Buchbesprechung

Gemeinwohl-Ökonomie

von Helene Klein

Der Globalisierungsgegner und Mitbegründer von Attac, Christian Felber, stellt in seinem Buch „Gemeinwohl-Ökonomie“ einen Gegenentwurf vor zu dem in Europa herrschenden kapitalistischen Wirtschaftssystem. Es geht, wie der Titel schon sagt, um eine Wirtschaftsordnung, die dem Wohl aller verpflichtet ist.

In einer Kurzanalyse, die Felber seinen detaillierten Vorschlägen zu einer Gemeinwohl-Ökonomie voranstellt, hebt er die Werte hervor, die richtungsweisend sein müssen für eine auf das Wohl aller gerichteten Wirtschaftsordnung. Es sind die Werte, die das Fundament des menschlichen Zusammenlebens bilden, Vertrauen, Kooperation, Solidarität und Gerechtigkeit. Die Spielregeln des heutigen Wirtschaftssystems, das von Gewinnstreben und Konkurrenzdenken geprägt ist, stehen der einer dem Gemeinwohl verpflichteten Wirtschaft diametral gegenüber und spalten sowohl die Individuen wie die Gesellschaft im Innersten. In dem gegenwärtigen Wirtschaftssystem, so Felber, geht es darum, „nach größtmöglichen persönlichen Finanzgewinn [zu] streben… in der – eigentlich zutiefst paradoxen - Hoffnung, dass sich daraus das Wohl aller aus dem egoistischen Verhalten der Einzelnen ergäbe.“ (S.22) Für Felber sind die Folgen dieses profitorientierten Wirtschaftssystems genau das Gegenteil, und er listet und begründet zehn Folgen dieser Profitorientierung: Konzentration und Missbrauch von Macht, Ausschaltung des Wettbewerbs und Kartellbildung, Standortkonkurrenz, ineffiziente Preisbildung, soziale Polarisierung und Angst, Nichtbefriedigung von Grundbedürfnissen und Hunger, ökologische Zerstörung, Sinnverlust, Werteverfall und Ausschaltung der Demokratie (S. 30-34).

In den folgenden Kapiteln erläutert Felber im Einzelnen, wie eine Gemeinwohl-Ökonomie verwirklicht werden könne. Sie beruht, wie in der Marktwirtschaft, auf individueller Initiative und privaten Unternehmen, doch sind die Leitlinien ethische Grundwerte, d.h. die Ziele der Unternehmen sind auf das Gemeinwohl ausgerichtet wie es z.B. in der bayrischen Verfassung, Artikel 51, festgelegt ist: „Alle wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl.“ Erfolgreiche Unternehmen sind die, die sozial, ökologisch, demokratisch und solidarisch handeln. Diese Ausrichtung soll politisch verbindlich gemacht werden und in Form eines Punktesystems, einer „Gemeinwohl-Bilanz“, sichtbar gemacht werden. Sie zeigt an, in wieweit z.B. Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Mitbestimmung und Transparenz gegenüber allen Beteiligten umgesetzt werden  und gibt ebenfalls Auskunft über die Verwendung des Gewinns. Die Unternehmen mit guten Gemeinwohl-Bilanzen sollen rechtliche Vorteile erhalten wie niedrigere Steuern, geringere Zölle, günstigere Kredite.

Im Weiteren zeigt Felber Wege auf, die die Umorientierung der Banken, die Sozialverpflichtung des Eigentums und die Weiterentwicklung der Demokratie zum Ziel haben. Er gibt Beispiele von Unternehmen, die Ideen der Gemeinwohl-Ökonomie schon teils umgesetzt haben, und weist Umsetzungsstrategien auf, die nicht auf wirtschaftliches Wachstum ausgerichtet sind.

Schließlich gibt Felber Antworten auf häufig gestellten Fragen zur Gemeinwohl-Ökonomie und schließt mit einer Zusammenfassung seiner Ideen in einem Zwanzig-Punkte-Programm.

In der gegenwärtigen Zeit, in der die Schieflage der Wirtschaft immer deutlicher wird, in der die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden und in der das neoliberale Wirtschaftssystem immer fragwürdiger wird, kommt das Buch von Christian Felber „Gemeinwohl-Ökonomie“ gerade recht. Es gibt Denkanstöße und zeigt neue Wege auf für eine menschenorientierte Wirtschaftsordnung, in der Vertrauen, gegenseitige Hilfsbereitschaft und soziale Gerechtigkeit ihren Platz haben.

Felber, Christian (2012) Gemeinwohl-Ökonomie, Eine demokratische Alternative wächst. Wien: Deuticke im Paul Zsolnay Verlag. ISBN 978-3-552-06188-0, 207 S. 17,90 €

Siehe auch www.gemeinwohl-oekonomie.org

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Hintergrund
Helene Klein ist Sprecherin der ‚Würselener Initiative für den Frieden’.