Für eine Weltgemeinschaft die Hände reichen

von Coretta King
Schwerpunkt
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Rede am 10.10.1981 währende der Demo "Gegen die atomare Bedro­hung gemeinsam vorgehen! - Für Abrüstung und Entspannung in Eu­ropa

Für mich als Afro-Amerikanerin ist es eine besondere Ehre mit Euch, den vielen Tausend Friedensfreunden, hier zu sein.

Uns eint jene große Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit für alle Völ­ker der Welt.

Uns eint der tiefe Glaube an die Demo­kratie, an die Kraft des Einzelnen und der Gemeinschaft, das Schicksal selbst zu bestimmen.

Uns eint jenes persönliche Engagement, für unsere Ideale zu kämpfen, bis sie verwirklicht sein werden.

Heute überbringe ich Euch die Grüße und Wünsche von vielen, vielen Men­schen in den USA, Schwarze und Weiße, Alte und Junge, Arme und Reich, die Euer Anliegen teilen. Ich möchte Euch versichern, daß die Bewe­gung für Frieden und Gerechtigkeit in den USA stark ist und täglich wächst trotz der Regierungspolitik in unserem Land, Rüstungsausgaben im beängsti­genden Maße zu steigern.

Vor weniger als einem Monat demon­strierten mehr als 250.000 Amerikaner in Washington, um zum Ausdruck zu bringen, daß die US-Regierung Verant­wortung trägt für den Frieden, und um das Wettrüsten zurückzuweisen. Der Solidaritättag in Washington war Aus­druck einer breiten Koalition von Schwarz und Weiß, Arbeitern und Studenten, Männern und Frauen sowie un­zähligen Gläubigen, die gegen die Grau­samkeit wirtschaftlicher Unterdrückung , den Rüstungswahnsinn und den Ras­sismus aufstehen.

Der Geist der Solidarität in Washington vom letzten Monat eint uns auch heute. Dies ist der Geist von Gandhi und Mar­tin Luther-King -jr.- der Geist von Frie­den und Gewaltlosigkeit.

Ihr sollt wissen, daß Millionen Ameri­kaner Euch unterstützen. Ja, Millionen amerikanischer Bürger kämpfen gegen die Rüstung.

- Wir sagen Nein zur Entwicklung der Neutronenbombe. Diese Bombe darf nicht gebaut werden.

- Wir sagen Nein zum irrsinnigen MX-Raketensystem und jede andere sinnlose Waffe, wo immer sie gebaut wird.

- Wir sagen Nein zu den drastischen Kürzungen der Sozialprogramme. Dies betrifft die Schulspeisungen, Krankenfürsorge für die Armen, Ar­beitslosen- und Altenhilfe.

- Wir dürfen Leben und Gesundheit nicht auf dem Altar des Militarismus opfern.

- Wir dürfen die Menschen nicht dem Rüstungswettlauf opfern.

Unser Kampf ist Euer Kampf, unsere Bewegung ist Eure Bewegung. Deshalb bitte ich Euch, niemals aufzugeben. Meine Erfahrung lehrt mich, daß die Beharrlichkeit einer gewaltlosen Mas­senbewegung erfolgreich ist.

Vor 30 Jahren schien im Süden der USA der Rassismus unüberwindbar. Aber Schwarz und Weiße mit Unterstützung von Menschen wie Euch in der ganzen Welt und unter Führung von Martin Luther King rissen die Mauern des Has­ses ein. Dieselbe Koalition verwirk­lichte schließlich die große Sehnsucht aller: das Wahlrecht für Schwarze, eine politische Revolution für den Süden der USA.

In den 60er Jahren wollte man uns ein­reden, wir können den Krieg in Vietnam nicht stoppen. Doch die Weltöffentlich­keit protestierte, bis dieser Krieg been­det wurde.

Ja, Frieden kann erreicht werden. Präsi­dent Sadat hatte seine Vision vom Frie­den im Nahen Osten: auch seine Ermor­dung in dieser Woche wird diese Vi­sion nicht zerstören. Und läßt uns daran denken, was uns Martin Luther-King sagt: Der Weg zum Frieden ist nicht der Krieg - es ist Frieden.

Frieden erreichen wir nicht durch den Bau neuer Waffen wie der Neutronen­bombe. Diese ist nur eine Provokation. Dies bringt uns nicht mehr Sicherheit und es erhöht die Unsicherheit in der Sowjetunion. Rüstung ernährt nicht die Hungrigen. Sie raubt der Welt die Mit­tel, um den Hunger zu bekämpfen. Waf­fen bieten keine Arbeit, um die Städte der Welt zu bauen, keine Medizin, um die Kranken zu heilen, keine Häuser für die Heimatlosen, keine Schule für un­sere Kinder.

- Lasst uns den Weg des Friedens fort­schreiten.

- Lasst uns für immer den Krieg zu­rückweisen, vollständigen Gewalt­verzicht durchsetzen.

- Lasst uns über die Grenzen der Natio­nen, Rassen und Klassen hinweg für eine Weltgemeinschaft die Hände reichen - eine Welt, in der Geist des Menschen über Krieg und Zerstörung triumphiert und jeder in Frieden und Gerechtigkeit leben wird.

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