Kampagnenarbeit gegen Kriegsprofiteure

Global profitieren – lokal handeln

von Javier Gárate

Lokal handeln und global denken ist eines der wichtigsten Mottos der Bewegung für Globalisierung von unten. In dieser globalisierten Welt, in der es für Güter und Information keine Grenzen gibt. Wo multinationale Firmen die gesamte Welt abdecken und die dominante Kultur in jedem ihrer Winkel aufgezwungen wird. Die Antwort der Bewegung ist, lokal zu handeln, während man global denkt. Die ‘Globalisierung-von-unten’-Bewegung protestiert gegen die großen Gipfeltreffen der Wirtschaftsmächte, während sie lokal ökonomische Alternativen schafft – als Kooperativen, Hausbesetzer, Tauschmärkte etc. In den letzten vier Jahre hat die Internationale der Kriegsgegner (War Resisters’ International - WRI) Kampagnen gegen Kriegsprofiteure mit dem Ziel gefördert, auf globaler Ebene tätig zu werden. Die Herausforderung bestand darin, wie man durch lokales Handeln globale Wirkung erzielt. Durch diesen Prozess sind viele Diskussionen über den Fokus, die Strategien und die Reichweite der Arbeit gegen Kriegsprofiteuere in der WRI entstanden.

Diskussionen über eine globale Kampagne der WRI gegen Kriegsprofiteuere begann 2004 während des Höhepunkts der Invasion des Iraks-  eines Kriegs, der die enge Verbindung zwischen Krieg und Wirtschaft demonstrierte. Damals überlegte WRI, sich auf ein oder zwei Firmen zu konzentrieren, die von der Zerstörung des Iraks profitierten, wie Arandhati Roy auf dem Weltsozialforum 2004 in Mumbai vorgeschlagen hatte. Halliburton bot sich direkt an – eines der größten Unternehmen, das im Irak Gewinn machte und das direkte Verbindungen zu den Entscheidungsfindern hatte, denn der damalige Vizepräsident Dick Cheney war zuvor Geschäftsführer des Unternehmens gewesen. Doch, besonders weil Halliburton keine Konsumgüter herstellt, die boykottiert werden konnten, war es schwer sich vorzustellen, wie eine internationale Kampagne Wirkung würde erzielen könnete. Deshalb und entsprechend der allgemeinen Rolle der WRI, Netzwerkarbeit zu leisten, entsprechend, machte es mehr Sinn, dass WRI begann, die Gruppen miteinander zu verbinden, die in ihren eigenen Ländern und mit ihren eigenen Zielen Kampagnenarbeit unternahmen.

Wer sind Kriegsprofiteure?
Eine zentrale Frage war die nach der Definition von Kriegsprofiteuren. Kriegsprofiteure sind gewiss nicht nur die Waffenhersteller, aber wie weit kann man hier gehen? Unsere letzte Diskussion endete mit der Liste der folgenden Aktivitäten:

  • Waffen und andere Produkte, die an das Militär verkauft werden. Das heißt, es ist nicht nur das Produkt, sondern der Käufer, der definiert, welche Unternehmen wir anklagen.
  • Der private militärische Sektor, ein blühendes Geschäft besonders in den Kriegen im Irak und in Afghanistan und in dem US-Programm, das beabsichtigt, die US-Überseestandorte in Super-Basen zu verwandeln.
  • Militärisches wirtschaftliches Handeln, z. B. wenn das Militär seine Position nutzt, um ökonomische Sektoren zu dominieren, wie dies in Indonesien, der Türkei und in Pakistan geschieht.
  • Unternehmen, die direkt Krieg ausbeuten (z. B. jene, die den Irak “wiederaufbauen” oder die Profite aus der Besetzung Palästinas ziehen etc.)

Strategien
Was macht eine gute Strategie gegen Kriegsprofiteure aus? Erfolgreiche Kampagnen haben gewöhnlich verschiedene Taktiken miteinander verbunden. Weder direkte Aktion noch Lobbyarbeit bei einer Rüstungsfirma werden allein effektiv sein. Man braucht etwas, wo direkter Druck gegen Unternehmen durch Dinge wie direkte Aktionen mit wie Aktivitäten, die sich mehr an die allgemeine Öffentlichkeit richten -  wie Boykotte - miteinander verbunden werden können. Unternehmen, die Konsumgüter erstellen (z. B. Caterpillar) oder direkte Verbindungen zur Öffentlichkeit haben wie Banken, sind leichter anzugehen, da sie auf Konsumenten angewiesen sind, um im Geschäft zu bleiben. Firmen wie private militärische Bauunternehmen oder Söldner sind schwieriger, weil sie keine solche direkte Verbindung haben, ihre Verträge mit Regierungen hinter verschlossenen Türen abschließen und Personal ohne öffentliche Anzeigen rekrutieren. Hier speziell brauchen wir eine Kombination verschiedener Taktiken in unseren Kampagnen: Lobbyarbeit bei den Regierungen, um ihnen zu sagen, dass die Anwesenheit von Söldnern in Konfliktgebieten illegal ist, Bloßstellen der Unternehmen gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit als das, was sie sind – Söldner, die Arbeit gegen Rekrutierung auf allen Ebenen unterstützen etc.

Als eine internationale Organisation ist uns besonders der Beitrag bewusst, den transnationale Allianzen für erfolgreiche Kampagnen leisten können. Ein Beispiel wäre eine Allianz zwischen Organisationen gegen den Waffenhandel in den Niederlanden, die gegen den Export niederländischer Waffen nach Indonesien protestieren, und indonesischen Organisationen, die mit lokalen Gemeinschaften und an den Auswirkungen gewaltsamen Konflikts in der Region arbeiten. Der Austausch von Information über Militärhaushalte und Exportgeschäfte kann das Niveau unserer Wirkung erhöhen.

