and Rebel«; Aktionsbündnis Hier Geblieben!; AKuBiZ - Alternatives Kultur- und Bildungszentrum e.V. (Pirna); Antidiskriminierungsbüro Berlin (ADB Berlin); Antifa Friedrichshain; Antifa Prenzlauer Berg (APB); Antifaschistische Initiative Moabit (AIM); Antifaschistische Linke Potsdam; Antifaschistisches Bündnis Süd-Ost (ABSO); Antirassistisches Jugendbündnis »twa« (Hohenschönhausen); Antirassistisches Heinersdorf-Bündnis; Attac Berlin; Autonome Antifa Lichtenberg-Süd; Julien Enoka Ayemba (Berlin); Bayerischer Flüchtlingsrat; Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal; Berliner entwicklungspolitische Ratschlag (BER e.V.); Bezirksverband Neukölln von Berlin DIE LINKE; BO Rote Panke - DIE LINKE.Berlin; BO32-34DimiRingbahn; Bundeskoordination Internationalismus (BUKO); Bürengruppe Paderborn; büro für medizinische flüchtlingshilfe berlin; Murat Cakir (Sprecher der Initiative Europäischer Friedensrat Türkei); CLOF e.V.; MdB Sevim Dagdelen (Migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE); DIE LINKE.SDS; Dritte Welt Haus, Frankfurt Main; Erwerbslosentreff in der Lunte (Berlin-Neukölln); Falken Berlin; Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB); Föderation der Demokratischen Arbeitervereine (DIDF); Fraktion Die Andere in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung; Gruppe Plan B (Thüringen); Gruppe soziale Kämpfe; Initiative aus Hohenschönhausen; Initiative gegen Abschiebeanhörungen - One for the Road; Initiative gegen Abschiebehaft; Initiative gegen Abschiebungen (IgA) im Dritte Welt Haus (Frankfurt Main); Initiative gegen das Chipkartensystem (Berlin); Initiative gegen Rassismus und Ausgrenzung (Dortmund); Initiative gegen Rechts Friedrichshain; Initiative in Gedenken an Oury Jalloh; Johannes Spatz; Jugendnetz Wetzlar; JungdemokratInnen/Junge Linke Berlin; JungdemokratInnen/Junge Linke (Bundesverband); Kampagne »Musik gegen Gewalt«; Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP Berlin); Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär Potsdam; Komitee zur Unterstützung der politischen Gefangenen im Iran - Berlin e.V.; Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen e.V. (KuB); LabourNet Germany; Landesvorstand Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr - BASG e. V.; Linksjugend [`solid] Berlin; Linksjugend [`solid] Brandenburg; Media-Arbeitskreis 2/3-Welt e.V.; MigrantInnen (KuB); MiRA (Netzwerk Migration Research+Action); Naturfreunde Jugend Berlin (NFJ); Nele Hirsch (MdB DIE LINKE); Netzwerk Selbsthilfe; Peter Nowak (Journalist Berlin); Dr. Stefan Schneider (Bezirksverordneter in Pankow); Peter Schrott (Stellvertretender Vorsitzender ver.di Bezirk Berlin); Potsdamer Initiative für Begegnung; Seminar für angewandte Unsicherheit [SaU]; Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte; Subversiebdruck. e.V.; Tägerkreis Weltfest am Boxhagener Platz; uab - unabhängige Anlaufstelle für BürgerInnen; UBI KLiZ e.V.; Ulla Jelpke (Innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE); Vassilis Tsianos; Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten e.V. (VVN-BdA) Berlin; Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten e.V. (VVN-BdA) Köpenick; Dirk Vogelskamp (Komitee für Grundrechte und Demokratie); Wagenplatz Schwarzer Kanal

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