Einige Erfolgsgeschichten…
Honeywell ist eine Firma in Minneapolis, USA, die Clusterbomben herstellte. 1968 gründeten Leute aus Minneapolis eine Gruppe, um gegen Honeywell zu protestieren. Die Gruppe begann mit sechs Monaten Forschungsarbeit, um so viel wie möglich über das Unternehmen herauszufinden. Dann fingen sie an, außerhalb der Firma Flugblätter zu verteilen. Ein Jahr nach ihrer Gründung veranstalteten sie eine große Demo während der jährlichen Aktionärsversammlung. Mehr als 14 lokale Gruppen wurden gebildet, um in der Kampagne mitzuarbeiten, und Veranstaltungsreisen organisiert. Nach einigen Jahren der Kampagnenarbeit begannen sie mit Trainings in Gewaltfreiheit und direkten Aktionen mit dem Ziel, das Hauptquartier der Firma für einen Tag zu schließen. Diese Aktionen fanden zweimal im Jahr statt. Die Kampagne beinhaltete auch Medienarbeit – Präsenz in Fernsehsendungen und Einbeziehung bekannter Persönlichkeiten in die Aktionen. 1989 versuchte Honeywell, seine Waffenabteilung zu verkaufen. Als das nicht gelang, gründeten sie eine neue Firma mit Namen Alliant Tech. Honeywell sagte, dass die Schließung nichts mit den Protesten zu tun habe, aber die Fakten sagen das Gegenteil aus. Alliant Tech existiert noch heute und produziert Clusterbomben (s. http://wri-irg.org/node/3101).

„Mein Geld – Gutes Gewissen“ ist eine belgische Kampagne, die damit begann, dass die Banken aufgefordert wurden, nicht mehr in Waffenproduzenten zu investieren. Später wurde das Ziel dahingehend abgeändert, nicht mehr bei kontroversen Waffenherstellern zu investieren. Von Anfang an war es eine Kampagne, die Friedensorganisationen und Gruppen ethischen Investments zusammenbrachte. Die Ethisches-Investment-Gruppen waren für die Erforschung der finanziellen Verbindungen zuständig, die Friedensorganisationen sammelten Informationen über die Waffenhersteller. Die Kampagne begann mit einem öffentlichen Bericht über die Investitionen belgischer Banken in das Waffengeschäft, den die Banken nicht ignorieren konnten. Danach kombinierte die Kampagne kreativen Straßenaktionen an Bankfilialen mit Lobbyarbeit und Öffentlichkeitsarbeit, die darauf zielte, die Bankkunden dazu zu bringen, an die Banken zu schreiben und zu verlangen, dass sie sich aus der Investition in den Waffenhandel zurückzögen. Die Kampagne hatte verschiedene Erfolge, darunter den Stopp von Investitionen in Clusterbomben-Hersteller und ein Gesetz in Belgien, dass Investitionen in Clustermunition verbietet (s. http://wri-irg.org/node/6288).

DSEi ist eine der weltweit größten Waffenmessen, die alle zwei Jahre in London stattfindet. Viele Jahre lang gibt es schon Kampagnen, diese Messe zu schließen. Bis 2007 war sie in Besitz von Reed Elsevier, einem bekannten Wissenschaftsverlag. Die Kampagne umfasste direkte Aktionen auf der Messe, große Demonstrationen, kritische Aktionärs-Aktionen und anderes. Nach Jahren des Drucks auf Reed Elsevier und besonders nachdem Schlüsselfiguren der wissenschaftlichen Welt sagten, dass es für einen Verlag wie Reed unvereinbar sei, auch in den Waffenhandel involviert zu sein, beschloss die Firma, die Messe zu verkaufen, um nicht mehr mit dem Waffengeschäft assoziiert zu werden. Sie wurde jetzt von Clarion Event gekauft, einem Veranstaltungsorganisator, der meint, dass eine Veranstaltung, die dem Waffenhandel dient, ihnen nicht schaden würde (s. http://www.caat.org.uk/campaigns/armsfairs/reedelsevier.php).

In all diesen Fällen haben die Kampagnen aus einer Kombination von Taktiken bestanden. Sie begannen mit guter Forschung über die Unternehmen und enthielten eine Vielzahl von Aktionen, einschließlich direkter Aktionen, Lobbyarbeit, großen Demonstrationen, kritischen Aktionärsaktionen etc. Eine solche Auswahl an Aktionen macht es auch leichter, dass verschiedene Leute sich auf verschiedene Weise sich beteiligen können. Manche meinen, dass man Wandel dadurch bewirken kann, dass man Zivilen Ungehorsam begeht, andere sind bereit, an Demos teilzunehmen und wieder andere sehen ihren Beitrag an der Kampagne im Schreiben von Briefen. Wir brauchen Raum für alle.

Bei Friedenskampagnen gibt es wenige absolute Siege, und so verhält es sich auch mit diesen drei Fällen. Im ersten Fall änderte die Firma ihren Nahmen und setzte ihr Geschäft fort. Im zweiten Fall haben die Banken nicht aufgehört, in jegliche Waffengeschäfte zu investieren, und die Hersteller von Clusterbomben bekommen weiter Geld von Finanzeinrichtungen außerhalb Belgiens. In dem Fall der DSEi wird die Messe im September 2009 wieder stattfinden und tödliche Geschäfte gemacht werden. Trotzdem sollte jede dieser Kampagnen als ein Erfolg gesehen werden, als ein Schritt entlang des langen Weges, Kriegsprofiteure sichtbar zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen.

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Javier Gárate ist Mitarbeiter der War Resisters’ International in London.